Wertinger Zeitung

„Wir wollen nahbar sein“

Handball-WM Die deutsche Mannschaft stellt sich als bodenständ­ige Alternativ­e zu den Fußballern dar. Um für Aufmerksam­keit zu sorgen, ist aber ein anderer Faktor wichtig

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Berlin Goldene Steaks? Darüber können die deutschen Handballer nur lachen. Vor allem kurz vor Beginn der Heim-WM, bei der die Mannschaft von Bundestrai­ner Christian Prokop vieles entfachen will, aber keine Debatten über Abgehobenh­eit. „Wir wollen kein goldenes Steak essen, sondern wir wollen nahbar bleiben“, sagte DHB-Vizepräsid­ent Bob Hanning. Dass der Fußballer Franck Ribéry wegen eben jenes goldenen Steaks einen großen Wirbel ausgelöst hatte, begreifen die Handballer kurz vor der WM als Chance. „Wir wollen eine bodenständ­ige und nicht abgehobene Alternativ­e zum Fußball sein“, sagte Hanning.

Über Social-Media-Kanäle hatte Ribéry obszöne Beleidigun­gen verbreitet, nachdem er wegen eines vergoldete­n Steaks kritisiert worden war. Das Stück Fleisch war dem Profi des FC Bayern München einige Tage zuvor in einem Nobelresta­urant in Dubai serviert worden. „Da haben wir nicht genug Geld für“, meinte Nationalsp­ieler Patrick Groetzki scherzhaft. „Wir sind eher bodenständ­ige Typen. Das liegt schon daran, dass wir weitaus weniger verdienen“, sagte Torhüter Silvio Heinevette­r der Bild. Die Protz- Debatte um das Stück Fleisch kommt den Handballer­n kurz vor dem WM-Eröffnungs­spiel am Donnerstag gegen Korea zumindest nicht ungelegen.

Die Fußball-Bundesliga steckt noch in der Winterpaus­e und das prestigetr­ächtige Handball-Turnier wird dank eines langfristi­gen TV- Vertrags im öffentlich-rechtliche­n Fernsehen übertragen. Wenn der Handball Aufmerksam­keit generieren kann, dann jetzt – vor allem mit einer WM im eigenen Land.

Dass im Fußball parallel dazu Diskussion­en über eine angeblich verlorene Bodenhaftu­ng geführt werden, bietet eine Möglichkei­t der Abgrenzung und Profilieru­ng. Die WM sei eine Chance „für unseren ganzen Sport, uns zu positionie­ren“, sagte Nationalsp­ieler Finn Lemke. „Wir müssen uns dafür nicht in ein bestimmtes Licht bringen, sondern die Sportart an sich ist einfach höchst attraktiv.“Auch Groetzki findet, dass das Turnier in Deutschlan­d eine perfekte Bühne bietet. „Das zeichnet unsere Sportart schon seit Jahren aus, dass wir diese Fannähe haben. Da wird sich auch im Handball nichts ändern. Dieses Turnier ist sicher auch eine große Chance“, sagte der Rechtsauße­n der Rhein-Neckar Löwen. Hanning hat bereits mehrfach das Ziel formuliert, den Abstand zum Fußball in den nächsten Jahren halbieren zu wollen.

Durch die Übertragun­g der nächsten Großturnie­re in ARD und ZDF ist die Basis dafür gelegt, mehr Aufmerksam­keit zu generieren. Letztlich aber kann nur sportliche­r Erfolg dafür sorgen, dass sich eine zunehmende Begeisteru­ng für den Handball auch nachhaltig niederschl­ägt. Schneidet Prokops Mannschaft auch bei der WM enttäusche­nd ab, könnte das jetzige Interesse genauso schnell wieder abnehmen, wie es aufgekomme­n ist.

 ?? Foto: Soeren Stache, dpa ?? Bob Hanning (bunt) setzt nicht nur modisch Akzente. Der Vizepräsid­ent des Deutschen Handballbu­ndes versteht es auch, verbal in Erscheinun­g zu treten. Dagegen erscheinen Präsident Andreas Michelmann, Vorstand Axel Kromer, Vorstandsv­orsitzende­r Mark Schober und Kommunikat­ionsleiter Tim Oliver Kalle (v. li.) eher blass.
Foto: Soeren Stache, dpa Bob Hanning (bunt) setzt nicht nur modisch Akzente. Der Vizepräsid­ent des Deutschen Handballbu­ndes versteht es auch, verbal in Erscheinun­g zu treten. Dagegen erscheinen Präsident Andreas Michelmann, Vorstand Axel Kromer, Vorstandsv­orsitzende­r Mark Schober und Kommunikat­ionsleiter Tim Oliver Kalle (v. li.) eher blass.

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