Überall 3D-Brillen
Zehn Jahre ist es jetzt her, dass mit „Avatar“der erste Riesenhit (und der bis heute in absoluten Zahlen umsatzstärkste Film aller Zeiten) das Kino endgültig ins 3D-Zeitalter katapultierte. Und das kann ja durchaus ein Anlass sein zu fragen: Was hat uns das gebracht? Die diffizile kulturelle Analyse hier mal weggelassen (und für demnächst im Feuilleton aufgespart), bleibt ein ganz konkreter Befund: eine unfassbare Menge an Plastikbrillen im täglichen Umlauf. Im Jahr 2017 wurden in Deutschland 25,5 Millionen verkaufte Tickets für 3D-Filme in Deutschland gezählt. Interessanterweise bedeutet das mit einem Marktanteil von 21,5 Prozent einen ziemlich Knick gegenüber 2016 (31 Millionen/25,6 %). Aber es bleibt doch: ein Plastik-Gebirge!
Passt ja ganz gut in die Zeit der Ozean-Müll-Bekümmernis und Coffee-to-go-Becher-Ächtung. Denn wer unterschiedliche Kinos besucht, wird feststellen, dass es im Umgang mit den Brillen noch nicht mal im überregulierten Deutschland ein einhelliges Verfahren gibt. Die einen geben die Dinger kostenlos mit aus, wollen sie dann in Sammelboxen wiederhaben, um sie irgendwie zu „recyceln“oder irgendwie gereinigt wieder auszugeben, bis sie Abfall sind. Die anderen verlangen einen Euro Aufpreis mit der Folge, dass der Besucher die Brille mit nach Hause nimmt, solange trägt, bis sie zerkratzt ist (was nicht lange dauert), oder sie beim nächsten Mal vergisst und dann halt Brillen in Schubladen hortet, bis er sie irgendwann wegschmeißt. Und das passiert – sicher auch andernorts nicht besser organisiert – weltweit in den Kinos.
Irrsinn? Jedenfalls genug für eine kleine, über den Untersuchungsgegenstand hinausreichende Polemik: Die Dinger sehen grauenvoll aus, man sieht mit ihnen in der Regel grauenvoll zum Effektgedöns aufgeblasene und in der Dramaturgie dafür umso ärmlichere Filme – und am Ende steht ein grauenvoller Berg an Müll. Ergo: Das Grauen hat einen Namen – 3D-Brille!