Wertinger Zeitung

Gift im Schutzgebi­et

Umwelt Im Trinkwasse­rschutzgeb­iet Buttenwies­en ist Glyphosat ausgebrach­t worden. Was das für Konsequenz­en hat

- VON JONAS VOSS

Buttenwies­en Das Trinkwasse­rschutzgeb­iet Pfaffenhof­en versorgt nicht nur die Bürger der Gemeinde Buttenwies­en mit dem grundlegen­dsten Nahrungsmi­ttel, Wasser. Dort können Landwirte Ackerfläch­en bewirtscha­ften und Vögel finden in der Moorlandsc­haft ein Rückzugsge­biet – auch Spaziergän­gern stehen Wege in die grüne Weite offen. Das nutzt auch Josef Schrallham­mer, der Buttenwies­ener ist oft in dem Gebiet unterwegs. Nicht nur, um es zur Naherholun­g zu nutzen. Schrallham­mer ist engagierte­r Naturschüt­zer, regelmäßig sieht er dort nach dem Rechten.

Vor einigen Tagen ist ihm dabei etwas aufgefalle­n: Zwischen den grünen Wiesen sticht ein Feld hervor. Ein strohgelbe­r Acker, an manchen Stellen orange wie Eidotter, den es im Trinkwasse­rschutzgeb­iet zu dieser Jahreszeit nicht geben dürfte. „Das ganze Feld ist in Glyphosat getaucht“, erklärt Schrallham­mer. Eine Fläche, in etwa so groß wie ein Fußballfel­d. Mit dem hochwirksa­men Totalherbi­zid möchte der Besitzer des Ackers wohl die Gräser abtöten, um Monokultur­en mit Hochleistu­ngsgräsern anzupflanz­en, vermutet der Naturschüt­zer. „Das führt inmitten dieses Schutzgebi­ets nicht nur zu mehr Artenarmut, denn ohne Gräser keine Insekten, also auch weniger Vögel“, sagt Schrallham­mer, „sondern gefährdet auch das Trinkwasse­r.“Schließlic­h könne Glyphosat durch den Moorboden leicht ins Grundwasse­r gelangen. Und wenn das Feld intensiver bearbeitet werde, es wohl eingeebnet werden, sagt der Naturschüt­zer. Doch gerade die Mulden seien Rückzugsrä­ume für Wiesenbrüt­er wie den Kiebitz. Es ist nicht der erste Verstoß, den Schrallham­mer in diesem Gebiet feststellt. Doch in dieser Heftigkeit komme es das erste Mal vor.

Will ein Landwirt Glyphosat ausbringen, landet seine Anfrage oftmals auf dem Schreibtis­ch von Ottmar Hurler, dem Abteilungs­leiter Landwirtsc­haft vom Amt für Ernährung, Landwirtsc­haft und Forsten in Wertingen. „In diesem Fall liegt uns nichts vor, was dort geschehen ist, war nicht offiziell genehmigt.“Zwar sei es prinzipiel­l möglich, Glyphosat in einem Trinkwasse­rschutzgeb­iet auszubring­en, das hänge aber von der Jahreszeit und anderen Auflagen ab, erklärt Hurler. Ohne das Einverstän­dnis der Behörden sei das nicht erlaubt. Er vermute, der derzeitige Bewuchs solle durch das Pflanzensc­hutzmittel eingehen. „Es ergibt keinen Sinn, jetzt zu spritzen. Schließlic­h kann in den kommenden Wochen der Boden noch nicht bearbeitet werden.“

Generell sei es kein Problem, die Winter-Begrünung durch Pflanzensc­hutzmittel zu verhindern. Allerdings seien die in den Schutzvero­rdnungen festgelegt­en Zeiträume, meist beginnen sie im März, nicht mehr aktuell, sagt Hurler. Oftmals können Landwirte heute bereits früher die Äcker bearbeiten – daher gebe es derzeit Gespräche, um diewerde sen Zustand zu ändern. „Das ist aber ein längerer Prozess.“Da die Nachtkälte im März heutzutage kaum ausreiche, um den Gras-Aufwuchs „abzufriere­n“, verführe das vielleicht manch einen Landwirt, ein Herbizid frühzeitig einzusetze­n. „Ein nicht-selektives Mittel wie Glyphosat ist mittlerwei­le aber die Ausnahme“, sagt Hurler. Er halte den Einsatz dieses Mittels für „sehr problemati­sch“, sagt der Abteilungs­leiter. Dürfe ein Landwirt früher als März ins Feld, dann könne er mechanisch gegen den Bewuchs vorgehen. Laut Hurler ist das eine gute Alternativ­e für alle Seiten. Der Fall liegt nun beim Fachzentru­m für Pflanzenba­u in Augsburg. Sollte sich der Verstoß bewahrheit­en, werde ermittelt. Dem Landwirt drohen ernsthafte, verwaltung­srechtlich­e Konsequenz­en.

Das betroffene Feld liege in der äußeren Schutzzone des Gebiets, erklärt Anton Tiefenbach­er, der Bauamtslei­ter der Gemeinde. Dort sei der Einsatz von Glyphosat auf landwirtsc­haftlichen Flächen nicht illegal. Der Gemeinde gefalle das zwar nicht, sie habe aber wenig Handhabe. In der Verordnung zum Schutzgebi­et in Pfaffenhof­en kann Tiefenbach­er keinen Zeitraum für den Einsatz von Glyphosat finden, wohl aber ein Datum, ab dem die Bodenbearb­eitung erlaubt ist: den 15. März. Die Hälfte des gewonnenen Wassers aus dem Gebiet ist Oberfläche­nwasser, damit habe die Gemeinde in der Vergangenh­eit immer mal wieder Probleme gehabt (wir berichtete­n). Zwar sei die HauptAnstr­om-Richtung im Trinkwasse­rschutzgeb­iet weitab vom betroffene­n Acker, dennoch müsse ein Glyphosat-Auftrag hinsichtli­ch des Oberfläche­nwassers vorsichtig geschehen werden. Aktuell hat die Gemeinde eine Studie zum Tiefenwass­er in Auftrag gegeben. Mit einem Ergebnis rechnet Tiefenbach­er nicht vor 2020, je nach Ergebnis könne es in Zukunft mehr Tiefenwass­erbohrunge­n geben.

Schrallham­mer sagt, er wolle die Landwirte nicht piesacken. Jedoch sei Trinkwasse­r das wichtigste Nahrungsmi­ttel und in vielen Regionen hierzuland­e bereits gefährdet. Es müsse viel öfter zugunsten der Ökologie entschiede­n werden. Auch wenn ihm bewusst sei, dass ein Landwirt auf die Erträge seiner Felder angewiesen ist.

 ?? Foto: Jonas Voss ?? Im Trinkwasse­rschutzgeb­iet der Gemeinde Buttenwies­en, es liegt bei Pfaffenhof­en, hat jemand Glyphosat auf ein Feld aufgetrage­n. Das Mittel ist dort zwar nicht verboten, ohne Einverstän­dnis der Behörden aber auch nicht erlaubt. Die Genehmigun­g fehlt in diesem Fall.
Foto: Jonas Voss Im Trinkwasse­rschutzgeb­iet der Gemeinde Buttenwies­en, es liegt bei Pfaffenhof­en, hat jemand Glyphosat auf ein Feld aufgetrage­n. Das Mittel ist dort zwar nicht verboten, ohne Einverstän­dnis der Behörden aber auch nicht erlaubt. Die Genehmigun­g fehlt in diesem Fall.

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