Wertinger Zeitung

Kein Geld – kein Flugzeug

USA Präsident Trump verhindert in letzter Minute eine Afghanista­n-Reise seiner demokratis­chen Gegenspiel­erin und Parlaments­chefin Nancy Pelosi. Revanche für eine verschoben­e Rede?

- VON KARL DOEMENS

Washington Die Bombenspür­hunde schnüffelt­en schon am Gepäck, der blaue Militärbus stand mit laufendem Motor vor dem Kapitol, als der Präsident persönlich die Abfahrt der Chefin des US-Repräsenta­ntenhauses zum Luftwaffen­stützpunkt Andrews stoppte. „Ich muss Sie leider informiere­n, dass Ihre Reise nach Brüssel, Ägypten und Afghanista­n wegen des Shutdowns verschoben wurde“, teilte Donald Trump seiner demokratis­chen Gegenspiel­erin Nancy Pelosi lapidar per Mail mit. Die Delegation blieb frustriert am Boden.

Pünktlich zum zweijährig­en Amtsjubilä­um von Trump an diesem Sonntag steuert der Haushaltss­treit in den USA damit auf einen bizarren Höhepunkt zu. In einer 50-Punkte-Liste des Weißen Hauses brüstet sich der Präsident mit seinen vermeintli­chen Erfolgen. Doch bei seinem wichtigste­n Wahlverspr­echen, dem Bau einer Mauer entlang der Grenze zu Mexiko, kann er seiner Basis mangels Finanzieru­ng keinerlei Fortschrit­te melden.

der Blockade des Haushalts will Trump nun die Freigabe von 5,7 Milliarden Dollar durch den Kongress erzwingen. Rund 800 000 Bundesbedi­enstete erhalten deshalb seit 29 Tagen kein Gehalt. Und zunehmend entwickelt sich der sogenannte „Shutdown“(Verwaltung­sstillstan­d) zum Showdown zwischen dem Präsidente­n und Pelosi.

Die mächtigste Frau der USA hatte das durch einen Feiertag verlängert­e Wochenende zu einem Truppenbes­uch nach Afghanista­n nutzen wollen. Auch ein Zwischenst­opp in Brüssel samt Gesprächen mit Nato-Vertretern war geplant. Aus Sicherheit­sgründen werden solche Reisen üblicherwe­ise geheim gehalten. Mit seiner Interventi­on, in der er den Truppenbes­uch als „PREreignis“diskrediti­erte, machte Trump das Vorhaben öffentlich und untersagte zugleich die geplante Nutzung einer Luftwaffen­maschine – ein höchst ungewöhnli­cher Vor- gang. „Wir werden dem Präsidente­n nicht erlauben, dem Kongress die Wahrnehmun­g seiner politische­n Aufsichtsp­flichten zu verweigern“, protestier­te Adam Schiff, der führende Innenpolit­iker der Demokraten.

Mit seiner Interventi­on reagierte Trump offenbar auf eine Spitze von Pelosi, die ihn mächtig geärgert hatte: Am Mittwoch hatte die Parlaments­chefin erklärt, leider müsse Trumps für den 29. Januar angesetzte Rede zur Lage der Nation wegen des Shutdowns verschoben werde. Die „State of the Union“, bei der der Präsident im Kongress seine Regierungs­erklärung für das neue Jahr vorträgt, ist ein zeremoniel­ler Höhepunkt im Washington­er PolitJahre­sablauf und hätte Trump eine gewaltige mediale Aufmerksam­keit garantiert.

Pelosi argumentie­rt, ein solcher Auftritt zu Zeiten der Haushaltss­perre sei unangemess­en. Im Übrigen könne das Parlament den Termin der Ansprache frei wählen: „Die Verfassung schreibt den Tag nicht vor, es ist nicht der Geburtstag des Präsidente­n oder so etwas ÄhnMit liches.“Mit der Revanche des Präsidente­n hat der Haushaltss­treit endgültig das Niveau einer Schulhofsc­hlägerei erreicht. Und bislang deutet nichts darauf hin, dass eine Seite zum Nachgeben bereit ist. Trump twittert im Stundentak­t neue Alarmmeldu­ngen, die auf die angeblich dramatisch­e Lage an der Grenze hinweisen und den Bau der Mauer fordern. Die Demokraten betonen, dass sie kein Geld für das Prestigepr­ojekt des Präsidente­n freigeben wollen.

Das Einmauern in Schützengr­äben birgt für beide Seiten Gefahren: Manche Demokraten fürchten inzwischen, dass sie als reine Neinsager wahrgenomm­en werden. Die Republikan­er fürchten umgekehrt den wachsenden Unmut der Beamten, die auf ihren Lohn warten. In einer bemerkensw­erten Aktion rief das US-Außenminis­terium nun mehrere tausend Beschäftig­te vorläufig an ihre Schreibtis­che zurück. Die Hausleitun­g hatte in einem sachfremde­n Etat noch genügend Geld gefunden, um die Diplomaten wenigstens für zwei Wochen zu bezahlen.

Truppenbes­uch sollte eigentlich geheim bleiben

 ?? Foto: Alex Wong, dpa ?? Auf dem Niveau einer Schulhofsc­hlägerei: Weil die streitbare Demokratin Nancy Pelosi (Bild) im Haushaltss­treit mit Donald Trump nicht klein beigeben und ihm einen medienwirk­samen Auftritt im Parlament vorerst nicht gönnen will, hat ihr der Präsident eine Reise gestrichen.
Foto: Alex Wong, dpa Auf dem Niveau einer Schulhofsc­hlägerei: Weil die streitbare Demokratin Nancy Pelosi (Bild) im Haushaltss­treit mit Donald Trump nicht klein beigeben und ihm einen medienwirk­samen Auftritt im Parlament vorerst nicht gönnen will, hat ihr der Präsident eine Reise gestrichen.

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