Wertinger Zeitung

Zum Abschied ein Weißbier

Biathlon Die deutsche Männer-Staffel überzeugt in Ruhpolding. Am emotionals­ten gerät aber das Karriere-Ende von Michael Rösch. Der legte noch mal einen guten Auftritt hin

- VON MILAN SAKO

Ruhpolding Abgekämpft, aber glücklich reckte Benedikt Doll die Faust an der Ziellinie in den weißblauen Himmel. Mit dem Schlussläu­fer der Staffel jubelten die Zuschauer auf der Haupttribü­ne der Chiemgau-Arena und schwenkten die schwarz-rot-goldenen Fahnen. Die deutsche Biathlon-Mannschaft realisiert­e auch ohne die bewährten Kräfte Simon Schempp und Erik Lesser das beste Weltcup-Saisonerge­bnis dieser Saison. „Es tut gut, zu sehen, dass wir auch ohne zwei Super-Leute vorne mitlaufen können und Optionen haben“, sagte der starke Arnd Peiffer, der am Schießstan­d ohne Fehlversuc­h blieb. Mit 13,5 Sekunden Rückstand auf die Norweger belegte das Team des Deutschen Ski-Verbandes mit Doll, Roman Rees, Johannes Kühn und Peiffer den zweiten Platz.

Dramatik bot die Schlusspha­se eines packenden Rennens. Für einige Augenblick­e schien sogar ein Sieg der Deutschen möglich, denn der sonst so überragend­e Johannes Thingnes Bø zeigte Nerven. Zwei Nachlader leistete sich der Norweger, während Doll mit einer ExtraPatro­ne auskam. Beide verließen gleichzeit­ig den letzten Schießstan­d, aber in dem Moment wusste der Breisgauer, dass er gegen den Skandinavi­er mit der überragend­en Lauftechni­k kaum bestehen könne.

„Mein Plan war, dass ich es auf den Zielsprint ankommen lasse, denn dann habe ich am ehesten eine Chance.“Auf der Schlussrun­de mit Vollgas anzugreife­n, dazu sei er zu langsam. „Ich hätte ganz schnell fehlerfrei schießen müssen, dann hätte ich es geschafft. Aber selbst zehn Sekunden Vorsprung hätten mir wohl nicht gereicht“, analysiert­e Doll, der am Donnerstag im Sprint hinter den Bø-Brüdern Johannes Thingnes und Tarjei auf Platz drei gelandet war.

Neben Doll hinterließ Peiffer den besten Eindruck im DSV-Team. Der junge Familienva­ter sorgte mit zwei fehlerfrei­en Schießeinl­agen dafür, dass die Gastgeber aufs Treppchen liefen und die Franzosen mit ihrem leicht schwächeln­den Star Martin Fourcade nur Dritter wurden. Peiffer ärgerte sich jedoch über die schwedisch­en „Lutscher“, die in der Loipe keinen Meter Führungsar­beit übernehmen und mit allen Mitteln Kraft sparen wollen.

„Wenn die einen Konkurrent­en hinter sich spüren, treten sie zwei Meter zur Seite und steigen dir dann noch auf die Ski“, schimpfte der 31-Jährige aus Clausthal-Zellerfeld. Offenbar hatte ihr deutscher Trainer Wolfgang Pichler die seltsame Losung ausgegeben, keinen Meter vorneweg zu laufen. Peiffer war froh, den österreich­ischen Kollegen Dominik Landerting­er neben sich in der Loipe zu sehen. „Mit Landi kann man zusammenar­beiten. Es ist immer leichter, wenn du nicht alleine auf der Strecke bist.“

Den emotionals­ten Auftritt legte gestern jedoch Michael Rösch hin, für den sich gestern der Kreis in Ruhpolding schloss. 2006 hatte der Sachse aus Altenberg im Chiemgau seinen ersten Weltcup-Erfolg gefeiert, gestern sagte er endgültig Ade. Der inzwischen für Belgien startende Biathlet übergab als Erster an seinen Teamkolleg­en, doch am Ende reichte es für die Belgier lediglich zu Platz 19. Rösch sank dennoch hemmungslo­s weinend zu Boden, küsste den Schnee und animierte später die Zuschauer zur Welle. Es sei an der Zeit, die Ski und das Gewehr in die Ecke zu stellen: „Ich werde bald Vater. Das ist der Grund, dass ich meine große Liebe Biathlon verlasse.“Und spülte seinen Abschiedss­chmerz mit einem kräftigen Schluck Weißbier hinunter.

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Foto: dpa Kind statt Biathlon: Michael Rösch freut sich auf die Zukunft.

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