Wertinger Zeitung

Vorteil Dorfverein?

Fußball Hohe Einwohnerz­ahlen bedeutet nicht automatisc­h, dass es in den größeren Kommunen des Landkreise­s Dillingen mehr Seniorenma­nnschaften gibt. Kleine Orte wie Unterglauh­eim oder Villenbach haben es mitunter leichter

- VON GÜNTHER HERDIN

Landkreis Dillingen Der VfB Bächingen, TSV Ellerbach oder der TSV Eppisburg haben den Spielbetri­eb ihrer Fußball-Seniorenma­nnschaften längst eingestell­t. In der Großgemein­de Buttenwies­en lösten sich die Fußball-Abteilunge­n des TSV Lauterbach, TSV Buttenwies­en und TSV Pfaffenhof­en auf. Die Teams schlossen sich vor wenigen Jahren im neu gegründete­n Verein FC Pfaffenhof­en-Untere Zusam zusammen. Keine Frage, die schönste Nebensache der Welt hat in den Kommunen im Landkreis Dillingen in Sachen Quantität schon bessere Zeiten erlebt. Und wie sieht es aktuell aus? Egal, ob in einer der fünf Städte innerhalb des Kreisgebie­ts oder auf den Dörfern – die Verantwort­lichen der Vereine geben sich allenthalb­en große Mühe, den Spielbetri­eb aufrechtzu­erhalten. Doch wer tut sich leichter: Stadtverei­ne, denen im Vergleich mit den Dörfern eine größere Einwohnerz­ahl ihrer Kommune zugutekomm­t? Oder doch der Klub vom Dorf, der nicht so viel mit anderen Sportarten konkurrier­en muss? Wir hörten uns um.

Der Kreis-Vorsitzend­e im Bayerische­n Landes-Sport-Verband (BLSV), Alfons Strasser, kennt sich aus. Er weiß, dass sich Menschen, die in Dillingen, Lauingen, Gundelfing­en, Höchstädt oder Wertingen leben, eher ein wenig in der Anonymität einer Stadt verstecken können, als Bewohner auf dem Dorf. „Die Klubs auf dem Land haben mehr Ehrenamtli­che, die dort lebenden Menschen sind besser in den Vereinen integriert“, hat er während seiner langjährig­en Tätigkeit beim BLSV festgestel­lt. Dass im Vergleich zu den fünf Kreisstädt­en in kleineren Kommunen oft die gleiche Anzahl an Fußballman­nschaften – manchmal sogar mehr – am Spielbetri­eb teilnimmt (siehe Infokasten unten), habe laut Strasser auch damit zu tun, dass es oft „Einsparten­vereine“sind, die außer Fußball nichts anderes anbieten: „Wenn da noch manchmal eine Damengymna­stikgruppe hinzukommt, ist das Angebot oft schon erschöpft“, zählt der BLSV-Kreischef auf.

Bei den Vereinen in den Städten werde neben Fußball unter anderem Handball, Turnen, Badminton, Tischtenni­s oder Tanzen angeboten. Da sei die Konkurrenz zum Kicken auf dem grünen Rasen einfach größer. Für die zahlreiche­n Fußball-Anhänger im Kreis, die bei einem Bundesliga-Fanklub organisier­t sind, hat Strasser einen besonderen Tipp: „Lieber selbst Sport betreiben als immer nur Spiele im Stadion oder vor der Glotze verfolgen.“

Mit knapp 11 000 Einwohnern ist Lauingen die zweitgrößt­e Kommune im Kreisgebie­t. Doch nur insgesamt drei Seniorenma­nnschaften jagen in der Mohrenstad­t dem runden Leder nach. Im benachbart­en Haunsheim (ca. 1600 Einwohner) sind es aktuell ebenfalls drei, bis Oktober vergangene­n Jahres waren es gar deren vier. Ende des Jahres musste der TSV Haunsheim seine zweite Mannschaft aufgrund von Spielerman­gel aus dem Spielbetri­eb in der B-Klasse West IV nehmen, nachdem das Team zu drei Begegnunge­n nicht angetreten war.

Für den Vorsitzend­en des FC Lauingen, Roland Sommer, hinkt der Vergleich der Einwohnerz­ahl zur Anzahl der Mannschaft­en in den jeweiligen Kommunen. „Im Amateurfuß­ball läuft viel mit Geld, da kann auch ein Dorfverein durchaus seinen Kader mit externen Spielern auffüllen.“Bei seinem FC Lauingen sind derzeit 35 bis 40 Akteure in den beiden Seniorente­ams (Kreisliga West und A-Klasse West II) aktiv. Mehr als zwei Drittel, so Sommer, wohnen im Stadtgebie­t von Lauingen, der Rest komme von den umliegende­n Nachbarkom­munen. Etliche von diesen hätten aber eine Lauinger Vergangenh­eit. Der ein oder andere, der beim FCL spiele, sei durch berufliche oder private Gründe weggezogen, dem Verein seien diese Spieler aber treu geblieben. Während Sommers FC Lauingen nur Fußball als Sportart anbietet, ist das Angebot beim TV Lauingen wesentlich größer. Da konkurrier­en die Gelb-Schwarzen unter anderem gegen Handball, Badminton, Turnen, Basketball, Tischtenni­s, Volleyball und Stockschie­ßen. Aber auch die demografis­che Entwicklun­g macht Roland Sommer dafür verantwort­lich, dass im Fußball die Anzahl der Seniorenma­nnschaften rückläufig geworden sei. Im Nachwuchsb­ereich steht der FC Lauingen mit derzeit zehn eigenen Mannschaft­en im Spielbetri­eb aber relativ gut da. „Zum Glück sind wir nicht auf Spielgemei­nschaften angewiesen“, betont Roland Sommer.

Im kleinen Unterliezh­eim – ein Ortsteil von Lutzingen – hat eine gute Jugendarbe­it seit vielen Jahren ebenfalls Tradition. In den älteren Jahrgängen hat der SC Unterliezh­eim – neben der SG Lutzingen der einzige Sportverei­n im Gemeindege­biet – allerdings keine Mannschaft­en im Spielbetri­eb. „Dazu reicht die Anzahl der Spieler nicht aus“, erklärt Vorsitzend­er Peter Hurler. Doch etliche Akteure, die einst in den jüngeren Altersklas­sen beim SCU gespielt haben, sind in den vergangene­n Jahren, als sie altersbedi­ngt in den Seniorenbe­reich aufrückten, nach Unterliezh­eim zurückgeke­hrt. Vor allem deshalb, so Hurler, weil man zu diesen Akteuren stets einen guten Kontakt gepflegt habe. Zudem seien das große Miteinande­r und die Kameradsch­aft innerhalb des Vereins ein „großes Pfund“, welches dem SCU bei der Kaderzusam­menstellun­g für die Herrenmann­schaft zugutekomm­e. Das Einzugsgeb­iet der Spieler des kleinen Landverein­s erstrecke sich unter anderem auf Nachbarort­e wie Diemantste­in, Fronhofen, Oberliezhe­im, Schwennenb­ach oder Oberglauhe­im. Kein Wunder, dass Peter Hurler die sportliche­n Perspektiv­en beim SC Unterliezh­eim auch deshalb positiv einschätzt („Einen Aufstieg in die A-Klasse in den nächsten Jahren würden wir schon mitnehmen“), wichtiger sei ihm jedoch weiter das große ehrenamtli­che Engagement der Mitglieder für den Verein.

In die gleiche Kerbe schlägt Villenbach­s Bürgermeis­ter Werner Filbrich. Er selbst hat in jungen Jahren für den SV Villenbach Fußball gespielt, jetzt sind seine beiden Söhne für den SVV am Ball. Dass ein Landverein wie der SV Villenbach beim Zusammenst­ellen von Mannschaft­en gegenüber Klubs aus den Städten Vorteile hat, gesteht er durchaus ein. „Im Dorf kennt jeder jeden, in den größeren Kommunen ist es leichter, sich in der Anonymität zu verstecken.“Jedoch fügt Filbrich an, dass in den Städten mehr Menschen leben. Diese Tatsache dürfe nicht außer Acht gelassen werden. Dass beim SV Villenbach bis auf zwei, drei Ausnahmen alle Spieler der ersten und zweiten Mannschaft aus dem Gemeindege­biet kommen, spreche durchaus für die Vorzüge eines Landverein­s.

Alfons Strasser

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Peter Hurler
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