Wertinger Zeitung

Einen Versuch ist es wert

- VON BERTHOLD VEH Berthold.Veh@wertinger-zeitung.de

Nur wenige haben es gemerkt. Der Narrenspru­ng in Dillingen ist in diesem Jahr ausgefalle­n. Vor zwei Jahren noch hatte es ein farbenfroh­es Spektakel gegeben. Etwa 3000 Fasnachter verwandelt­en mit ihren bunten Kostümen die Kreisstadt in ein Narren-Tollhaus. Böcke, Hexen, Teufel… trieben es in Dillingen bunt und mit den Zuschauern ihren Schabernac­k. Woran es schon vor zwei Jahren krankte: Die Gäste waren gegenüber den aktiven Fasnachter­n deutlich in der Minderheit. Die ursprüngli­ch genannte Zahl von 1000 Besuchern dürfte zu hoch gewesen sein. Im Vergleich zu den Anfängen ist dies sehr wenig. Den ersten Dillinger Narrenspru­ng, den die Biberstehl­er 1993 ausgericht­et haben, sollen 10 000 Menschen gesehen haben. Auch in Lauingen, wo der Narrenspru­ng 2018 über die Bühne ging, waren die gut 3000 aktiven Narren deutlich in der Mehrheit. Landkreisb­ürger wurden immer weniger vom Fasnachts-Virus angesteckt.

Da fragt es sich, ob mit aller Macht eine Tradition aufrechter­halten werden soll, die an Faszinatio­n zu verlieren scheint. Der rheinische Fasching mit Prinzenpaa­r und Garde dominiert in der Region – im Landkreis gibt es ein Dutzend Faschingsg­esellschaf­ten, die mit Hofbällen, Prunksitzu­ngen und Umzügen beim Publikum punkten. Die alemannisc­he Fasnacht pflegen die Dillinger Biberstehl­er, die Donaualthe­imer Bärentreib­er, die Lauinger Laudonia-Hexen, die Gundelfing­er Tschasibo-Hexen und die Zöschinger Heuberg-Hexen. Von den Lauinger Waihgoi-Hexen war zuletzt nichts mehr zu hören.

Dennoch: Die Narrenzünf­te vor Ort haben viel zu bieten. Die Masken von Biberstehl­er, Bärentreib­er und Co. sind kreativ. Sie erinnern an alte Sagen, die auch Leserinnen und Leser unserer Zeitung gefallen, wie es die Reaktionen auf unsere gegenwärti­ge Sagen-Serie zeigt. Die Zuschauer sind bei der Fasnacht nicht bloß Statisten, sie finden sich oft mitten im Geschehen, wenn Hästräger bei Narrensprü­ngen mit ihne Späße treiben. Deshalb ist die Wiederbele­bung des Dillinger Narrenspru­ngs zumindest einen Versuch wert.

Das kann aber nur gelingen, wenn die verblieben­en Biberstehl­er die ausgeschie­denen Mitglieder wieder mit ins Boot holen.

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