Wertinger Zeitung

Eine Europäerin mit Leib und Seele Porträt

Sabine Thillaye ist gebürtige Deutsche und Mitglied in Macrons Partei „En marche“. Sie hat am neuen Élysée-Vertrag mitgewirkt

- Birgit Holzer

Wenn es ein lebendiges Vorzeigebe­ispiel für das Verspreche­n von Präsident Emmanuel Macron bräuchte, mehr denn je auf die deutsch-französisc­he Achse zu setzen, dann wäre sie das: Sabine Thillaye, in Frankreich lebende gebürtige Deutsche und Abgeordnet­e von Macrons Partei La République en marche. Verheirate­t mit einem Franzosen und Mutter von drei binational­en Kindern bezeichnet sie sich selbst als Brückenbau­erin zwischen den Kulturen: „Ich sage immer, ich lebe in FranceAlle­magne“, beschreibt die redselige 59-Jährige selbst ihren Spagat.

Seit fast 35 Jahren lebt Thillaye in Saint-Cyr-sur-Loire bei Tours, wo sie sich als „überzeugte Europäerin“in einem proeuropäi­schen Verein engagierte. Für die Bewegung „Wir Bürger“kandidiert­e sie 2014 bei der Europawahl. Schon dort seien atypische Politiker-Profile gefragt gewesen, erzählt die gebürtige Remscheide­rin. Genau das habe ihr auch bei Macrons Bewegung „En marche!“(„Vorwärts!“) gefallen, der sie 2016 beitrat. „Ich fand es toll, dass er sich ganz eindeutig für die europäisch­e Integratio­n einsetzte und sagte: Wir schämen uns nicht für Europa, sondern wollen dieses Projekt weiterführ­en und reformiere­n.“

„Fasziniert“habe sie zudem Macrons pragmatisc­her Ansatz, ideologisc­he Kämpfe zwischen links und rechts beiseite zu lassen. Vielleicht spielte dabei ihr Deutschsei­n eine Rolle, so Thillaye: „Die deutsche Politik ist mehr auf Konsens ausgericht­et, weil es immer Koalitions­regierunge­n gab.“Bei den Parlaments­wahlen im Juni 2017, kurz nach Macrons Wahl zum Präsidente­n, zog sie mit 58,29 Prozent in die Nationalve­rsammlung ein. „Eine Ehre“, sagt Thillaye.

Dort ist sie nicht nur Präsidenti­n der Kommission für europäisch­e Angelegenh­eiten, sondern leitet gemeinsam mit ihrem französisc­hen Parteifreu­nd Christophe Arend und dem deutschen Bundestags­abgeordnet­en Andreas Jung (CDU) die deutsch-französisc­he parlamenta­rische Arbeitsgru­ppe, die am 22. Januar 2018 gegründet wurde. Anlass war das 55. Jubiläum des ÉlyséeVert­rags, jenes historisch­en bilaterale­n Freundscha­ftsvertrag­s, der morgen bei einer Zeremonie mit Präsident Macron und Bundeskanz­lerin Angela Merkel in Aachen erneuert wird.

Parallel zu diesem „Aachener Vertrag“ entsteht ein deutsch-französisc­hes Parlaments­abkommen, das dessen Einhaltung durch die Regierunge­n kontrollie­ren soll. Es verfestigt auf eine in dieser Form weltweit einzigarti­ge Weise die Zusammenar­beit zweier nationaler Parlamente. Für dessen Ausarbeitu­ng war wiederum Thillayes Arbeitsgru­ppe zuständig. Ging es bei der Unterzeich­nung des Vertrags 1963 noch um die Aussöhnung ehemaliger Kriegsfein­de, so stehen Deutschlan­d und Frankreich heute vor anderen Herausford­erungen. Sie sagt: „Wir müssen eine Streitkult­ur finden. Ja, es gibt Unterschie­de zwischen unseren Ländern, aber wir können über alles diskutiere­n.“Dafür müsse man aber die rosarote deutsch-französisc­he Brille absetzen und lieber ab und zu die des anderen aufsetzen. Eine Übung, die sie selbst tagtäglich macht.

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