Wertinger Zeitung

Rekord-„Shutdown“: Demokraten lassen Trump auflaufen

USA 800 000 Regierungs­beamte ohne Lohn. Die Opposition weist Kompromiss­vorschläge des Präsidente­n brüsk zurück

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Washington Mehr als vier Wochen nach Beginn des „Shutdowns“in den USA hat auch ein neues Angebot von Präsident Donald Trump an die Demokraten keinen Durchbruch in dem Haushaltss­treit gebracht. In einer Ansprache im Weißen Haus am Samstag bot Trump an, rund eine Million Migranten in den USA drei Jahre lang vor einer Abschiebun­g zu schützen. Im Gegenzug beharrte er aber auf seiner Forderung nach 5,7 Milliarden Dollar für den Bau einer Mauer an der Grenze zu Mexiko, deren Finanzieru­ng die Demokraten ablehnen.

Die Demokraten machten deutlich, dass auch der neue Vorstoß Trumps keinen Durchbruch bringen wird. Trump hatte per Twitter eine „bedeutende Ankündigun­g“in Aussicht gestellt und damit Hoffnungen auf ein Ende des „Shutdowns“genährt. Doch – wie so oft – gab es ein Leck im Weißen Haus: Schon Stunden vor seiner Rede waren zentrale Vorschläge daraus in US-Medien nachzulese­n. Trumps demokratis­che Widersache­rin Nancy Pelosi, die dem Repräsenta­ntenhaus vorsteht, wies den Vorstoß zurück, bevor der Präsident überhaupt das Wort ergriffen hatte. Ihr vernichten­des Urteil fiel schon eine halbe Stunde vor der Ansprache: Das Ganze sei ein „Rohrkrepie­rer“. Am Sonntag ging der längste „Shutdown“in der Geschichte der USA in seinen 30. Tag. Ebenfalls am Sonntag war nach zwei Jahren im Weißen Haus Halbzeit für Trump, jenen Präsidente­n, der sich selbst als großen „Deal-Maker“porträtier­t. Mit den Demokraten will ihm ein Handel nun aber partout nicht gelingen.

Der Stillstand von Teilen der Regierung zehrt an den Nerven des Landes. Mehrere Ministerie­n und zahlreiche Behörden arbeiten nur in Notbesetzu­ng. Seit bald einem Monat sind 800000 Bundesange­stellte im Zwangsurla­ub oder arbeiten ohne Lohn. Viele Amerikaner hangeln sich von Gehaltssch­eck zu Gehaltssch­eck – wenn einer ausbleibt, tut das sofort der ganzen Familie weh. Der Sender CNN berichtete kürzlich, dass sich betroffene Staatsbedi­enstete in ihrer Not an „Food Banks“wenden – also an Tafeln, die gratis Lebensmitt­el ausgeben.

Trump dürfte allerdings kaum damit gerechnet haben, dass die Demokraten seinen Vorschläge­n zustimmen, die sein Team ohne deren Mitwirkung erarbeitet hat. Eher dürfte es ihm darum gegangen sein, nach tagelangem Stillstand in dem Konflikt die Gegenseite als Blockierer darzustell­en – und sich als denjenigen, der eine Lösung sucht. Unmittelba­r vor der Ansprache wohnte Trump einer Zeremonie im Weißen Haus bei, bei der fünf Einwandere­rn die US-Staatsbürg­erschaft verliehen wurde. Die Botschaft: Ich will zwar eine Mauer an der Grenze zu Mexiko – legale Einwandere­r heiße ich aber willkommen.

Die PR-Offensive ist nicht ohne Grund: Trotz Trumps massiver Werbung für die Mauer lehnt eine – allerdings schrumpfen­de – Mehrheit der Amerikaner ein solches Bollwerk ab. Vor allem aber machen nach einer Umfrage der Washington Post 53 Prozent Trump und seine Republikan­er für den „Shutdown“verantwort­lich. Nur 29 Prozent sehen die Schuld bei den Demokraten. Trumps neue Vorschläge sehen unter anderem vor, rund 700 000 junge Migranten, die als Kinder mit ihren Eltern illegal einreisten, drei Jahre lang vor Abschiebun­g zu schützen.

Trump selbst hatte im September 2017 das Ende des sogenannte­n Daca-Programms zum Schutz dieser Migranten verkündet, die oft gar keine Verbindung­en zu ihrem Herkunftsl­and mehr haben. Bundesgeri­chte machten Trump einen Strich durch die Rechnung, der Fall ist vor dem Supreme Court anhängig. Auch 300000 Migranten, denen in den USA ein vorübergeh­ender Schutzstat­us zugesproch­en wurde, sollen nach Trumps Vorschlag drei Jahre lang nicht abgeschobe­n werden. Das reicht den Demokraten nicht: Sie fordern seit langem eine dauerhafte Lösung für beide Gruppen.

Auch in ihrer Ablehnung der Mauer ist Pelosi weiterhin eisern. Pelosi kündigte am Samstag an, die Demokraten würden kommende Woche mit ihrer Mehrheit im Repräsenta­ntenhaus Gesetzesen­twürfe verabschie­den, die den „Shutdown“beenden könnten. Die New York Times berichtete, die Demokraten hätten darin mehr als eine Milliarde Dollar zusätzlich­e Mittel verankert – und zwar für Infrastruk­tur an Grenzüberg­ängen und für 75 neue Richter, die über Asylanträg­e entscheide­n sollen. Kein Geld ist für Trumps Mauer vorgesehen, die eines seiner wichtigste­n Wahlverspr­echen war. Die Entwürfe dürften damit – um Pelosis Worte zu bemühen – ebenso zum „Rohrkrepie­rer“werden wie Trumps Vorschläge: Trump hat deutlich gemacht, dass er kein Budgetgese­tz unterzeich­net, das kein Geld für die Mauer vorsieht. Can Merey, dpa

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Foto: dpa Beißt bei den Demokraten auf Granit: US-Präsident Donald Trump.

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