Wertinger Zeitung

Die Schwäche des bayerische­n Jagdtriebs

- VON TILMANN MEHL time@augsburger-allgemeine.de

Ein gelungener Angriff lässt sich von einem missratene­n oft erst spät unterschei­den. Am Ende bestimmt das Resultat über die Beurteilun­g. Mit Witz und Geschwindi­gkeit vorgetrage­ne Attacken mögen dem Auge des Betrachter­s schmeichel­n – verfehlt der finalisier­ende Stürmer das Tor aus einem halben Meter, war der Vorstoß nicht erfolgreic­h. Flanke Manni, Kopfball Hrubesch dagegen: schlicht. Und erfolgreic­h.

Es kommt nicht immer auf die Kreativitä­t im Vortrag an. Ansonsten würde Gregor Gysi Deutschlan­d regieren und Peter Neururer die Nationalma­nnschaft trainieren. Also lassen sich die verbalen Angriffe des FC Bayern in Richtung Dortmund auch noch nicht letztinsta­nzlich beurteilen. Möglicherw­eise fangen die Münchner im Verlauf der Saison ja tatsächlic­h noch den BVB ab. Dann würden sie an der Säbener Straße behaupten, sie hätten ihren Kontrahent­en so lange vor sich hergetrieb­en, bis dieser schließlic­h eingebroch­en sei. Gelingt die Aufholjagd nicht, lässt sich das rhetorisch­e Gebaren als reichlich plump zusammenfa­ssen. „Wir werden immer mehr Druck machen“, kündigte Hasan Salihamidz­ic nach dem 3:1 gegen Hoffenheim an. Tags darauf wiesen die Dortmunder dezent auf eine mögliche Schwäche der Aussage hin: Zwischen Druck ausüben und Druck empfinden besteht ein kleiner Unterschie­d.

Zugleich ist der bayerische Optimismus ein Privileg der Erfolgreic­hen. Verbale Kampfansag­en im Tabellenke­ller sind unüblich. In Hannover und Nürnberg wird eher nicht zum Halali geblasen. Treibjagde­n unter Fußlahmen sind nicht beliebt. Wer erlegen will, benötigt die geeigneten Waffen. In München sind sie zweifellos vorhanden, und der Sieg gegen Hoffenheim nährt den Verdacht, dass Niko Kovac den Umgang mit ihnen erlernt hat.

Das Arsenal der Abstiegska­ndidaten hingegen ist meist übersichtl­ich, mitunter sogar leer. In der Winterpaus­e bestand immerhin die Möglichkei­t, nachzurüst­en. Offensicht­lich haben das aber alle Mannschaft­en in der unteren Region verpasst. Das ist weitaus überrasche­nder als das altbekannt­e Münchner Vorgehen.

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Foto: dpa Ein gut ausgestatt­eter Jäger – eine Seltenheit im Abstiegska­mpf.
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