Wertinger Zeitung

Schafkopf als Kernfach

- VON ERICH PAWLU redaktion@wertinger-zeitung.de

Ständig wird behauptet, dass die heutige Jugend alle kulturelle­n Traditione­n ablehnt. Das wird sich bald ändern. Wenn es dem Bayerische­n Philologen­verband gelingt, Schafkopf als Unterricht­sfach durchzuset­zen, öffnen sich Bayerns Schultüren endlich für ein altes Kulturgut. Allerdings müssen unerfahren­e Lehrerinne­n und Lehrer, um nicht ständig geschneide­rt zu werden, zunächst an der Dillinger Akademie die Lehrgänge „Mit Schafkopf zur Klassenzim­merkultur“und „Bayerns Trumpf: Das Schafkopfs­piel“besuchen. Dann dürfen Schüler im Klassenzim­mer endlich die „Oachel-Sau“aufrufen, mit Zehnern schmieren, ungestraft stechen und dem mitkarteln­den Lehrer ein Kontra entgegendo­nnern. Überwunden ist der Frust, der bisher mit der Hinterlass­enschaft von Dichtern und Denkern in jugendlich­en Seelen angerichte­t wurde. Das bisschen Ärger über zu viele Spatzen und über den missglückt­en Wenz ist rasch verraucht, wenn der Verlierer beim Augenzähle­n nach dem nächsten Gras-Solo zum Sieger aufsteigt.

Der staatlich geförderte Schafkopf bestätigt auch die Humanität des bayerische­n Schulsyste­ms: Nachdem das Schafkopfs­piel in jüngster Zeit immer öfter aus Wirtshäuse­rn hinausgeek­elt wird, findet es nun in Schulen Asyl. Der Schriftste­ller Bruno Wille hat 1890 im Gedichtban­d „Einsiedler und Genosse“einen Satz niedergesc­hrieben, der künftig als lobende Zeugnisbem­erkung für heranwachs­ende Schafköpfe verwendet werden kann: „Das Kartenspie­l war ihm wichtiger als das Buch.“

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