Schafkopf als Kernfach
Ständig wird behauptet, dass die heutige Jugend alle kulturellen Traditionen ablehnt. Das wird sich bald ändern. Wenn es dem Bayerischen Philologenverband gelingt, Schafkopf als Unterrichtsfach durchzusetzen, öffnen sich Bayerns Schultüren endlich für ein altes Kulturgut. Allerdings müssen unerfahrene Lehrerinnen und Lehrer, um nicht ständig geschneidert zu werden, zunächst an der Dillinger Akademie die Lehrgänge „Mit Schafkopf zur Klassenzimmerkultur“und „Bayerns Trumpf: Das Schafkopfspiel“besuchen. Dann dürfen Schüler im Klassenzimmer endlich die „Oachel-Sau“aufrufen, mit Zehnern schmieren, ungestraft stechen und dem mitkartelnden Lehrer ein Kontra entgegendonnern. Überwunden ist der Frust, der bisher mit der Hinterlassenschaft von Dichtern und Denkern in jugendlichen Seelen angerichtet wurde. Das bisschen Ärger über zu viele Spatzen und über den missglückten Wenz ist rasch verraucht, wenn der Verlierer beim Augenzählen nach dem nächsten Gras-Solo zum Sieger aufsteigt.
Der staatlich geförderte Schafkopf bestätigt auch die Humanität des bayerischen Schulsystems: Nachdem das Schafkopfspiel in jüngster Zeit immer öfter aus Wirtshäusern hinausgeekelt wird, findet es nun in Schulen Asyl. Der Schriftsteller Bruno Wille hat 1890 im Gedichtband „Einsiedler und Genosse“einen Satz niedergeschrieben, der künftig als lobende Zeugnisbemerkung für heranwachsende Schafköpfe verwendet werden kann: „Das Kartenspiel war ihm wichtiger als das Buch.“