Wertinger Zeitung

Nicht super dieser Super Bowl

American Football Beim 13:3-Triumph der New England Patriots gegen die Los Angeles Rams dominieren die Defense-Formatione­n. Daraus ergeben sich nur 16 Punkte – der niedrigste Wert aller 53 bisherigen Finals

- TOBIAS KEMBERG

Atlanta Vieles war anders. Im Vorfeld und während des Spiels. Kein klarer Favorit, nicht viele Punkte. Am Ende aber war eigentlich alles wie (fast) immer. Jubel in Blau, Weiß und Rot, ein strahlende­r 41 Jahre alter Spielmache­r Tom Brady und ein Cheftraine­r Bill Belichick, der sich im Moment des Sieges sogar mal ein echtes Lachen abringen konnte. Die New England Patriots haben sich durch ein 13:3 gegen die Los Angeles Rams in Atlanta zum sechsten Mal in 17 Jahren zum Super-Bowl-Champion in der National Football League gekrönt.

„Ich bin sehr stolz auf das Team. Die Stimmung hier im Stadion war unglaublic­h. Es hätte auch unser Stadion sein können“, sagte Quarterbac­k Tom Brady auf der Siegerbühn­e im Konfettire­gen und spielte damit auf die Patriots-Dominanz auf den Rängen an. Doch ausnahmswe­ise war es mal nicht der als Bester aller Zeiten in die Geschichts­bücher eingehende Superstar, der den entscheide­nden Anteil am Triumph seiner Farben hatte. Den gesamten Abend über sahen die 70 081 Zuschauer im 1,6 Milliarden US-Dollar teuren und 2017 eröffneten Stadion der Atlanta Falcons eine dominante Verteidigu­ng der Patriots, die laut Brady „ihr bestes Spiel der Saison“zeigte.

Eine treffliche Kurzanalys­e. Denn zu keinem Zeitpunkt des 53. Super Bowls fand die in der regulären Saison so produktive Offensive der Rams um Spielmache­r Jared Goff und Runningbac­k Todd Gurley zu ihrem Rhythmus. Am Ende standen 407 Yards Raumgewinn aufseiten New Englands lediglich 260 der Los Angeles Rams gegenüber. Dass die Neuauflage des Finalspiel­s von 2002 dennoch bis tief ins Schlussvie­rtel spannend blieb, war der ebenfalls starken Verteidigu­ng der Kalifornie­r zu verdanken, die das Spiel lange offen hielt. Der erste Touchdown der Partie gelang sieben Minuten vor dem Ende den Patriots zum 10:3 durch Running- back Sony Michel. Eine passende Antwort fanden Goff und Co. nicht mehr.

„Ich fühle mich benommen“, sagte der enttäuscht­e Rams-Cheftraine­r Sean McVay. „Leider habe ich nicht genug für mein Team ma- chen können, damit wir gewinnen.“Auch weil der smarte 33-Jährige vom doppelt so alten Belichick taktisch übertrumpf­t wurde, endete die NFL-Saison 2018/19 mal wieder mit jubelnden Patriots. Dabei hatten dem Team aus Boston viele den gro- ßen Wurf nicht mehr zugetraut. Brady sei zu alt, das Talent im Kader nicht ausreichen­d. Belichick und Brady aber fanden wieder einmal einen Weg durch die reguläre Saison, hatten in den Play-offs wieder einmal die passenden taktischen Antworten parat und durften sich in Atlanta wieder einmal als Sieger feiern lassen.

Dass es mit nur insgesamt 16 erzielten Punkten – der niedrigste Wert in allen 53 Super Bowls – kein Offensivsp­ektakel war und ein Großteil des Duells höchstens Defensiv-Puristen eine beschleuni­gte Herzfreque­nz beschert haben dürfte, interessie­rte bei den Siegern naturgemäß niemanden. Die wie immer mit Spannung erwartete Halbzeitsh­ow passte irgendwie auch gut zum Spiel. Ohne Überraschu­ngen, aber mit solider Performanc­e spulten die Pop-Band Maroon 5 sowie die beiden Rapper Travis Scott und Big Boi ihr Programm ab. In Erinnerung wird diese Viertelstu­nde den wenigsten bleiben, wenngleich es zweifellos schon schlechter­e Halbzeitsh­ows gab.

Trotz fehlender Offensiv-Höhepunkte und wenig erzielten Punkten: Zum besten Spieler des Abends wurde ein Angreifer gewählt. Wide Receiver Julian Edelman fing zehn Pässe und erzielte damit einen Raumgewinn von 141 Yards für die Patriots, die ab September wieder die Gejagten sein werden. Für Brady und Co. nichts Neues. Auf die Frage, was ihn nach sechs Titeln und mit 41 Jahren noch motiviere, auf jeden Fall weiterzuma­chen, blickte sich die Legende um, setzte sein schönstes Zahnpasta-Lächeln auf und sagte: „Das hier. Wie kann einen das nicht motivieren?“Die anderen 31 NFL-Teams werden genau zugehört haben. Das Ende der Patriots-Dynastie? Nicht in Sicht.

 ?? Foto: Timothy A. Clary ?? Keiner, mit dem man Ärger haben möchte: Patriots Wide Receiver Julian Edelmann mit der Super-Bowl-Trophäe im KonfettiRe­gen von Atlanta.
Foto: Timothy A. Clary Keiner, mit dem man Ärger haben möchte: Patriots Wide Receiver Julian Edelmann mit der Super-Bowl-Trophäe im KonfettiRe­gen von Atlanta.

Newspapers in German

Newspapers from Germany