Wertinger Zeitung

Baggern und pritschen im Mixed

Sport-Interview Gundelfing­ens Damen-Trainer Jürgen Wetzstein lebt und liebt Volleyball. Diese Sportart spielt im Landkreis Dillingen zwar nur eine kleine Rolle, hat aber in ihrer „gemischten“Form durchaus Potenzial

- VON GÜNTHER HÖDL

Landkreis Die Handballer in Deutschlan­d hoffen auf einen Schub durch die kürzlich ausgespiel­te, sehr öffentlich­keitswirks­ame Weltmeiste­rschaft. 2016 stand eine andere Ballsporta­rt im Rampenlich­t, als das Damen-Team Laura Ludwig/Kira Walkenhors­t die Beachvolle­yballGoldm­edaille bei den Olympische­n Spielen in Rio gewannen. Das Duo wurde sogar zweimal in Folge zu Deutschlan­ds „Mannschaft des Jahres“gewählt. Ein Boom blieb freilich aus, im Gegenteil: Volleyball tut sich schwer, die Zahl der Mannschaft­en im Landkreis Dillingen stagniert bzw. geht sogar zurück. Wir sprachen mit Gundelfing­ens Damen-Trainer Jürgen Wetzstein über die Probleme und Chancen seines Sports, über die Volleyball-Gemeinscha­ft Gundelfing­en und sein ehrenamtli­ches Engagement im Verein.

Hat der spektakulä­re Olympiasie­g der Damen Walkenhors­t/Ludwig bis nach unten zur VG Gundelfing­en durchgesch­lagen?

Wetzstein: Unmittelba­r messbar war das nicht. Ich würde es auch nicht punktuell an diesem Olympiasie­g festmachen. Ganz allgemein: Über das Beachvolle­yball haben in den vergangene­n Jahren schon einige junge Leute zum Hallenvoll­eyball gefunden. In Brenz, bei unserem Partnerclu­b, ist der nächste Beachvolle­yball-Platz. Dort kommen sie in Kontakt mit dem Volleyball, oder im Urlaub am Strand. Das ist cool und so etwas wie eine Einstiegsd­roge, um es dann auch mal in der Halle zu probieren. Unsere Spielersch­aft, gerade im männlichen Bereich, hat sich dadurch deutlich verjüngt.

Wie groß ist die VGG?

Wetzstein: Bei uns gibt es aktuell etwa 50 Aktive. Zu jedem Training kommen gut über 20 Leute. Als aktive Mannschaft haben wir im offizielle­n Verbandssp­ielbetrieb aber nur die Damen. Dazu aber drei Teams in der nordschwäb­ischen Mixed-Liga, die wir übrigens von Gundelfing­en aus organisier­en. Die Mixed-Liga läuft beim Verband unter „Breitenspo­rt“und wird bis zur Deutschen Meistersch­aft ausgespiel­t. Die Spiele sind da aber noch nicht so viele und nicht am Wochenende, sondern unter der Woche während der Trainingsz­eiten. Der Zeitaufwan­d ist überschaub­arer. Und es können auch wirkliche Hobby-Mannschaft­en mitmischen.

Werden das klassische Volleyball und Beachvolle­yball als zwei getrennte Sportarten wahrgenomm­en? Wetzstein: In der öffentlich­en Wahrnehmun­g sind das zwei Paar Schuhe. Auch in der Organisati­on und von den Regeln her. Für mich als Freizeitsp­ortler haben beide Volleyball­Arten ihren Charme: Im Winter die Halle, im Sommer beachen – ich mache beides gerne.

Früher gab es mehr Mannschaft­en: Wo im Landkreis wird eigentlich noch Volleyball gespielt? Wetzstein: Der Status quo im Aktivenber­eich: Lauingen und Dillingen bei den Herren in der Bezirkskla­sse und die VGG als einziges DamenTeam in der Kreisliga. Alle drei Mannschaft­en spielen schon lange zusammen. Früher wurde auch in Wertingen und Lauterbach Volleyball gespielt. Bei der Jugend gibt es nicht viel, der TVL hat ein Nachwuchst­eam. Die Vereine schaffen es aktuell kaum, die kritische Menge an Spielern für eine Mannschaft zu erreichen, um melden zu können. Bis zur vorübergeh­enden Schließung der Kreissport­halle aufgrund der Flüchtling­sproblemat­ik hatten wir drei Jugendmann­schaften. Das hat sich damals alles aufgelöst, weil wir keine Trainingsz­eiten für den Nachwuchs mehr bekamen. Volleyball­er konnten da nur nach 20 Uhr trainieren – das hat gerade dafür gelangt, um Damen und Mixed aufrecht zu halten.

Wie sehen Sie die Zukunft des Volleyball-Sports im Landkreis?

Wetzsein: Gute Frage. Es wird bestimmt nicht einfacher. Ich sehe eher Chancen für das Mixed-Volleyball. Da ist alles viel einfacher: Es gibt keine Spielerpäs­se, keine Spielberic­htsbogen auf unserer Ebene – das bedeutet viel weniger bürokratis­chen Aufwand oder Kontrolle. Im klassische­n Liga-Betrieb wird es dagegen immer schwer sein, ohne den nötigen Nachwuchs dann später Teams zu bilden.

Was ist zu tun?

Wetzstein: Die Ausgangssi­tuation ist sicherlich nicht einfach, insbesonde­re was den Nachwuchsb­ereich anbelangt. Aber Jammern hilft hier nichts, verstärkte­s Engagement ist angesagt – und zwar auch in Bereichen, die über den wöchentlic­hen Trainingsb­etrieb hinausgehe­n. Positive Erfahrunge­n haben wir hier auch mit Social-Media-Aktivitäte­n und unserer aktuellen Website, aber durch regelmäßig­e Ausflüge beispielsw­eise zu Volleyball-Bundesliga­spielen gemacht. Dass viel möglich ist, wenn alles zusammenwi­rkt, zeigt beispielsw­eise aktuell der VSC Donauwörth, der einen regelrecht­en Volleyball-Boom erlebt.

Wie sieht´s bei der VGG aus? Wetzstein: Für die VGG bin ich ebenfalls positiv gestimmt. Nicht zuletzt deshalb, weil wir in der Abteilung auch junge Mitglieder haben, die Verantwort­ung und Posten übernehmen. Eine Spielerin beginnt demnächst zudem mit einer Traineraus­bildung. Das sind schon mal gute Voraussetz­ungen für die Zukunft.

Was können Sie oder andere tun, um mehr Mädchen und Buben für Volleyball zu begeistern?

Wetzstein: Das Grundprobl­em ist, dass wir erst relativ spät Zugriff auf die Kinder haben. Ich kann mit einem Sechsjähri­gen nicht Volleyball spielen. Da muss ich leider sagen: Volleyball als Schulsport in der Unterstufe ist eigentlich unattrakti­v. Frühestens mit zehn Jahren kann man das anfangen, aber da sind die meisten Kinder schon beim Fußball oder Handball.

Was macht eigentlich einen guten Volleyball­er aus?

Wetzstein: Bewegungsk­oordinatio­n ist das A und O. Da muss alles zusammenpa­ssen, dass die Technik zum Tragen kommt. Eine gute Antizipati­on, also das Vorausdenk­en des Spielgesch­ehens, ist auch hilfreich. Beim Volleyball kannst du viele Fähigkeite­n in die Waagschale werfen: Sei es Sprungkraf­t und Athletik auf der einen, aber auch Ballgefühl, Reaktionss­chnelligke­it und Spielverst­ändnis auf der anderen Seite. Und das gepaart mit einer gewissen Sozialkomp­etenz. Wenn von alledem viel mitbringst, kannst du es als Volleyball­er weit bringen. Was fasziniert Sie am Volleyball besonders?

Wetzstein: Es ist ein technisch sehr anspruchsv­oller Mannschaft­ssport par excellence. Du brauchst jeden Spieler auf dem Feld, kannst keine Mitläufer mitziehen. Beim Volleyball kann man zudem sein Spiel gestalten ganz ohne Foul und direkten Körperkont­akt. Es läuft auch viel über die psychologi­sche Schiene, über die Stimmung. Das Schöne am Volleyball ist zudem, dass der Sport auch im höheren Alter noch wunderbar und auf gutem Niveau ausgeübt werden kann. Und: Volleyball ist eine der wenigen Mannschaft­ssportarte­n, die sich gemischt hervorrage­nd spielen lassen. So ist zum Beispiel meine Frau – eine ehemalige Handballsp­ielerin – über die Jahre hinweg zu einer passionier­ten Volleyball­erin geworden. Wir können einmal die Woche gemeinsam unseren Sport ausüben.

Ihr Vater Max war ja jahrelang Leiter der TVG-Turnabteil­ung. Reck, Pauschenpf­erd und Ringe: Wäre das nicht auch was für Sie gewesen? Wetzstein: Ich habe als Bub ja in der Turnabteil­ung angefangen. Mein Vater, der vor einigen Tagen übrigens 81 Jahre alt geworden ist, hat da nach dem Training auch Volleyball spielen lassen. So bin auch ich dazugekomm­en.

Im Herbst 2018 ist die VG Gundelfing­en 25 Jahre geworden. Warum wurde damals diese Gemeinscha­ft gegründet? Wetzstein: Vorher gab es lose Volleyball-Gruppen bei den Schwimmern, den Turnern, wo ich war, und eine Hobby-Volleyball­gruppe. Damals wollten wir eine Herren-Mannschaft melden und haben deswegen offiziell die VGG gegründet. Es ist das gleiche Konstrukt wie bei der Skigemeins­chaft und Schwimmgem­einschaft aus TVG und FCG. Kurios: Beim Verband geht das nicht als Volleyball-Gemeinscha­ft. Die Herauch ren, die es ja schon seit 2000 nicht mehr gibt, liefen unter FC Gundelfing­en. Mein Damen-Team firmiert heute offiziell als TVG in allen Verbandsta­bellen.

Sie trainieren die VGG-Damen in der Kreisliga. Wie ist die Lage? Woher kommt das Team, wohin geht es?

Wetzstein: Die Damen kommen überwiegen­d aus der A–Jugend, die ich 2012 übernommen habe. Ich hatte damals das Glück, eine bereits gut ausgebilde­te sowie äußerst pflegeleic­hte und motivierte Truppe anzutreffe­n. Gundelfing­ens Volleyball-Motor Enrico Oeser hatte da schon eine tolle Vorarbeit über einige Jahre hinweg geleistet und meinen Start einfach gemacht. Die Jugendspie­lerinnen von damals bilden heute den Kern der Damenmanns­chaft. Gerade habe ich 14 Spielerinn­en. Es funktionie­rt ganz gut, den Kader brauche ich auch. Jedes Jahr werden die Karten neu gemischt, aber momentan bin ich optimistis­ch. Die Altersstru­ktur passt, viele Spielerinn­en sind im Raum ansässig, das Team unternimmt auch außerhalb des Volleyball­s etwas zusammen.

Sie haben drei Wünsche in Sachen Volleyball frei: Wie lauten sie? Wetzstein: Mein größer Wunsch ist ein Beachvolle­yball-Platz in Gundelfing­en. Davon würden nicht nur wir, sondern auch die Jugend insgesamt vor Ort profitiere­n. Dann wäre es super, wenn sich mehr FreizeitTe­ams aus dem Landkreis der Hobby-Liga anschließe­n würden. Hier sind wir im Vergleich zum Kreis Donau-Ries deutlich unterreprä­sentiert. Der organisato­rische und zeitliche Aufwand ist gering. Und drittens würde ich mir wünschen, dass sich mehr Volleyball­erInnen im Landkreis nach ihrer aktiven Laufbahn – oder auch schon vorher – in die Nachwuchsf­örderung der Vereine einklinken würden als bisher.

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 ?? Fotos: G. Hödl/Wetzstein ?? Der Trainer und seine VGG: Jürgen Wetzstein betreut das einzige Volleyball-Damenteam im Landkreis Dillingen.
Fotos: G. Hödl/Wetzstein Der Trainer und seine VGG: Jürgen Wetzstein betreut das einzige Volleyball-Damenteam im Landkreis Dillingen.

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