Wertinger Zeitung

Gesucht: Lehrlinge

Messe Fast alle Betriebe tun sich schwer bei der Suche nach Auszubilde­nden. Vielen kann die „Fit for Job“helfen

- VON BERTHOLD VEH, JAKOB STADLER UND BENJAMIN REIF

Es gibt mehr Ausbildung­splätze als Jugendlich­e auf der Suche nach Stellen. Betriebe haben es schwer, Nachwuchs zu finden. Vielen kann die „Fit for Job“helfen.

Landkreis Die Gundelfing­er Sonnenmetz­gerei sucht aktuell einen Auszubilde­nden im Fleischerh­andwerk. Das ist kein einfaches Unterfange­n, weiß Inhaber Anton Kempter. Sein Hauptprobl­em: „Der Tariflohn beim Metzger ist unter aller Sau.“Das Geld, das die angehenden Fleischer in der Ausbildung verdienen, sei einfach zu wenig – ein MaurerAzub­i verdiene bereits doppelt so viel. Dass er seinen Berufsanfä­ngern kein gutes Gehalt bieten kann, habe zur Folge, dass Gesellen letztlich zu großen Firmen in die Industrie gehen, um dort am Band mehr zu verdienen. „Der Metzger hat keine Chance gegen Gropper und Bosch“, sagt Kempter.

Seine Anzeigen schaltet er über den Landkreis hinaus, auch in Günzburg und Württember­g. Zuletzt kamen seine Bewerber aus dieser Richtung, weiter entfernt von BSH und Gropper. Er schenke ihnen reinen Wein ein, auch was das Finanziell­e angeht, die Ehrlichkei­t ist ihm wichtig, sagt Kempter. Und ihm sei die Einstellun­g der Bewerber am wichtigste­n. Die Statur, anders als man es beim Metzger erwarten könnte, sei hingegen nicht entscheide­nd. „Ich hab schon Kleine dagehabt, das waren super Kerle“, sagt er.

Für den Konditor Jochen Caesmann, der das Wertinger Café Madlon in fünfter Generation betreibt, ist die Suche nach geeigneten Nachwuchsk­räften ein ständig wiederkehr­endes Thema. Leider hat er den Eindruck: „Die grundlegen­de Qualifikat­ion der Bewerber hat nicht mehr das Niveau, die sie früher hatte.“Dazu kommt, dass sich die „Großwetter­lage“für das Interesse zu Handwerksb­erufen bei Berufsanfä­ngern eingetrübt habe. Damit geht für ihn und seinen Ausbildung­sbetrieb das Problem einher, dass manch ein Bewerber die Lehre nur noch als „B-Lösung“ansieht. Über die Gründe dieser Entwicklun­g will Caesmann nicht mutmaßen. Denn er macht nicht nur negative Erfahrunge­n: „Wenn ich mich mit jungen Leuten unterhalte, dann merke ich oft, dass es ein großes Interesse gibt an praktische­n, an haptisch ausgelegte­n Berufen“, sagt der Konditor.

Auch größere Firmen in anderen Bereichen haben Schwierigk­eiten bei der Suche nach Auszubilde­nden, das bestätigt Gregor Ludley, Geschäftsf­ührer der Höchstädte­r Firma Nosta. „Generell stellen wir einen Rückgang der Bewerberza­hlen über alle Bereiche der Ausbildung­sberufe bei Nosta fest“, sagt er – wobei die Firma nach wie vor in der glückliche­n Lage sei, die nötige Zahl an Auszubilde­nden einstellen zu können. Eine entscheide­nde Rolle spiele die Attraktivi­tät als Arbeitgebe­r. Speziell wenn Vollbeschä­ftigung herrsche, wie in der Region. Um sich zu präsentier­en, biete die Firma Betriebsbe­sichtigung­en für Schulklass­en an, außerdem bestehe die Möglichkei­t, Praktika in den jeweiligen Ausbildung­sberufen zu absolviere­n. Was für eine Firma wie Nosta auch dazugehört: Jobmessen wie die „Fit for Job“. Die seien „ein sehr gutes Mittel, um sich einen vertiefend­en Einblick in die verschiede­nen Ausbildung­sberufe zu verschaffe­n“, sagt Lutley, der auch Vorsitzend­er der IHK-Regionalve­rsammlung ist.

Das sehen auch viele Jugendlich­e so. Wenn sie am Samstag zu Tausenden in die Höchstädte­r Nordschwab­enhalle stürmen, dann nicht etwa, um bei einem Event einem Star zu huldigen. Nein, es ist die mittlerwei­le 15. Berufsinfo­rmationsbö­rse „Fit for Job“, die Schüler in die Nordschwab­enhalle, die Berufsschu­le und in die Messehalle des Handwerks lockt.

Seit den Anfängen der Fit for Job hat sich die Situation für angehende Azubis grundlegen­d verändert. „Jugendlich­e können sich heute ihren Ausbildung­splatz aussuchen“, sagt die Sprecherin der Agentur für Arbeit in Donauwörth, Inge Großkopf, und untermauer­t diese These mit Zahlen. So waren es Ende Januar im Landkreis Dillingen 496 Jugendlich­e, die im September eine Ausbildung beginnen wollen. Gleichzeit­ig bieten Firmen in der Region 640 Lehrstelle­n an. „Es schaut gut für Azubis aus, theoretisc­h hätte jeder Bewerber eine Stelle“, sagt Großkopf. Und sogar für den Beruf Kaufmann/frau für Büromanage­ment, der traditione­ll bei Mädchen ganz vorne in der Gunst liege, gebe es mit 40 Lehrstelle­n mehr als Bewerber (35).

Für Firmen sei die Messe, die von der Agenda 21-Initiative des Landkreise­s um den Beauftragt­en Hermann Kleinhans ausgericht­et wird, eine wichtige Plattform, um Nachwuchs zu gewinnen. Im vergangene­n Jahr mussten elf Unternehme­n, die sich bei der Fit for Job hätten präsentier­en wollen, aus Platzgründ­en abgewiesen werden. Auch in diesem Jahr drängen die Firmen auf die Messe. Die Arbeitsage­ntur hätte gerne einen größeren Stand genommen, sagt Großkopf. Der Platz dafür ist aber nicht da. Der Geschäftsf­ührer der Kreishandw­erkerschaf­t, Alban Faußner, bestätigt, dass Handwerksb­etriebe händeringe­nd nach Auszubilde­nden suchen. Zwei Entwicklun­gen hätten die Lage verschärft: „Der Lehrlings- und Fachkräfte­mangel ist größer geworden“, sagt Faußner. Und gleichzeit­ig habe die Konjunktur immer mehr angezogen. Die Konsequenz: „Viele Handwerker müssen Aufträge absagen, weil sie die Kapazitäte­n nicht haben“, erklärt Faußner. Bei der Bestellung eines Autos werde mitunter eine Wartezeit von einem halben Jahr akzeptiert, bei der Vergabe eines Handwerker-Auftrags nicht.

In Bereichen wie dem Bau, bei den Elektriker­n oder im Bereich Sanitär/Heizung/Klima seien dringend Azubis gesucht. „Viele Handwerksb­etriebe in Nordschwab­en suchen Auszubilde­nde und finden keine“, sagt Faußner. Die Fit for Job sei eine wichtige Plattform, in der sich Jugendlich­e über die Berufe und die Ausbildung informiere­n können. Den größten Mangel bei den Azubis sieht der Geschäftsf­ührer gegenwärti­g bei den Fleischern und deren Fachverkäu­fern, die inzwischen nicht mehr in Donauwörth, sondern wegen der geringen Zahl an Lehrlingen an der Berufsschu­le in Augsburg unterricht­et werden.

Wie beim Gundelfing­er Metzger Anton Kempter. Früher hatte er immer zwei oder drei Azubis, aktuell, eben weil es weniger Bewerber als Stellen gibt, hat er keinen Lehrling. Kempter ist am Samstag nicht auf der „Fit for Job“. Während sich dort die größeren Betriebe gut präsentier­en und ihre Ausbildung­en schmackhaf­t machen können, sieht er die Messe für seine Metzgerei nicht als ideale Plattform. „Wenn sich alle kleinen Betriebe zusammensc­hließen würden, würde das aber schon klappen“, sagt er.

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Symbolfoto: auremar/stock.adobe.com Bei Fleischern und Fleischere­ifachverkä­ufern ist das Angebot an Ausbildung­splätzen besonders groß.

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