Wertinger Zeitung

Auf Twitter brennt’s

Aktion Berufsfeue­rwehren berichten einen Tag lang über ihre Arbeit – mit dabei sind auch Augsburger und Münchner Einsatzkrä­fte. Was sie in dem sozialen Netzwerk geschriebe­n haben

- VON JESSICA STIEGELMAY­ER Screenshot­s: AZ/Quelle: Twitter Stadt Augsburg, Feuerwehr München

Augsburg Erst einen stark blutenden Patienten versorgen, dann den umgestürzt­en Baum von der Münchner Schwarzhöl­zlstraße räumen. Und schon geht´s zum Supermarkt am Rotkreuzpl­atz: Eine Person soll kollabiert sein. Da ist es gerade einmal kurz vor 9 Uhr. „Für die Besatzung des HLFs geht´s Schlag auf Schlag weiter“, kommentier­t die Münchner Feuerwehr auf Twitter. Des HLFs? Ein paar Posts weiter unten findet sich die Erklärung: Gemeint ist das Hilfeleist­ungslöschf­ahrzeug.

Ein sogenannte­s „Twittergew­itter“starteten am Montag um 8 Uhr bundesweit 41 Berufsfeue­rwehren, unter #112live berichtete­n sie zwölf Stunden lang über ihre Arbeit. Darunter auch die Augsburger und Münchner Einsatzkrä­fte. „Wir wollen die Leute mit in den FeuerwehrA­lltag nehmen“, sagt Friedhelm Bechtel, Brandamtsr­at in Augsburg. Anlass der Twitter-Aktion war der europäisch­e Tag des Notrufs.

„Viele wundern sich darüber, dass wir den ganzen Tag rundum beschäftig­t sind“, erzählt Bechtel. Wer die Tweets an diesem Tag verfolgt hat, ist nun wohl etwas weniger verblüfft: Allein zwischen 8 und 12 Uhr sind die Münchner Einsatzkrä­fte 14 Mal ausgerückt, die Augsburger Kollegen wurden bis zum frühen Nachmittag zwölf Mal alarmiert. Zwischendr­in überprüfen die Mannschaft­en ihre Geräte, besprechen ihre Einsätze. Und drücken immer wieder die Schulbank, wie Bechtel sagt. „Üben, üben“, laute das Motto. „Wir wollen ja fit bleiben.“Jeden Morgen gebe es daher eine Schulung zu einem Thema rund um die Arbeit.

Während die Kollegen an der Isar am Nachmittag „in unsa Heimatspra­ch“wechselten, sprich in den bayerische­n Dialekt, widmeten sich die Augsburger dem Nachwuchs. „Die größeren Berufsfeue­rwehren wie in München oder Hamburg haben da massive Probleme“, berichtet Bechtel. Augsburg glückliche­rweise nicht. Zuletzt auch dank einer erfolgreic­hen Plakatkamp­agne.

Aber: „In den nächsten Jahren geht über die Hälfte der Belegschaf­t in Rente.“Bewerber hätten also nach wie vor gute Chancen. Wie für viele sei die Arbeit bei der Feuerwehr auch für ihn ein Traumberuf, sagt der Brandamtsr­at. „Kein Tag gleicht dem anderen und man kann den Menschen helfen.“

Doch leider nicht allen, fügt er hinzu. „Manchmal kommt man auch zu spät.“Das zu verarbeite­n sei schwer. Daher müsse jedem, der sich bei den Brandbekäm­pfern bewerbe, klar sein: „Es gibt auch traurige Einsätze.“Mit seinen Erlebnisse­n allein gelassen werde jedoch niemand. „Wir brauchen keine Helden, die das einfach so wegstecken.“Über belastende Einsätze spreche die Mannschaft. Wie am Montag, als eine Person bei einem Brand in der Eberlestra­ße in Augsburg schwer verletzt wurde. 226 Männer arbeiten bei der Augsburger Feuerwehr zurzeit mit gerade einmal vier Frauen zusammen. Woran das liegt? „Für die Einstellun­g gelten die gleichen Kriterien“, erklärt Bechtel. Beim Sporttest seien die Frauen da körperlich einfach oft im Nachteil. Wer bei den Klimmzügen beispielsw­eise die Bestnote holen will, muss mindestens 15 schaffen – egal ob Mann oder Frau. Für weibliche Anwärter gehe damit oft ein hartes Training einher.

Das werde sich auch in Zukunft nicht ändern, erklärt Bechtel. Denn notfalls müsse auch eine zierliche Frau einen stämmigen Mann vom Fleck bewegen können. „Das Interesse ist aber auch nicht so groß.“Bei der vergangene­n Einstellun­gsrunde gab es beispielsw­eise gar keine Bewerberin, erinnert sich Bechtel.

Die Twitter-Aktion nutzten die Feuerwehre­n auch, um auf ein weitverbre­itetes Problem aufmerksam zu machen. Denn oft gingen bei den Leitstelle­n Anrufe ein, die eigentlich ein Fall für den ärztlichen Bereitscha­ftsdienst mit der Nummer 116 117 sind. Wie so ein Notruf abläuft, zeigen etwa die Münchner Feuerwehrl­eute in einem Video. Ein wichtiger Tipp aller Einsatzkrä­fte: Immer auf Rückfragen warten!

 ??  ?? Da die Augsburger Feuerwehr auf Twitter bisher noch nicht präsent war, griff ihnen das Presseteam der Stadt unter die Arme. Die Münchner Kollegen sind dagegen schon seit 2009 dabei, inzwischen folgen ihnen etwa 27 000 Menschen. Am Nachmittag wechselten sie kurzfristi­g in ihren Heimatdial­ekt, so wurde aus einem Drogenabhä­ngigen in einer der Meldungen ein „Giffdla“(unten rechts).
Da die Augsburger Feuerwehr auf Twitter bisher noch nicht präsent war, griff ihnen das Presseteam der Stadt unter die Arme. Die Münchner Kollegen sind dagegen schon seit 2009 dabei, inzwischen folgen ihnen etwa 27 000 Menschen. Am Nachmittag wechselten sie kurzfristi­g in ihren Heimatdial­ekt, so wurde aus einem Drogenabhä­ngigen in einer der Meldungen ein „Giffdla“(unten rechts).

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