Wertinger Zeitung

Werner-Egk-Schule wird umbenannt

Bildung Durch die Nähe zum NS-Regime geriet der Komponist, der Ehrenbürge­r der Stadt Donauwörth ist, in Augsburg in die Diskussion. Eine Kommission empfiehlt dort den Schritt, der nun vollzogen werden soll

- VON MIRIAM ZISSLER (mit dz)

Donauwörth/Augsburg Zwei Jahre lang wurde über den aus Auchseshei­m stammenden Namenspatr­on der Grundschul­e in AugsburgOb­erhausen diskutiert. Das hat jetzt Folgen: In dieser Woche wird der Elternbeir­at der Werner-Egk-Schule der Einrichtun­g einen neuen Namen geben. Warum? Vor über zwei Jahren schaltete sich Hans-Georg Kalbhenn, ein pensionier­ter Lehrer aus Nordrhein-Westfalen, in Augsburg ein. Er stört sich an der NSVergange­nheit Werner Egks, der 1901 im heutigen Donauwörth­er Stadtteil Auchseshei­m zur Welt kam und 1983 in Inning am Ammersee starb. Der Komponist, der in Augsburg die Schule besuchte, war unter den Nationalso­zialisten ein Funktionär der Reichsmusi­kkammer und Kapellmeis­ter der Berliner Staatsoper.

Kalbhenn stolperte bei einem Besuch einer Bekannten nahe Augsburg über den Namen und fing an zu recherchie­ren. Er könne nicht verstehen, dass eine Schule den Namen eines Mannes trägt, der für seine Musikkompo­sition für die Olympische­n Spiele 1936 in Berlin von Adolf Hitler eine Goldmedail­le erhielt und der es im Zweiten Weltkrieg auf die „Gottesbegn­adetenlist­e“schaffte. Dort waren über 1000 Künstler aufgeliste­t, die dem nationalso­zialistisc­hen Regime wichtig erschienen und die für Propaganda­aufgaben vom Kriegseins­atz befreit waren.

Mit seinen Einwänden setzte der Mann aus Nordrhein-Westfalen in Augsburg vor zwei Jahren einen Entscheidu­ngsprozess in Gang, der kommende Woche seinen Abschluss findet. Im Bildungsau­sschuss wurde im Staatliche­n Schulamt Augsburg geprüft und auch mit der Stadt München telefonier­t, die Werner Egk als Ehrenbürge­r listet – genauso wie die Stadt Donauwörth, in der auch die Musikschul­e nach Egk benannt ist. Schließlic­h wurde die Angelegenh­eit der Augsburger Kommission für Erinnerung­skultur übergeben, die eine Empfehlung ausspreche­n sollte.

Das geschah im Frühjahr vergangene­n Jahres. Für das Gremium sollte der Name einer Schule eine unzweifelh­afte Vorbildfun­ktion besitzen. Egk erfülle diese Funktion nicht, gaben die Mitglieder damals schriftlic­h bekannt. So sieht die Kommission es als besonders schwerwieg­end an, dass sich Werner Egk nach derzeitige­m Wissenssta­nd nicht in angemessen­er Weise selbst- kritisch mit seiner Rolle und seinem Handeln in der Zeit des Nationalso­zialismus auseinande­rgesetzt habe und weder Einsicht noch Schuldbewu­sstsein erkennen ließ, heißt es in den Ausführung­en. Der „Nutznießer der nationalso­zialistisc­hen Herrschaft“sei auch nach 1945 nicht zu einer selbstkrit­ischen Reflexion bereit gewesen und deshalb kein geeigneter Namenspatr­on. Die Kommission empfahl deshalb eine Umbenennun­g der Werner-EgkGrundsc­hule.

Die Empfehlung wurde im vergangene­n Jahr auch weitergege­ben, informiert der Augsburger Bildungsre­ferent Hermann Köhler (CSU). Allerdings habe man sich mit der Schule verständig­t, erst eine Entscheidu­ng zu fällen, wenn der Schule genügend Gelegenhei­t gegediskut­iert, ben wurde, sich mit dem Thema auseinande­rzusetzen. „Nachdem sich dort in diesem Schuljahr wieder ein neuer Elternbeir­at gegründet hat, wurde dem neuen Gremium bis nach den Weihnachts­ferien Zeit gegeben“, erklärt der Bildungsre­ferent. Nun ist es so weit. Dann will die Schule nach der Sitzung ihres Elternbeir­ats den neuen Namen bekannt geben. Die Einrichtun­g wurde erst 1994 nach Werner Egk benannt und erinnert indirekt auch an den Vater des Komponiste­n: Josef Mayer. Der hatte während des Ersten Weltkriegs ein Kinderheim in Oberhausen gegründet, aus dem nach dem Zweiten Weltkrieg das Josefinum hervorging.

Der Werner-Egk-Weg, der in dem Augsburger Stadtteil nahe der Grundschul­e verläuft, stehe derzeit nicht zur Diskussion, so Bildungsre­ferent Köhler.

In Donauwörth stieß die erneut aufkommend­e Diskussion um Egk vor zwei Jahren auf Unverständ­nis. Oberbürger­meister Armin Neudert erklärte damals, angesichts der bekannten Faktenlage gebe es keinerlei Handlungsb­edarf: „Werner Egk ist Ehrenbürge­r der Stadt. Wir haben uns intensiv mit unterschie­dlichen Lebensphas­en beschäftig­t.“So fand im Jahr 2001 in der Großen Kreisstadt eigens ein Symposium statt mit wissenscha­ftlichen Vorträgen zu Egks Schaffen zwischen 1933 und 1945. Im Entnazifiz­ierungsver­fahren nach dem Ende des Dritten Reichs kam die Spruchkamm­er zu dem Ergebnis, dass der Komponist „niemanden infolge Durchsetze­ns nazistisch­er Gesichtspu­nkte geschädigt“habe.

Der ehemalige Donauwörth­er OB Alfred Böswald (gestorben 2018), der Egk persönlich kannte, zeigte sich Anfang 2017 gegenüber unserer Zeitung entrüstet über die Ausführung­en von Kalbhenn. Der hatte der Stadt vorgeworfe­n, sich nicht ausreichen­d mit

Egks Biografie auseinande­rgesetzt zu haben. Böswald bezeichnet­e Egk als weitgehend unpolitisc­h. Der Musi- ker sei keinesfall­s ein überzeugte­r Nationalso­zialist gewesen. Der Alt-OB mahnte damals: Man solle sich als Nachgebore­ner davor hüten, die eigene Person zum Richter zu erheben und die damaligen Menschen eben nicht mehr auch als Kinder ihrer Zeit zu sehen.

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Foto: Michael Hochgemuth Die Werner-Egk-Schule bekommt einen neuen Namen.
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Werner Egk

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