Streit um Straßenausbaubeiträge
Verkehr Die Rechtslage ist umstritten: Wer muss die Kosten bei Altstraßen übernehmen?
München Die Straßenausbaubeiträge in Bayern sind eigentlich abgeschafft – und verursachen trotzdem weiterhin Konflikte zwischen Anwohnern und Kommunen. Vielerorts werden im Freistaat jetzt Straßen erneuert oder verbessert – sogenannte Altfälle – und die Kosten, die im Einzelfall im sechsstelligen Bereich liegen, auf die Anlieger der Straße umgelegt. Denn bei noch nicht abgerechneten Altfällen droht Verjährung.
Der Bayerische Städtetag und die Freien Wähler fordern jetzt eine Klärung der Rechtslage. Der Sprecher des Städtetags, Achim Sing, erklärte: „Viele Bürgermeister sehen sich mit einer hoch gespannten Erwartungshaltung von Bürgern konfrontiert, die jetzt denken, der Straßenbau kostet gar nichts mehr.“
Zum Hintergrund: Bei den Straßenausbaubeiträgen handelt es sich um Geld, das Kommunen von Anwohnern verlangen, wenn sie Ortsstraßen verbessern oder erneuern. Die Straßenausbaubeiträge waren seit Jahren umstritten. Denn bei der Sanierung von Gemeindestraßen flatterten den Anliegern oft hohe Rechnungen ins Haus – was viele nur mit großen Mühen zahlen konnten. Außerdem waren die Einwohner wohlhabender Kommunen privilegiert: In München zum Beispiel gab es die Ausbaubeiträge gar nicht.
Die Gebühren hatte der Landtag auf Druck der Freien Wähler rückwirkend zum 1. Januar 2018 abgeschafft. Bei Altfällen gilt derzeit aber noch die Regelung, dass Kommunen sie noch bis zum 1. April 2021 auf die Anlieger umlegen können. Aber nur unter der Bedingung, dass die erstmalige technische Herstellung der Straße nicht länger als 25 Jahre zurückliegt. Die Kommunen erhalten als Ersatz für die künftig fehlenden Ausbaubeiträge in diesem Jahr 100 Millionen Euro und ab 2020 jährlich 150 Millionen Euro aus der Staatskasse.
Ein Jahr nach der Abschaffung ist die Rechtslage umstritten. Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) habe den Eindruck erweckt, die Kommunen könnten bei Altstraßen auf die Erhebung von Beiträgen verzichten, sagte Achim Sing vom Städtetag. Es gebe hier aber keinen Ermessensspielraum. Das Erschließungsbeitragsrecht, das Haushaltsrecht und die Gemeindeordnung verpflichten die Kommunen, die Kosten umzulegen, betonte Sing.
Bürgermeister machten sich sogar strafbar und kämen in die Haftung, wenn sie auf die Umlage verzichteten. „Wir fordern eine zweifelsfreie Klarstellung, dass Kommunen und Bürgermeister nicht belangt werden, wenn sie nach dem Ausbau einer Altstraße keine Beitragsbescheide an die Anlieger verschicken“, sagt Sing.
Die Freien Wähler im Landtag wollen dazu noch im Februar einen Entwurf zur Änderung des Gesetzes in den Landtag einbringen. Das teilte deren kommunalpolitischer Sprecher Joachim Hanisch mit. Damit solle gesetzlich festgeschrieben werden, dass Kommunen nicht verpflichtet sind, Altstraßen noch vor dem Stichtag am 1. April 2021 fertigzustellen und mit den Anliegern abzurechnen.
Es soll damit klargestellt werden, dass Bürgermeister deshalb nicht wegen Amtsmissbrauchs vor Gericht landen. Auch Innenminister Joachim Herrmann (CSU) teilte diese Auffassung Anfang Februar in der Plenarsitzung des Landtags.