Sie unterstützt, wenn’s in Familien kriselt
Soziales Die 41-jährige Julia Unger leitet seit Herbst das Wertinger Familienbüro. Von programmiertem Vorgehen hält sie nichts. Vielmehr spürt sie nach, um was es wirklich geht. Erfahrungen sammelte sie bei ihrer Arbeit und als Mutter
Wertingen „Es gibt nichts Tolleres, als im Sommer, wenn’s regnet, in Pfützen zu hüpfen.“Julia Unger strahlt bei der Erinnerung daran. Und die 41-Jährige gibt zu: „Das mach ich auch heute noch.“Über ihrem Schreibtisch hängt eine Sammlung von Bildern, die wichtige Lebensaspekte abbilden. Spielen, kreativ und spontan sein, Ruhe finden und sich immer wieder mit der Natur verbinden – das alles gehört für die Sozialpädagogin zu einem gesunden Alltag. Ein Alltag, in dem Eltern und Kinder miteinander klarkommen, gemeinsam Konflikte lösen und Wege gehen können. Manchmal ist das leichter gesagt als getan. Dann springt Julia Unger auf Wunsch ein, berät und unterstützt. Im Herbst hat die 41-Jährige Birgit Sölch im Wertinger Familienbüro abgelöst, bietet regelmäßig Sprechstunden und Vorträge in der Zusamstadt an.
Zum Heimischwerden hat es nur wenig gebraucht. Aufgewachsen in Welden, hat Julia Unger bereits das Gymnasium in Wertingen besucht. Heute lebt sie mit ihrem Ehemann und drei Kindern (zwölf, zehn und
Sie selbst genießt den „Luxus zweier Omas“
acht Jahre) in Thierhaupten, fährt allerdings privat dreimal wöchentlich an die Zusam, wenn ihr Sohn das Turntraining in Buttenwiesen besucht. „Damit lassen sich berufliche Termine gut verbinden“, erzählt sie. Bereits in der Schulzeit hatte sie gemerkt, dass sie gut und gerne anderen Menschen zuhört. So entschied sie sich, Sozialpädagogik zu studieren. Ein weites Feld, aus dem sie sich schließlich ihr Spezialgebiet aussuchen konnte. Welches das ist, hatte sich im Studium sehr schnell herauskristallisiert: „Ich will mit Familien arbeiten.“Zunächst arbeitete sie für das berufliche Fortbildungszentrum (bfz) Augsburg, unterstützte Jugendliche und später Erwachsene bei Umschulungen und Veränderungen im Berufsleben. Nach zehn Jahren und einer einjährigen Kinderpause wechselte Julia zu St. Gregor. Die gemeinnützige Kinder-, Jugend- und Familienhilfe bietet unter anderem „aufsuchende Erziehungshilfe“an. „Hier gehen wir nach Hause zu Familien, in denen es gerade nicht so rund läuft, und schauen, wie’s besser funktionieren kann.“Es war eine Zeit, in der die 41-Jährige wertvolle Erfahrungen sammelte. Heute koordiniert sie die Familienbesuche für die Region Nord.
Konkret mit Eltern und Kindern arbeitet sie dafür im Familienbüro Wertingen, das die Stadt finanziert. Viele Termine kann die dreifache Mutter hier auf den Vormittag legen. Ansonsten genießt sie den „Luxus zweier Omas“, zu denen ihre eigenen Kinder gehen können, während sie selbst arbeitet. „Das macht vieles einfach wesentlich leichter“, weiß Unger. Ihre Aufgaben im Wertinger Familienbüro sind vielfältig. Zum einen organisiert die Sozialpädagogin Vorträge für Eltern und Schwangere. Zum anderen bietet sie Eltern und Erziehenden kostenfreie Gespräche an – „für alle Fragen rund um das Thema Familie“. Dienstags zwischen 9.30 und 11 Uhr kann vorbeikommen, wer einfach eine Frage hat oder „wenn’s bei jemandem arg brennt“. Ansonsten macht Julia Unger Termine aus. In der Regel kann sie innerhalb einer Woche ein Gespräch anbieten. Hier gehe es oft um Erziehungsfragen. „Wie gehe ich damit um, dass mein dreijähriges Kind sich nicht mehr die Zähne putzen lassen will oder jedes Bettgehen zum Drama wird.“Oftmals kommen die Menschen auch in Trennungs- und Scheidungssituationen zu ihr. Oder sie bitten sie, ihnen beim Ausfüllen von Anträgen zu helfen. „Quer durch alle Schichten“sind die HilfsanfraUnger gen. Ungeborene, kleine und große Kinder stehen im Fokus. Teilweise vermittelt Julia Unger weiter an spezialisierte Stellen, manchmal löst sich ein Problem mit nur einem Gespräch. Und andere Anliegen benötigen mehrere persönliche Treffen.
Jahrzehntelange Erfahrung hat sie gelehrt: „Wenn ich einen festen Ablauf abspulen will, fahre ich sauber gegen die Wand.“Bei jeder Familie gehe es um etwas anderes. Oftmals bekomme sie erst etwas ganz anderes präsentiert als das, um was es wirklich geht. Hier gilt’s für sie, unter die Oberfläche zu schauen.
„Heute bin ich tatsächlich am richtigen Fleck“, sagt die 41-Jährige mit Blick auf ihre Arbeit. „Denn was ich mache, mache ich richtig gerne.“Angesprochen auf die eigene Familie, kommt Julia Unger ins Schmunzeln. „Hier fehlt der fachliche Abstand.“Offen gibt sie zu: „Manchmal tappe ich in die gleichen Fallen wie die anderen Eltern.“Kein Studium bewahre einen davor. Dafür könne sie in vielen Fällen ehrlich sagen: „Das verstehe ich, weil ich’s kenne.“Gleichzeitig hinterfragt die 41-jährige Mutter ihr eigenes Handeln immer wieder, was es nicht unbedingt leichter mache: „Ich habe einen hohen Anspruch an mich als Mama“, merkt die 41-Jährige dabei. Wenn sie reflektiert, was in Familien alles passieren kann, entspannt sie sich. „Dann werde ich sehr demütig.“
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Erreichbar ist Julia Unger unter 08272/9932973, 0159-04987236 oder per E-Mail: fbw@st-gregor.de. Einfach vorbeikommen kann man dienstags von 9.30 bis 11 Uhr. Das Familienzentrum befindet sich in der Josef-FrankStraße 3, oberhalb des Jugendzentrums. Das Angebot ist kostenfrei.