Ein Hoffnungsschimmer für Finn
Schicksal Der kleine Bub, der schwer krank auf die Welt kam, lebt mit seiner Mama in einem Kinderhaus in der Oberpfalz – weil es keine Pflegekräfte für eine Versorgung zu Hause gibt. Wie nun eine Dillinger Einrichtung helfen will
Dillingen Mit seinen großen blauen Augen schaut er in die Kamera. Verschmitzt lächelt der kleine Bub. Die winzigen Zähnchen spitzeln hervor. Um seinen Hals ist ein weißes Lätzchen gewickelt, der Schnuller liegt bei seinen Spielsachen. Finn sieht auf dem Foto glücklich aus. Wie ein ganz normales Kind in seinem Alter. Die zwei Schläuche, die von seinem Hals wegführen, übersieht man fast. Dabei sind sie lebenswichtig für das acht Monate alte Baby und zugleich der Grund, warum es nicht mit seinen Eltern in Dillingen lebt, sondern mit Mama in einem Heim für intensivpflichtige Kinder in Amberg in der Oberpfalz. Die Geschichte des kleinen Finn, der schwer krank auf die Welt gekommen ist, bewegt die Menschen. Viele nehmen Anteil an seinem Schicksal. Vor allem die Tatsache, dass es kein Pflegepersonal gibt, das eine Rundumversorgung im heimischen Dillingen sicherstellen kann. Und deshalb der kleine Kämpfer seit seiner Geburt noch nie zu Hause in seinem eigenen Bettchen lag. Doch nun gibt es endlich einen Hoffnungsschimmer.
Finn ist am 30. Mai 2018 um 19.09 Uhr per Notkaiserschnitt im Zentralklinikum in Augsburg zur Welt gekommen. Er hatte eine viel zu kleine Lunge. Mit dem ersten Atemzug kollabierte das Organ, und der Bub musste sofort intubiert werden. Es war fraglich, ob er seine erste Nacht überlebt. Finn muss seither 24 Stunden beatmet werden. Für die Dillinger Familie änderte sich mit einem Schlag die Zukunftsperspektive. Und es begann ein Kampf. Ein halbes Jahr lag er in dem Intensivzimmer in Augsburg, weil es keinen Pflegedienst gibt, der die Versorgung von Finn zu Hause gewährleistet. Verzweifelt sucht seine Familie, kontaktiert Einrichtungen in ganz Deutschland, macht öffentliche Aufrufe, muss Diskussionen mit der Krankenkasse führen. Kurz vor Weihnachten musste der Bub dann in einer Hauruck-Aktion aus der Klinik raus. Gemeinsam mit Mama Nicole lebt er seither 175 Kilometer weit weg von Papa und dem Zuhause in Dillingen. Finn ist im Kinderhaus Ninos in Amberg in der Oberpfalz – auf Wunsch der Familie. „Wir mussten aus dem Krankenhaus raus. Das ist nicht nur für Finn wichtig, sondern auch für andere Kinder. Wir mussten den Platz frei machen“, erzählt Mama Nicole.
Mittlerweile sind einige Wochen vergangen, Finn und Mama haben sich in ihrer neuen Heimat eingelebt. „Finn geht es immer besser, und er wickelt auch hier alle um seinen Finger“, erzählt die 38-Jährige. Ihr Sohn lacht viel, zeigt seine süßen Grübchen und schafft es sogar, durch seine Kanüle im Hals Geräusche zu machen. „Wie auch immer“, sagt Nicole und lacht. Mittlerweile greift er nach kleinen Gegenständen, ist voll ansprechbar und psychisch fit – wenn auch nicht altersentsprechend. Wie es ihm körperlich geht, sei schwer einzuschätzen, in den nächsten Wochen steht eine Kontrolle in Augsburg an. Sein Beatmungsgerät muss neu eingestellt werden. Von morgens bis abends kümmert sich Mama Nicole um ihren Schützling, bei Bedarf sind ausgebildete Schwestern 24 Stunden, sieben Tage die Woche, an ihrer Seite. „Im Grunde mache ich das Gleiche wie ganz normale Mamis, zu Hause sind. Nur sind wir nicht zu Hause. Wir fühlen uns sehr wohl hier, aber daheim sind wir nicht.“Auch nicht, weil der Papi fehlt. Der fährt jedes Wochenende zu seiner kleinen Familie in die Oberpfalz. Das soll sich so schnell wie möglich ändern.
Die Familie lässt keinen Versuch aus, um diesen Wunsch Realität werden zu lassen. Aber entweder es fehlt an Pflegekräften oder am Pflegedienst, der das Fachpersonal hat oder anstellt. Auch die Idee, dass Nicole eine Art Ich-AG gründet und selbst einstellt, ist von Amberg aus schwer zu organisieren. „Es ist nicht ausgeschlossen, aber ich bin einfach nicht vor Ort in Dillingen, und dann ist es sehr kompliziert“, sagt sie. Doch sie hatte in den vergangenen Wochen eine weitere Idee. Und hat mit Matthias Kandziora einen Ansprechpartner gefunden, der sie unterstützen will – und vielleicht kann. Kandziora ist der stellvertretende Gesamtleiter von Regens Wagner. Die Dillinger Einrichtung hat bereits einen ambulanten Pflegedienst, kann aber damit keine Behandlungspflege anbieten. Kinder wie Finn brauchen aber eine medizinische Versorgung. „Wir haben dafür nicht genügend Pflegefachkräfte. Wir planen aber schon länger, solch einen spezifischen Pflegedienst einzurichten. Aber auch wir brauchen das Personal dazu“, erklärt er. Für ihn sei wichtig, dass bei solch einem Angebot, wenn es dann zustande kommt, viele andere Kinder davon profitieren könnten. Grundsätzlich sei das aber nicht so leicht, Regens Wagner habe das sogenannte Bundie desteilhabegesetz vor der Brust, und es stelle sich die Frage, ob Menschen mit Behinderung eine Pflegeleistung oder eine Eingliederungshilfe bekommen. „Da Finn später Regens Wagner vermutlich so oder so braucht, wollen wir mithelfen. Wenn es im Landkreis Dillingen ein kleines Kind gibt, das unsere Hilfe braucht, wollen wir alles versuchen – aber natürlich können wir leider nicht alle Wünsche und Bedürfnisse erfüllen“, sagt der stellvertretende Gesamtleiter. Im besten Fall könnten aber laut Kandziora alle Menschen mit Behinderung, die jetzt von anderen Pflegediensten schon nicht bedient werden können, profitieren.
Regens Wagner sucht nun offensiv – intern wie auch extern – nach Pflegefachkräften. Um den ambulanten Pflegedienst anbieten zu können, braucht Matthias Kandziora in der Summe drei Vollzeitkräfte. Zumindest wäre das die erste Hürde. „Es stellen sich dann noch tausend Anschlussfragen. Aber grundsätzlich müssen die Leute für Regens Wagner arbeiten wollen, Finn wäre dann ein Kunde. Aber auch mir sind die Hände gebunden, wenn ich keine Fachkräfte bekomme.“Trotzdem wolle die Dillinger Einrichtung nun diesen Schritt mit der offiziellen Suche machen mit der Hoffnung, dass Regens Wagner als anerkannter Träger, der nach Tarif zahlt, ein Pfund sei. Und: „Wenn ich Bedürftigkeit in unserer Region sehe und angesprochen werde, dann möchte ich auf jeden Fall versuchen zu helfen. Das empfinde ich auch als Auftrag von Regens Wagner.“
Und für Finn und seine Familie ist es ein Hoffnungsschimmer. Mama Nicole ist dankbar, dass Regens Wagner mindestens den Versuch startet. „Ich habe meine Kontakte und Bewerbungen auch weitergegeben. Aber es ist nicht so einfach. Viele sind abgesprungen, weil es immer so ein Hin und Her ist“, erzählt Mama Nicole. Wie berichtet, gab es bereits einen anderen Träger, der mit genügend Pflegepersonal einen ambulanten Dienst anbieten wollte. Das ist aber kurzfristig geplatzt. „Ich bleibe weiter dran und hoffe, dass sich noch mehr Menschen melden“. Gesucht sind ausgebildete Pflegekräfte, die im Schichtmodell arbeiten wollen. Der Wunsch der Dillinger Familie war es, bis Ostern zu Hause zu sein. Das wird wohl aber knapp. „Aber wir haben wieder ein wenig Hoffnung, und mit Regens Wagner hätten wir Profis, die vielen Kindern helfen könnten. Und im besten Fall auch unserem Finn.“» Kommentar
Vielen nehmen Anteil an seinem Schicksal
ISie wollen sich bewerben? Dann melden Sie sich bei Regens Wagner. Die Internetadresse mit allen Kontaktdaten lautet: www.karriereportal.regens-wagner.de