Kopfrechnen statt Muskelkraft
Selbsttest Die „Steeldarter“aus Kühlenthal sind einer der wenigen Vereine, die ihrem Hobby nicht in der Kneipe nachgehen, sondern seit kurzem ein eigenes Heim haben. Beim Test wurde es allerdings beschädigt
Kühlenthal Im vergangen Jahr hat Bauer Bernhard aus dem Weiler Ahligen mit seiner Teilnahme bei der Fernsehshow „Bauer sucht Frau“dafür gesorgt, dass Kühlenthal zu bundesweiter Bekanntheit gekommen ist. Die 851-Einwohner-Gemeinde im nördlichen Landkreis Augsburg hat aber noch eine weitere Besonderheit zu bieten. Die „Steeldarter“Kühlenthal dürften einer der wenigen Dart-Clubs sein, der über ein eigenes Vereinsheim verfügt. Ansonsten wird das Spiel mit den bunten Pfeilen meist in Kneipen gespielt. So sehen auch die Protagonisten Michael van Gerwen, Peter Wright, Michael Smith oder Dave Chisnall eher wie Türsteher zwielichtiger Etablissements aus, statt wie Spitzensportler, die jede Menge Geld scheffeln und von einer großen Fangemeinde bejubelt werden. Während in Kneipen und Gaststätten meist E-Dart gespielt wird, bei dem Plastikpfeile auf eine elektronische Zielscheibe geworfen werden und die Maschine auch die Punkte zählt, wenn der Pfeil herunter fällt, wird beim Steeldart mit Stahlpfeilen auf ein Board aus Sisal geworfen.
Vier davon stehen nebeneinander im Kühlenthaler Vereinsheim, das die 21 Mitglieder um Vorsitzenden Rainer Müller in unzähligen Stunden Eigenleistung erbaut haben. Es läuft Rockmusik. Unterbrochen von einem „tock, tock, tock“. So hört es sich nämlich an, wenn die drei Pfeile nacheinander auf dem Board einschlagen. Anschließend läuft der Werfer zu einem Laptop und gibt die erreichte Punktzahl ein. Auf einem Bildschirm wird der Spielstand angezeigt.
Sinn des Spieles ist es übrigens nicht, wie beim Schießen, möglichst genau in die Mitte zu treffen. Der Dartspieler versucht in erster Linie den inneren, schmalen Ring der in 20 kuchenstückartige Felder unterteilten Zielscheibe zu treffen. Dort zählen die Punkte nämlich dreifach. Im äußersten, schmalen Ring wird doppelt gezählt. Trifft man die Triple-20, werden 60 Punkte gutgeschrieben.
Diese Rechenspielchen sind wichtig, gilt es doch bei jedem Leg, den Anfangspunktestand von 501 auf Null herunter zu spielen. Bei Wettkämpfen gewinnt, wer als erstes drei Legs gewonnen hat. „Triple is funny, but double makes the money“steht auf einem Holzbalken. wenn dann man von 501 auf 180 herunter gespielt ist, geht es darum, mit genau der verbliebenen Punktezahl „aus“zu machen. Nicht mehr und nicht weniger. Und da kann ein zurückliegender Spieler oft nochmals herankommen. „Profis machen mit 15 Pfeilen fertig, wir brauchen um die 30“, grinst Josef Sauler. Neben dem guten Auge ist deshalb beim Dartspielen auch Kopfrechnen gefragt. „Dart ist zu 50 Prozent Können, zu 50 Prozent muss man mental auf der Höhe sein“, sagt Josef Sauler, der mich zu- sammen mit den anderen in die Grundzüge des Spiels einweist. „Zuerst musst du dein Zielauge bestimmen“, sagt Uwe Karmazin. Dazu deckt man das „Bulls Eye“mit dem Daumen zu und schließt dann abwechselnd ein Auge nach dem anderen. Bei welchem Auge der Daumen das Ziel weiterhin bedeckt, mit dem nimmt man dann das Ziel ins Visier. „Als Rechtshänder musst du den rechten Fuß nach vorne nehmen und dann mit dem Arm aus dem Ellenbogen heraus durchziehen. Das ist wie beim Schalten im Auto. GeDenn nau im richtigen Drehmoment.“Ok, verschalten! Mein erster Pfeil trudelt durch die Luft und schlägt in die frisch getünchte Wand. Das neue Vereinsheim beschädigt. „Du musst den Pfeil so halten, wie einen Bleistift beim Schreiben“, lautet eine Empfehlung der Profis. Rund zehn Spieler haben sich inzwischen eingefunden, um zu trainieren. Sie spielen in drei Mannschaften, die für die „Steeldarter“mittlerweile in den Ligen des Nordschwäbischen Dartverbands antreten. „Dart ist eine sehr trainingsintensive Sportart. Wenn man vier Wochen nicht gespielt hat, sieht alles ganz anders aus“, erklärt der bald 70-jährige Peter Franz, der erst vor zwei Jahren mit dem Darten begonnen hat. Plötzlich Aufregung. Josef Sauler ist ein Triple-20 gelungen. Alle drei Pfeile sind aus 2,40 Meter in dem gleichen kleinen Feld gelandet. Das macht 180 Punkte. „Gut, dass es kein neues Board war. Wer nämlich als erstes darauf 180 Punkte wirft, muss einen Kasten Bier bezahlen“Dafür komme ich bestimmt nicht in Frage.