Video von Gerhard Polt geteilt: Zusamtaler angeklagt
Prozess Es geht um einen Clip des Kabarettisten mit Bildern von Adolf Hitler. Ist das nicht Satire?
Dillingen Im Frühjahr 2017 hatte ein 23-Jähriger aus einer Gemeinde im Zusamtal in einer WhatsApp-Gruppe mit acht Mitgliedern einen Videoclip geteilt, auf dem Adolf Hitlers bei einer Rede zu sehen ist. Angelehnt an den vor Jahren erschienenen und tausendfach im Internet verbreiteten Clip „Leasingvertrag“von Gerhard Polt war darauf jedoch nicht die Stimme Hitlers zu hören. Diese war stattdessen mit witzigen Sprüchen des bekannten Kabarettisten hinterlegt.
Reicht das Weiterschicken dieses Videos, um sich strafbar zu machen? Der junge Mann musste sich nun jedenfalls vor dem Dillinger Amtsgericht verantworten. Gegen ihn war nach Verbreiten des Clips ein Strafbefehl wegen des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen erlassen worden. Dagegen hatte er über seinen Verteidiger Einspruch eingelegt.
In der Gerichtsverhandlung zeigte Richterin Alexandra Wittl das betreffende Video auf einem Laptop. Daraufhin war der Prozess sehr schnell vorbei. Er endete mit einem eindeutigen Freispruch für den 23-Jährigen – nicht einmal zehn Minuten nach Beginn der Verhandlung. Der Anwalt des Angeklagten hatte ausgeführt, dass im vorliegenden Fall keine Straftat vorliegen kann, da es sich bei dem Clip eindeutig um Satire von Gerhard Polt handelt, die keinesfalls den angeklagten Straftatbestand, sondern gerade das Gegenteil davon, nämlich ein „Lustigmachen“über Hitler durch Polt, darstellen würde. Er forderte deshalb einen Freispruch für seinen Mandanten. Dem schlossen sich auch die Vertreterin der Staatsanwaltschaft, Manuela Kaiser, und das Gericht sofort an.
Die Richterin erklärte in ihrer Begründung, dass es aufgrund eines „bedauerlichen Missverständnisses“zu dem Strafbefehl gegen den Angeklagten gekommen war. Weder sie noch die Staatsanwaltschaft hätten den betreffenden Videoclip vor der Hauptverhandlung zu sehen bekommen. Nach dessen Ansicht war aber sofort klar, dass in diesem Fall nur ein Freispruch für den 23-Jährigen infrage kommen würde. Die entstandenen Kosten für das Verfahren trägt die Staatskasse. „Es tut mir leid“, sagte Wittl. „Die Staatsanwaltschaft und ich waren beide auf dem falschen Dampfer.“
Der Angeklagte nahm es den Vertretern der Justiz offenbar nicht allzu übel. Auf die Frage der Richterin, ob er sich vor dem Urteil noch selbst äußern möchte, grinste er. „Alles gut.“
Bei einer Verurteilung für das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen wäre eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder eine Geldstrafe möglich gewesen.
Die Richterin entschuldigt sich