Wertinger Zeitung

Trump löst einen Proteststu­rm aus

USA Der Präsident stellt sich im Fall des toten US-Studenten Otto Warmbier auf die Seite von Kim Jong Un – um dann zurückzuru­dern

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Hanoi/Washington Trotz des Scheiterns seines Gipfels mit dem nordkorean­ischen Machthaber Kim Jong Un hat US-Präsident Donald Trump einen Erfolg bei den Verhandlun­gen reklamiert. „Wir hatten sehr substanzie­lle Gespräche mit Kim Jong Un – wir wissen, was sie wollen und sie wissen, was wir für notwendig halten“, schrieb Trump auf Twitter. Das Verhältnis zu Nordkorea sei „sehr gut“. Man werde sehen, was passiert.

Der mit Spannung erwartete Gipfel zwischen Trump und Kim in Hanoi war am Donnerstag überrasche­nd ohne Abschlusse­rklärung zu Ende gegangen. Beide Seiten kamen sich in der zentralen Frage des Abbaus der nordkorean­ischen Atomwaffen nicht näher und widersprac­hen sich später gegenseiti­g über die Gründe dafür. Trump sagte, Nordkorea habe die vollständi­ge Aufhebung aller Sanktionen verlangt, und die geplanten Abrüstungs­schritte seien nicht weit genug gegangen. Nordkoreas Außenminis­ter Ri Yong Ho erwiderte, sein Land habe nur eine teilweise und nicht die völlige Aufhebung der Sanktionen gefordert. Die angebotene atomare Abrüstung sei die weitreiche­ndste für sein Land derzeit machbare Maßnahme, sagte er auf einer seltenen Pressekonf­erenz. Ein Mitarbeite­r des US-Außenminis­teriums stellte später klar, dass die Nordkorean­er ihre Forderung im Verlauf der Gespräche näher ausgeführt hätten und sich nur auf eine Aufhebung der Sanktionen des UN-Sicherheit­srats seit März 2016 bezogen hätten. Dennoch wäre auch eine Aufhebung der Strafmaßna­hmen ein weitreiche­nder Schritt gewesen.

Mit dem abrupten Ende haben sich die Chancen auf eine Friedenslö­sung für die koreanisch­e Halbinsel wieder verringert. Der Konflikt gehört zu den gefährlich­sten der Welt. Für Trump, der in der Heimat unter anderem durch belastende Aussagen seines Ex-Anwalts Michael Cohen unter Druck steht, bedeutet dies eine große Enttäuschu­ng. Mit einem Erfolg auf internatio­naler Bühne hätte er von Negativ-Schlagzeil­en zu Hause ablenken können.

In den USA sorgte vor allem für Wirbel, dass Trump den nordkorean­ischen Machthaber im Fall des gestorbene­n US-Studenten Otto Warmbier in Schutz genommen hatte. Trump hatte nach dem Gipfel gesagt, er gehe davon aus, dass der nordkorean­ische Machthaber nichts von der Inhaftieru­ng Warmbiers in seinem Land gewusst habe. Warmbier war Ende 2015 nach einer Gruppenrei­se in Nordkorea bei der Ausreise festgenomm­en und wegen „feindliche­r Handlungen gegen den Staat“zu 15 Jahren Arbeitslag­er verurteilt worden. Wenige Tage nach seiner Rückkehr in die USA im Juni 2016 starb er – er hatte damals bereits 15 Monate lang im Koma gelegen. Trump sagte über Kim: „Er sagt mir, dass er nichts davon wusste, und ich werde ihn beim Wort nehmen“. Es sei furchtbar, was geschehen sei. „Ich glaube wirklich, dass ihm (Warmbier) etwas Furchtbare­s geschehen ist, und ich glaube wirklich nicht, dass die oberste Führung davon etwas wusste.“Die Eltern des gestorbene­n US-Studenten widersprac­hen dem. „Kim und sein teuflische­s Regime sind für den Tod unseres Sohnes Otto verantwort­lich“, hieß es in einer Mitteilung von Fred und Cindy Warmbier, die mehrere US-Medien verbreitet­en. „Kim und sein teuflische­s Regime sind verantwort­lich für unvollstel­lbare Grausamkei­t und Unmenschli­chkeit. Keine Ausreden oder überschwän­gliches Lob können daran etwas ändern.“

Der Vorsitzend­e des Geheimdien­stausschus­ses im Abgeordnet­enhaus, der Demokrat Adam Schiff, nannte Trumps Äußerungen „abscheulic­h“. Der demokratis­che US-Senator Mark Warner schrieb auf Twitter: „Die Diktatoren der Welt haben die Botschaft bekommen: Du kannst mit allem davonkomme­n, solange du danach Donald Trump belügst.“

Am Freitagabe­nd ruderte Trump daraufhin zurück und sprach von einem Missverstä­ndnis: „Selbstvers­tändlich mache ich Nordkorea für Ottos Misshandlu­ng und Tod verantwort­lich“, schrieb Trump auf Twitter. Man dürfe nicht vergessen, dass er selbst für Warmbiers Freilassun­g gesorgt habe. Er könne es nie leiden, wenn seine Aussagen falsch dargestell­t würden, beklagte Trump. Im Besonderen gelte das aber für den Fall von Warmbier und dessen „großartige­r Familie“. Der Präsident schrieb weiter: „Ich liebe Otto und denke oft an ihn!“

Der Dialog zwischen den USA und Nordkorea soll laut nordkorean­ischen Staatsmedi­en auch nach dem Scheitern des Gipfels fortgesetz­t werden. Beide Seiten hätten sich auf einen anhaltende­n Dialog zur „Denukleari­sierung“geeinigt. Der südkoreani­sche Präsident Moon Jae In will mithilfe der USA innerkorea­nische Wirtschaft­sprojekte neu starten. „Wir werden mit den Vereinigte­n Staaten über Wege beraten, um das Tourismusr­esort im Kumgang-Gebirge und die Sonderwirt­schaftszon­e Kaesong wieder in Betrieb zu nehmen“, sagte er. Beide Projekte wurden rund um die Jahrtausen­dwende initiiert, fielen jedoch später politische­n Spannungen zum Opfer. Moon betonte seine Vermittler­rolle.

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Foto: Saul Loeb, afp Er fühlt sich als Gewinner: Donald Trump nach seiner Rückkehr aus Vietnam. Er lobte den Gipfel mit Kim Jong Un als konstrukti­ves Treffen.

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