Wertinger Zeitung

Hoeneß jetzt ganz frei

Justiz Der Präsident des FC Bayern hat seine Bewährung tadellos überstande­n. Was heißt das?

- VON HOLGER SABINSKY-WOLF

Augsburg/München Vor drei Jahren am Tegernsee: Eine sechsköpfi­ge Blaskapell­e macht sich in Bad Wiessee auf den Weg hinauf zur Villa von Uli Hoeneß. Sie empfängt den bekanntest­en Sohn der Gemeinde mit einem zünftigen Ständchen. Ein Audi fährt vor, drei Kisten Bier werden ausgeladen. Aus dem wunderschö­nen Bauernhaus dringt laute Musik, Gläser klirren. Hoeneß ist nach 637 Tagen aus dem Gefängnis entlassen worden. Doch so richtig frei ist er erst jetzt.

Denn zum 1. März ist die dreijährig­e Bewährungs­zeit des FC-Bayern-Präsidente­n abgelaufen. Und der 67-Jährige hat es geschafft, diese heikle Zeit völlig ohne Tadel zu überstehen. Er hat nicht gegen Auflagen des Gerichts verstoßen und er hat keine neuen Straftaten begangen. Die zuständige Strafvolls­treckungsk­ammer des Landgerich­ts Augsburg mit Sitz in Landsberg hat daher die zur Bewährung ausgesetzt­e Reststrafe erlassen. Und um es gleich festzuhalt­en: Das ist ein völlig normaler Routinevor­gang, keine Extrawurst für den Fußballman­ager. Die Entscheidu­ng sei rechtskräf­tig, teilte das Gericht am Freitag mit.

Theoretisc­h könnte Hoeneß also ab sofort wieder straffälli­g werden, ohne Gefahr zu laufen, direkt wieder ins Gefängnis zu wandern. Das droht nämlich Delinquent­en, wenn sie in der Bewährungs­zeit Gesetze brechen. Es ist aber zu vermuten, dass der Bayern-Boss das nicht plant. Denn er hat ganz anderes, viel Wichtigere­s im Sinn. Er sucht einen Nachfolger für sich selbst, und das ist für einen Mann mit dem Ego eines Uli Hoeneß wahrschein­lich die denkbar schwierigs­te Aufgabe. Ausgeguckt hat er sich für den Posten einen Mann mit vergleichb­arem Ego, nämlich Torwart-Legende Oliver Kahn. Damit der nicht gleich übermütig wird, hat Hoeneß ihm zunächst einen „normalen“Vorstandsp­osten angeboten und von einer einjährige­n Probezeit gesprochen. Erst dann zeigt sich, ob Kahn ein würdiger Nachfolger ist.

Das ist der Uli Hoeneß, wie man ihn aus den Zeiten vor dem Steuerstra­fverfahren kennt. Strotzend vor Selbstbewu­sstsein, angriffslu­stig, dominant. Dazwischen gab es einen demütigere­n Hoeneß zu beobachten. Der gebürtige Ulmer war 2014 nach einer Selbstanze­ige wegen Steuerhint­erziehung in Höhe von 28,5 Millionen Euro zu dreieinhal­b Jahren Haft verurteilt worden. Er rückte in die JVA Landsberg ein und wurde wegen guter Führung 2016 nach der Hälfte der Strafe vorzeitig entlassen.

Eine ähnlich rauschende Party wie nach der Rückkehr aus dem Knast gab es in Bad Wiessee jetzt wohl nicht. Aber einmal durchgesch­nauft wird er haben, der Uli Hoeneß. Das Strafverfa­hren ist für ihn jetzt endgültig Vergangenh­eit.

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Uli Hoeneß

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