Ganz Österreich schwelgt im Dreivierteltakt
Gesellschaft Alles Walzer und ein bisschen Politik: Das geschah hinter den Türen des Opernballs
Wien Kunst, Wirtschaft und auch ein wenig Politik – die Melange stimmte beim 63. Wiener Opernball am Donnerstagabend. Im schönsten Ballsaal der Welt wurden mit dem Ball der Bälle die Feiern zum 150. Geburtstag der Staatsoper eröffnet. 5150 Gäste, Ballkleider in Edelsteinfarben, kulinarische Novitäten und musikalische Traditionen machten ihn so glanzvoll wie eh und je.
Etwas ganz Besonderes bot die Balleröffnung der 144 jungen Debütantenpaare aus dreizehn Ländern. Maria Santner, die Choreografin aus Oberösterreich, setzte auf den „Kai- ser-Franz-Joseph-I.-Rettungs-Jubel-Marsch“und erstmals auf „sehr riskante“Hebefiguren einiger Tanzpaare zur Melodie der Kaiserhymne. Sie glückten ohne Verletzungen. Leicht verletzt hatte sich allerdings Elle Macpherson, die Opernball-Urgestein Richard Lugner, 86, begleitete. Das australische Model war am Vortag vor der Autogrammstunde im Einkaufszentrum „Lugner City“auf einer Treppe gestolpert. Trotz Schmerzen am Fuß verzichtete sie weder auf High Heels noch aufs Tanzen. Zu einem Tanz mit Lugner konnte sie sich erst um kurz vor Mitternacht durchringen. Sie habe „Mörtel“, der sich selbst als schlechten Tänzer bezeichnet, nicht blamieren wollen, sagte sie. Der war aber völlig begeistert. Schön und pünktlich sei sie, der „freundlichste Gast, den ich je hatte“, so Lugner.
Höhepunkt des Programms war das bedeutendste Opernpaar der Gegenwart: Anna Netrebko und Yusif Eyvazov. Den in Algier geborenen Aserbaidschaner bejubelten die Ballbesucher für Puccinis Arie „Nessun dorma – niemand schlafe“. Die Netrebko bezauberte ihre Fans nicht nur mit ihrer Stimme, sondern mit gleich drei verschiedenen großen Roben. Eine trug sie schon zum zweiten Mal, erkannten Beobachter. Schließlich war es schon Netrebkos dritter Auftritt beim Opernball. Hier sei sie „Cinderella für eine Nacht“, sagte sie. Für sie, Ehemann Eyvazov und Sohn Tiago stand am Tag nach dem Ball die Hofreitschule auf dem Programm.
Welches Programm Altkanzler Gerhard Schröder neben dem Ball absolvierte, weiß man nicht. Für Interviews habe er keine Zeit, hieß es beim österreichischen Mineralölkonzern ÖMV, in dessen Loge er saß. Während der Eröffnung schien er nur auf das Kommando „Alles Walzer“zu warten. Dann drängte es ihn aufs Tanzparkett. Lachend genoss er mit seiner fünften Gattin, So-yeon Kim im tief dekolletierten hellen Seidenkleid, Kameras und Blitzlichtgewitter. Weniger tanzfreudig war Sebastian Kurz. Er absolvierte mit seiner Freundin Susanne Thier in roter Robe schon seinen zweiten Opernball als Kanzler. Tanzen wolle er nicht, darin sei er nicht gut. Sein Justizminister Josef Moser hatte Sängerin Conchita Wurst alias Tom Neuwirth in seine Loge geholt. Conchitas Outfit wurde zum Aufreger, denn sie erschien mit Glatze und in einem tief ausgeschnittenen Hosenkleid. Sie wolle mit ihrem Besuch zur Wahl des Europäischen Parlamentes aufrufen, sagte sie. Die Politiker selbst nutzten den Ball ausnahmsweise nur zum Feiern.