Wenn Neid tödlich ist
„Borowski und das Glück der Anderen“
ARD, 20.15 Uhr Der Zuschauer weiß in „Borowski und das Glück der Anderen“mehr als die Kommissare. Kein Wunder, machen Drehbuch und Regie ihn doch zum Augenzeugen eines Mordes. Einer Kurzschlusshandlung der Supermarktkassiererin Peggy Stresemann. Weil der wohlhabende Nachbar Thomas Dell die frustrierte Mittvierzigerin beim Einbruch in seinem schicken Haus überrascht und blöd anredet: „Sind Sie unsere neue Putzfrau?“Gleich mehrere Schüsse gibt die gekränkte Peggy auf ihn ab.
Wenig später kommt Ehefrau Victoria nach Hause. Blutüberströmt liegt ihr Mann auf dem Bett, die Wand bis an die Zimmerdecke rot bespritzt. Der Kieler Hauptkommissar Klaus Borowski (Axel Milberg) kann sich nicht vorstellen, dass die Ehefrau die Mörderin ist, zumal sie selbst den Notruf gewählt hat. Seine junge Mitarbeiterin Mila Sahin (Almila Bagriacik) verdächtigt die frisch geschminkte Victoria Dell der grausamen Tat.
Rückblick: Als im Fernsehen ein Lottogewinn von 14 Millionen Euro verkündet wird und im Haus gegenüber sich die Dells in die Arme fallen, geht Peggys Fantasie auf Reisen. Zum Beispiel nach Lust und Laune Geld verprassen, shoppen gehen, ein Haus auf Mallorca kaufen. „Wenn ich an der Kasse sitze, bin ich unsichtbar für die meisten, ein Niemand, immer nur Luft“, vertraut sie dem Kommissar an.
Die Gesellschaft, so die Botschaft des (klein-)bürgerlichen Dramas, setzt als Maßstab ironisch-böse den Wettbewerb um Konsum und vermeintliches Glück. „Wer aus dem Urlaub keinen Karibikstrand posten kann, muss sich schon als Verlierer fühlen“, beschreibt Regisseur Andreas Kleinert den Kreislauf des Neids. Als dessen Auslöser dient Kassiererin Peggy – ein „Wow“für Katrin Wichmann – die Nachbarin Victoria (Sarah Hostettler), die eiskalt rüberkommt, aber mit ihrer Witwen-Erotik auch Borowski beeindruckt. Das Ende wiederholt die Eingangsszene: Peggy verhackstückt mit dem Rasenmäher ihr Wohnzimmer. So sieht also „Glück“aus. Rupert Huber