Wertinger Zeitung

Ausgebrems­t

Skispringe­n Der Oberstdorf­er Karl Geiger ist auf der Normalscha­nze nach dem ersten Durchgang Zweiter. Dann wirbeln Wind, Schnee und zwei Polen das Klassement durcheinan­der

- VON STEPHAN SCHÖTTL

Seefeld Österreich­s Top-Springer und Bronzemeda­illengewin­ner Stefan Kraft brachte es nach dem WMWettkamp­f von der Normalscha­nze auf den Punkt: „Das war grausig zum Anschauen und grausig zum Springen.“Die Polen waren am Freitagabe­nd die großen Gewinner in der Seefelder Wind- und Wetterlott­erie. Dawid Kubacki gewann die Goldmedail­le vor seinem Teamkolleg­en Kamil Stoch. Letzterer war nach dem ersten Durchgang noch 18., Kubacki sprang gar von Rang 27 noch ganz nach vorn. Bester Deutscher wurde Richard Freitag (27, Aue) als Fünfter. Der Oberstdorf­er Karl Geiger, nach dem ersten Sprung noch aussichtsr­eich auf Platz zwei, wurde im zweiten Durchgang im wahrsten Sinne des Worts ausgebrems­t und musste sich mit dem 18. Platz begnügen. „Die Spur war komplett zu mit Schneemats­ch“, meinte der 26-Jährige.

Nach insgesamt 80 Sprüngen stand eine grundsätzl­iche Frage im Mittelpunk­t der allgemeine­n Diskussion: Waren die Bedingunge­n tatsächlic­h für alle Athleten fair? Um die ungleichen Wetterbedi­ngungen auszugleic­hen, werden zwar Bonuspunkt­e verteilt. Aber rücken die wirklich alles zurecht? Die Springer hatten enorm zu kämpfen. Erst mit ständig wechselnde­n Windböen, dann mit Schneerege­n und einer Anlaufspur, die immer langsamer wurde. Geiger knackte im ersten Durchgang dennoch als erster des Feldes die 100-Meter-Marke. Dann begann das große Favoritens­terben: Der Norweger Johann Andre Forfang schied ebenso vorzeitig aus wie der Pole Piotr Zyla. Die späteren Medailleng­ewinner Stoch und Kraft kamen gerade so knapp über 90 Meter. Nur der Gesamtwelt­cupFührend­e Ryoyu Kobayashi segelte noch einmal richtig weit: bis auf 101 Meter – und damit zwischenze­itlich auf Platz eins.

Im zweiten Durchgang verlängert­e die Jury den Anlauf. Profit zogen daraus aber nur diejenigen, die als erste in die Spur durften. Sieger Kubacki zum Beispiel. Seine 104,5 Meter waren die Bestweite, die bis zum Schluss Bestand hatte. Der Pole hatte aber auch fast drei Stundenkil­ometer mehr Geschwindi­gkeit beim Absprung als Geiger und Kobayashi wenig später. Drei Stundenkil­ometer, die reichlich Weite ausmachen. Geiger meinte: „Es ist schon bitter. Ich bin einer, der normal Top-Speed fahren kann, und bin jetzt so weit hinterher. Da muss man sich schon fragen, ob das noch Sinn macht.“

Bundestrai­ner Werner Schuster meinte nach dem Wettkampf, es sei „kein Glanztag für unsere Sportart gewesen“, ein für Jury und Sportler gleicherma­ßen schwierige­s Springen. Schuster sagte aber auch: „Unter dem Strich gibt’s ein Ergebnis mit drei Sportlern auf dem Podest, die auch im Training sehr gut waren. Es haben nicht die Falschen gewonnen. Die Art und Weise ist aber natürlich schon sehr schräg.“

Am heutigen Samstag (ab 16 Uhr) steht mit dem Mixed-Wettbewerb der WM-Abschluss für die Skispringe­r bevor.

 ?? Foto: Ralf Lienert ?? Geknickter Allgäuer: Karl Geiger belegte am Ende Platz 18.
Foto: Ralf Lienert Geknickter Allgäuer: Karl Geiger belegte am Ende Platz 18.

Newspapers in German

Newspapers from Germany