Wertinger Zeitung

Kirche nicht auf Missbrauch reduzieren

- VON BERTHOLD VEH Berthold.Veh@wertinger-zeitung.de

Um eines von vornherein klar zu sagen: Die vielen Fälle von sexuellem Missbrauch in der katholisch­en Kirche und das Vertuschen dieser Verbrechen sind ein Skandal. Wenn Geistliche von der göttlichen Liebe predigen und unter dem Deckmantel der bestehende­n Machtverhä­ltnisse das Vertrauen der ihnen anvertraut­en Menschen missbrauch­en, rüttelt dies an den Grundfeste­n der Kirche. Es gibt nur einen Weg, der in dieser Situation hilft: den Opfern zuhören, sie ernst nehmen und die Täter, wenn sie noch leben, bestrafen. Die Menschen, denen schweres Leid zugefügt wurde, müssen hier im Vordergrun­d stehen und nicht das Ansehen der Kirche. Und es müssen Strukturen geschaffen werden, dass so etwas nicht mehr passiert. Dazu könnte auch beitragen, dass katholisch­e Priester wie ihre evangelisc­hen Kollegen heiraten dürfen und nicht mehr zum Zölibat verpflicht­et werden.

Eines ist aber auch zu sagen: Es greift viel zu kurz, die (katholisch­e) Kirche auf das Thema sexueller Missbrauch zu reduzieren. Auch in den Pfarreien im Landkreis Dillingen ist zu spüren, dass viele Gläubige aus dem christlich­en Glauben heraus ihr Leben gestalten. Die Kirche wirkt in Kindergärt­en und Schulen. Das große Behinderte­nwerk Regens Wagner hat seine Wurzeln im Glauben. Gerade in Dillingen, das wegen seiner vielen Kirchen und der einstigen Universitä­t immer wieder gerne Schwäbisch­es Rom genannt wird, ist die christlich­e Tradition nach wie vor in besonderer Weise präsent – auch durch das Wirken der Dillinger Franziskan­erinnen.

Die Kirche kann den Menschen viel sagen. Die Botschaft, den Nächsten zu lieben wie sich selbst, könnte zu einem gelingende­n Miteinande­r beitragen. Kirchenmit­glieder versuchen, sofern sie ihren Auftrag ernst nehmen, für andere in Krisen und Not da zu sein. Der Glaube an Jesus Christus gibt Antworten auf existenzie­lle Fragen wie den Tod, der für Christen in ein Leben bei Gott mündet. Dies könnte die Hoffnung und Zuversicht im Alltag fördern, dass hinter diesem irdischen Dasein ein liebender Gott steht. Solche Botschafte­n können aber nur glaubhaft verkündet werden, wenn die Kirche das Vertrauen ihrer Gläubigen zurückgewi­nnt und es nicht zulässt, dass Kinder und Jugendlich­e von Seelsorger­n missbrauch­t werden.

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