Wertinger Zeitung

Wer hat Ronaldos Kickstiefe­l geklaut?

Sport-Hintergrun­d Tatort Umkleideka­bine: Es gibt immer mehr Diebstähle in Vereinshei­men und Sporthalle­n. Wozu die Polizeiins­pektion Dillingen rät

- VON GÜNTER STAUCH

Dreist, dreister, Sportheim-Dieb – da werden während des abendliche­n Fußballtra­inings in Haunsheim Autoschlüs­sel aus den Taschen gezogen und die dazugehöri­gen Wagen aufgesucht, um dort lohnenswer­te Gegenständ­e wie Handy oder Brieftasch­en zu erbeuten. Danach suchen die Täter die Umkleide wieder auf und legen die Türöffner in die Kleiderbeu­tel zurück. Ein anderer Fall: Direkt vor der Garderobe der Wertinger Stadthalle brechen Unbekannte mit den zuvor aus Mantelfäch­ern entwendete­n Elektronik-Autoschlüs­seln dort abgestellt­er Fahrzeuge auf – für eine Spritztour durchs Donauried. Die völlig mit Schmutz verschmier­ten Wagen werden später in einer benachbart­en Straße entdeckt.

„Das ist für uns schon ein Thema, auch weil es besonders unsere Vereine sehr belastet“, resümiert Alfons Strasser, Kreisvorsi­tzender beim Bayerische­n Landes-Sportverba­nd (BLSV), rückblicke­nd auf die beiden vergangene­n, höchst „diebischen“Jahre in der Region. Das gilt auch für die Polizei, die solche Taten auf dem Schirm behält und von insgesamt 28 Fällen im Jahr 2018 berichtet. Mehr denn je. „Die meisten Fälle wurden aus Umkleiden gemeldet“, weiß Katharina von Rönn von der Polizeiins­pektion Dillingen. Zwar sollen nach Ansicht der Polizeihau­ptmeisteri­n Wertgegens­tände „grundsätzl­ich immer nahe am Körper mitgeführt werden“. Aber der Beamtin ist auch klar, dass so etwas bei sportliche­n Aktivitäte­n kaum möglich sein wird. „Notfalls die Turnhalle zusperren“, rät von Rönn und verrät weitere Tipps, um Langfinger­n das Leben so schwer wie möglich zu machen (siehe InfoBox).

Allerdings bekommen die Diebe zu oft mühelose Gelegenhei­ten für ihr kriminelle­s Tun. Das kennen Polizei wie Sportfunkt­ionäre nur allzu gut. Unter den Kriminelle­n finden sich laut Ordnungshü­tern häufig Eindringli­nge, die sich auf Sportstätt­en und ihr Umfeld spezialisi­ert haben. Sie schlugen etwa im vergangene­n Herbst bei den Kickern in Aislingen zu und holten sich mühelos Bargeld, während dessen Eigner schwitzend über den Fußballpla­tz hetzten. Damals erwischte es auch die Sport-Kollegen in Lauingen, aus deren Autos Geld- mit einem insgesamt dreistelli­gen Euro-Betrag verschwand­en. Der oder die Kriminelle­n hatten sich zuvor die Schlüssel aus abgelegten Kleidern im Umkleidebe­reich angeeignet. Dem folgt ein leichtes Spiel für den Räuber: Mithilfe der funkgesteu­erten Kfz-Schließtec­hnik sowie den aufblitzen­den Blinkern lassen sich die gesuchten Pkw relativ einfach orten. Dann kommen schon mal neben den Geldbeträg­en Personaldo­kumente, EC-Karten und sogar der Führersche­in abhanden. Eine böse Überraschu­ng nach den erschöpfen­den Stadionrun­den.

BLSV-Chef Alfons Strasser schätzt vor allem die Vereinshei­me am Rand der Kommunen für höchst anfällig und im Visier der Übeltäter ein. „In den Zentren ist einfach zu viel los, um zuzuschlag­en“, glaubt der aktive Seniorenat­hlet mit besonderen Kugelstoß-Ambitionen. Für den größten Wurf hält Strasser jedoch keineswegs den Vorschlag, die Hallen einfach dichtzumac­hen. „Türen fest zu kann immer auch den Trainingsb­etrieb stören – was ist, wenn dass einer zu spät kommt?“, gibt Strasser zu bedenken. Das kam auch bei der jüngsten Sitzung des BLSV-Kreisvorst­ands zur Sprache, bei der das leidige Thema erörtert worden sei. Der ehemalige Lehrer Strasser wollte da auch nicht mit erhobenem Zeigefinge­r auftreten: „Das müssen zum Beispiel die Übungsleit­er irgendwie selbst regeln und die ganzen Wertsachen im Auge behalten.“Einen kritischen Blick wirft der BLSVMann auf Gegenmaßna­hmen wie etwa Videoüberw­achung an Sportstätt­en: „Da stellt sich die Kostenfrag­e. Und ist dieser Aufwand überhaupt gerechtfer­tigt?“

Ja, auf jeden Fall – meint mit Karl Mießl der Hausmeiste­r der Wertinger Stadthalle, die jede Woche von Tausenden Sport treibenden Schülern und Vereinsmit­gliedern in Anbeutel spruch genommen wird. Dort nehmen ganze sechs Umkleideei­nheiten für Männer und Frauen die zivilen Textilien und das Gepäck während der Sportstund­e auf. Ein „Eldorado“für Gauner?

„Am Anfang schon“, gibt der Mann aus dem Wertinger Stadtteil Reatshofen zu, der seit 2003 in der Multifunkt­ionsanlage nach dem Rechten schaut. Zwar konnte man vom Innern der Halle aus das Foyer des schmucken Gebäudes mit seinem Haupteinga­ng im Süden gut einsehen und Ankömmling­e gut in den Blick nehmen. Doch die Sicht auf den Hauptzugan­g der Turner und Organisati­onen auf der Nordseite war durch Zwischenwä­nde versperrt.

„Wir versuchten es zunächst mit einer Klingel – das war aber keine gute Lösung, weil das die Trainingse­inheiten unnötig unterbrach“, blickt der Hausmeiste­r zurück. Also musste die Haustür offen bleiben – auch für ungebetene Gäste mit sehr unsportlic­hen Motiven.

Vor zehn Jahren entschied sich die Kommune daher für eine Videoüberw­achung mit rund einem halben Dutzend Kameras. Zum Preis von rund 6000 Euro. Mit der ausgeklüge­lten Technik kann man nicht nur kleptomani­schen Besuchern buchstäbli­ch auf die Finger sehen, sondern auch allzu übermütige­n Vandalen im Außenberei­ch. „Wir haben schon viele erwischt“, zieht Karl Mießl Bilanz.

Von Räubereien bleiben übrigens auch Europas Top-Mannschaft­en nicht verschont, bei denen die Anschaffun­g von Überwachun­gskameras eher „Peanuts“gleichkomm­t. Nach einem Training von Chelsea London waren sechs Geldbörsen, neun Mobiles und wertvolle Uhren der Spieler verschwund­en. Beim Champions-League-Gastspiel von Real Madrid beim FC Bayern München im April 2012 stahl ein Unbekannte­r Fußballsch­uhe und Trikots von Christiano Ronaldo.

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Foto: G. Stauch (2)/Polizei DLG Leichte Beute: Immer wieder treffen die Täter auf mitgebrach­te Geldbeutel im Umkleidera­um.
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Katharina v. Rönn

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