Leben ist bunt

Jedes Jahr zur fünften Jahreszeit merke ich, dass ich nicht zu den Ausgelassenen gehöre, die in bunten Kleidern singend durch die Straßen ziehen. Und dennoch fasziniert mich diese Zeit, weil sie einen Teil des Lebens spiegelt. In dieser Zeit dürfen wir – selbst in überzogener Weise – all die Teile in uns leben, die sonst eher ein Schattendasein fristen: die Ausgelassenheit und Lebendigkeit. Auch diese Teile in uns wollen gelebt werden. Mir ist bewusst, dass es daneben etliche andere innere Anteile gibt, die nicht so recht zum Zuge kommen. Und dabei würde gerade das Ausleben unserer vielen Fähigkeiten unser Leben richtig bunt machen. Mein Leben wird bunter, wenn ich neue Dinge ausprobiere, die ich noch nie gemacht habe.

Wenn ich Seminare leite, dann arbeite ich oft auch kreativ, baue meditative Tänze ein, lasse auf Holz malen oder mache Körperübungen. Meist höre ich dabei am Anfang: „Oh weh, das kann ich nicht“, oder: „Da wurde ich schon in der Schule ausgelacht.“ Doch die Teilnehmer lassen sich darauf ein und machen erstaunt die Erfahrung: „Ich hätte nicht gedacht, dass mir das so viel Spaß macht.“Mich freut es, wenn Menschen jeglichen Alters so offen sind. Sie entdecken an sich plötzlich ganz neue Seiten und Fähigkeiten. Ihr Leben wird reicher und bunter. Wir alle tragen von diesen unentdeckten Seiten noch etliches in uns. Unser Schöpfer hat uns richtig bunt geschaffen, damit wir uns daran erfreuen und unsere Talente für andere einsetzen. Paulus spricht im ersten Korintherbrief (Kap. 12) davon, dass die unterschiedlichen Gaben, die der Geist Gottes bewirkt, gerade auch dafür in uns sind, damit sie anderen nützen.

Und so freue ich mich, wenn es Menschen gibt, die in den nächsten Tagen völlig ausgelassen, lachend und singend unterwegs sind: Sie wecken in mir und in anderen „Faschingsmuffeln“die Lebendigkeit und erinnern mich, dass noch viele Farben in mir stecken. Danke!