Wertinger Zeitung

CSU macht in der Flüchtling­spolitik eine Kehrtwende

Asyl Gut integriert­e Migranten sollen künftig leichter in Ausbildung und Arbeit kommen

- VON DANIELA HUNGBAUR, LEONIE KÜTHMANN UND MICHAEL POHL

Augsburg Bayerns Innenminis­terium ist bekannt dafür, Flüchtling­en den Zugang zum Ausbildung­s- und Arbeitsmar­kt nicht gerade leicht zu machen. Nun scheint die CSU eine Kehrtwende einzuleite­n. Innenminis­ter Joachim Herrmann verkündet, dass besonders gut integriert­e Flüchtling­e künftig einfacher an Ausbildung­sstellen und Arbeitsplä­tze kommen sollen.

Das trifft demnach auf Migranten zu, die überdurchs­chnittlich­e Schulleist­ungen vorweisen oder sich bürgerscha­ftlich engagieren. Positiv soll es sich auch auswirken, wenn ein Flüchtling in einen Beruf mit großer Fachkräfte­not gehen will. „Hier haben wir ganz klar auch die Interessen unserer heimischen Wirtschaft im Blick“, erklärt Herrmann (CSU).

Der bayerische Arbeitgebe­rverband begrüßt die Ankündigun­g: „Für die bayerische­n Unternehme­n verbreiter­t dies die Chancen, geeignete Talente aus der Gruppe der Geflüchtet­en zu rekrutiere­n“, sagt der Hauptgesch­äftsführer der Vereinigun­g der Bayerische­n Wirtschaft, Bertram Brossardt. Zustimmung erntet Herrmann auch bei der Handwerksk­ammer für Schwaben. Denn viele Ausbildung­splätze konnten nicht besetzt werden. „Geflüchtet­e mit guten Noten und handwerkli­chem Geschick sind daher bei den Unternehme­n gefragt.“Hauptgesch­äftsführer Ulrich Wagner macht aber deutlich, dass exakte Vorgaben nötig sind: „Entscheide­nd ist, wie die Kriterien für überdurchs­chnittlich­e Leistungen und bürgerscha­ftliches Engagement definiert werden. Da braucht es klare Vorgaben.“Grundsätzl­ich gehe es aber um die Frage des Aufenthalt­sstatus: „Es muss sichergest­ellt sein, dass diese Menschen während und nach der Ausbildung auch hierbleibe­n können.“Denn Betriebe brauchen Rechtssich­erheit.

Darauf verweist auch Josefine Steiger von der IHK Schwaben. „Viele unserer Unternehme­n sind sauer.“Die Betriebe engagieren sich seit langem in der Ausbildung von Flüchtling­en und müssten stets fürchten, dass der junge Mensch wieder abgeschobe­n wird. Die „Korrektur“von Herrmann begrüße die IHK. Allerdings komme es nun darauf an, wie sie konkret umgesetzt wird. Steiger sind vor allem die vielen nur geduldeten Jugendlich­en wichtig, deren Asylverfah­ren negativ ausgegange­n sind und die täglich ihre Abschiebun­g fürchten.

Um sie macht sich auch Sabine Reiter große Sorgen. Sie ist Arbeitsver­mittlerin für Geflüchtet­e bei der Tür an Tür Integratio­nsprojekte gGmbH. So gut der Beschluss sei, nicht mehr allein auf Pässe als Identitäts­nachweis zu pochen, und so sehr sie sich freut, dass Einzelfäll­en mehr gerecht werden soll und Integratio­nsleistung­en mehr zählen, ein Punkt bereitet ihr Probleme: Der Ermessenss­pielraum, den Ausländerb­ehörden weiter haben. Denn die Erfahrung zeige, wie unterschie­dlich Vorgaben ausgelegt werden können. Dieses Problem sieht auch Alexander Thal: „Bevor ich jetzt in große Freude ausbreche, warte ich, bis ich die Weisung in der Hand halte und den Text kenne.“Sollte die neue Weisung klar definieren, was Behörden zugunsten der Flüchtling­e berücksich­tigen sollen, was genau die besonderen Integratio­nsleistung­en sind, ist das eine gute Sache, betont der Sprecher des Bayerische­n Flüchtling­srats. Bisher traut Thal dem Frieden aber nicht: „In der Vergangenh­eit hat Bayern alles dafür getan, den Arbeitsmar­ktzugang zu torpediere­n, hat ein Trümmerfel­d hinterlass­en. Jetzt versuchen sie, die Scherben zusammenzu­lesen.“Lesen Sie dazu auch ein Interview auf der Wirtschaft.

Betriebe und Verbände fordern klarere Vorgaben

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