Kein Rekord-Bonus: Liqui Moly kürzt Prämie drastisch
Zuletzt gab es 11 000 Euro. Wie die Prämien in anderen Branchen ausfallen
Zuletzt hatte Liqui Moly beim Bonus selbst Porsche abgehängt: Der Autobauer zahlte seinen Mitarbeitern vergangenes Jahr knapp 9700 Euro – bei Liqui Moly waren es zwei Jahre in Folge jeweils 11 000 Euro. Doch dieses Jahr haben die Mitarbeiter des Ulmer Ölunternehmens weniger Grund zur Freude. Sie bekommen 2000 Euro zusätzlich zum Gehalt, also 82 Prozent weniger als bisher. Der drohende Brexit, der Handelsstreit mit den USA, die Kursturbulenzen der türkischen Lira: All das spüren jetzt die 850 Mitarbeiter, wenn sie auf ihre Kontoauszüge blicken.
Was ist passiert? Ein Anruf bei Liqui-Moly-Chef Ernst Prost: „Der Bonus ist klar geregelt. Hätte man sich an die Regeln gehalten, hätte es null Euro gegeben“, erklärt er. Man hört ihm an, dass er niedergeschlagen ist. Der Mann, der seine Angestellten nicht Mitarbeiter, sondern „Mitunternehmer“nennt, war stolz auf den Rekordbonus. Als gelernter Automechaniker arbeitete er sich hoch, wurde Vertriebschef bei Liqui Moly und kaufte die Firma schlussendlich. Die Belohnung für seine Mitarbeiter sah er als Investition: „Das zahlt sich aus, das kommt zurück“, sagte er unserer Redaktion noch 2017. Wenige Monate später verkaufte der schillernde Unternehmer, der zwischenzeitlich von seinem Leipheimer Schloss aus die Talkshows der Bundesrepublik bereiste, seine Anteile an die WürthGruppe. Geschäftsführer blieb er.
„Wir haben unsere Ziele nicht erreicht“, begründet er die niedrige Zahlung. Die Firma wollte um zehn Prozent wachsen. Erreicht hat man schließlich 544 Millionen Euro Umsatz, ein mageres Plus von zwei Prozent. Der Ertrag ist sogar nur um ein Prozent gestiegen. Das liege auch an höheren Kosten: Allein für den Transport von Rohstoffen habe die Firma eine Million Euro mehr gezahlt. Weil der Rhein zu niedrig stand, brachten Lastwagen statt Schiffe das Rohöl.
„Wenn in einem Land alles läuft, macht man ein gutes Geschäft. Wenn aber die wirtschaftliche Großwetterlage kippt, dann geht vieles den Bach runter“, sagt Prost – und derzeit brodle es in vielen Ländern. „In Argentinien ist alles kaputt, Venezuela ist ganz krank und auch in China sind die fetten Jahre vorbei.“
Aber bei 150 Ländern, mit denen Liqui Moly handle, gebe es auch Wachstumsmärkte. Nächstes Jahr will er seinen Mitarbeitern mehr Geld überweisen. Überrascht waren seine Mitarbeiter wegen des niedrigeren Bonus nicht, sagt Prost. „Die meisten sind schon im Herbst davon ausgegangen, dass es in diesem Jahr keinen Bonus gibt.“Die 2000 Euro seien eher als „Geschenk“zu sehen.
Nicht nur Liqui Moly ist bekannt für seine hohen Boni, sondern vor allem die Autobauer. Volkswagen etwa zahlt seinen 100000 Tarifbeschäftigten heuer 4750 Euro und damit etwa 16 Prozent mehr als im Vorjahr. Bei Daimler bekommen die 130000 Tarifmitarbeiter 4965 Euro statt 5700 im Vorjahr. BMW hält sich noch bedeckt. Man werde die Boni aber demnächst veröffentlichen, heißt es auf Nachfrage.
Doch auch in anderen Branchen zahlen immer mehr Betriebe solche Prämien. Philipp Grunau beschäftigt sich am Nürnberger Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung mit dem Thema. Die Einrichtung befragt alle zwei Jahre zwischen 750 und 1200 Betriebe der Privatwirtschaft mit mehr als 50 Mitarbeitern. Vergangenes Jahr verteilten 40 Prozent der befragten Betriebe freiwillige Boni, 2014 waren es noch 36 Prozent gewesen.
Am weitesten verbreitet sind sie mit knapp der Hälfte der Betriebe im verarbeitenden Gewerbe, am wenigsten mit einem guten Drittel in der Informations- und Kommunikationsbranche. Im Durchschnitt liegen die Zahlungen bei 900 Euro. So hoch wie bei den Autobauern sind sie selten: Nur jeder zwanzigste Betrieb, der Boni auszahlt, überweist mehr als 3000 Euro pro Mitarbeiter.