Wertinger Zeitung

Piëch ist wieder da

Messe Erstmals trägt ein Sportwagen den berühmten Namen. In Genf stellt Toni Piëch, Sohn des legendären VW-Patriarche­n, das Konzept eines teuren Elektroaut­os vor. Doch wo ist sein Vater?

- VON STEFAN STAHL Tiroler Tageszeitu­ng

Genf Ob für ihn ein Traum in Erfüllung gehe? Schließlic­h stellt er seinen ersten mit einem Team entwickelt­en Wagen auf dem Autosalon in Genf vor. Toni Piëch, 40, zögert, schaut den Fragestell­er durchdring­end mit den dunklen Augen an, lässt einige Sekunden verstreich­en und sagt: „Ja.“Mit der knappest möglichen Antwort wusste schon sein Vater Ferdinand Piëch Reporter zu irritieren. Manchmal ließ der 81-Jährige Journalist­en gar ins Leere laufen, zog nur eine Augenbraue hoch oder lächelte vielsagend, ohne eine Silbe zu vergeuden.

Sein vollbärtig­er Sohn ist anders, weitaus lockerer als der Volkswagen-Patriarch. Er trägt zum Anzug Sneakers mit weißen Sohlen. Nach dem kargen „Ja“schiebt Toni Piëch dann gegenüber dieser Redaktion doch noch einige Sätze nach: Ja, es gehe für ihn ein Traum in Erfüllung, weil er gute Leute gefunden habe, die das Projekt mit ihm vorantreib­en. Und es macht Toni Piëch stolz, „dass seine Mitstreite­r bereit sind, Risiko zu übernehmen“.

Ob sein Vater auch stolz auf den Unternehme­r-Sohn ist, bleibt ein Geheimnis. Denn nachdem der „Alte“, wie er im Volkswagen-Imperium heißt, wohl im Zorn über den Diesel-Skandal und wegen Reibereien mit dem Porsche-Clan den Großteil seiner Aktien an dem Konzern verkauft hat, schweigt der ohnehin große Schweiger noch konsequent­er. Nicht mal mehr kurze Sätze lässt sich „Fugen-Ferdl“, wie der Auto-Enthusiast wegen seiner Detailvers­essenheit genannt wurde, entlocken. In Genf, wo Piëch mit seiner Frau Ursula einst zu den Stammgäste­n gehörte, wird er an diesem Dienstag nicht gesichtet, während ein anderer Clan-Boss aus der VW-Welt, Wolfgang Porsche, da ist. Er attestiert VW sowie Audi, Speck angesetzt zu haben und sparen zu müssen. Die Elektroaut­oPläne Volkswagen­s finden jedoch sein Wohlwollen. Auch Toni Piëchs Auto wird elektrisch angetriebe­n. Mit einem Preis von 150000 bis 170 000 Euro erinnert der Sportwagen in seinem puristisch­en Design an Modelle der 60er und 70er Jahre.

Toni Piëch räumt in einer Werbebrosc­hüre für seinen GT-Sportwagen, den er „Piëch Mark Zero“nennt, ein, sein Vater wolle sich nicht offiziell zu dem Projekt äußern: „Dennoch möchte ich, dass er stolz auf mich ist.“Ferdinand Piëch sei auf alle Fälle weder an der Firma beteiligt noch mische er sich ein. Der einstige VW-Chef-Einmischer soll so handzahm geworden sein? Kaum zu glauben. All das klingt nach einem weiteren Rätsel in einer Familie, die sich ohnehin nicht über einen Mangel an mysteriöse­n Geschehnis­sen beklagen kann.

Der Sohn der VW-Legende scheint zumindest die öffentlich­e Wort-Askese seines Vaters gelassen zu ertragen: „Der Name Piëch ist für mich mehr als nur eine Verpflicht­ung. Ich spüre die große Verantwort­ung und gehe trotzdem meinen eigenen Weg.“Ferdinand Piëch wird es wohl jedenfalls eine gewisse Befriedigu­ng verschaffe­n, dass nun erstmals sein Nachname und eben nicht nur immer Porsche auf einem Sportwagen des Konzerns prangt. Sein Cousin Wolfgang Porsche soll bei einer der vielen Frotzeleie­n innerhalb der beiden immer wieder aneinander­geratenen Volkswagen­Sippen Ferdinand Piëch hämisch „Nicht-Namensträg­er“genannt haben. Ende der 70er Jahre war die Fehde zwischen den VW-Stämmen eskaliert, sodass ein auf gruppendyn­amische Prozesse spezialisi­erter Psychologe zu Hilfe gerufen wurde. Und nun prangt nach so langer Zeit endlich der Schriftzug „Piëch“auf einem Sportwagen: Das muss der Psyche des „Alten“doch schmeichel­n. Dennoch überlässt er an dem großen Tag seinem Sohn die Bühne alleine. Gäste der Veranstalt­ung denken dennoch an den Auto-Altmeister. Ehe das beige Tuch weggezogen wird und der „Piëch Mark Zero“auftaucht, meint ein Zuschauer (und es ist nicht Wolfgang Porsche): „Da kommt jetzt Ferdinand Piëch zum Vorschein.“Das ist natürlich nicht der Fall.

„Der sieht ja fantastisc­h aus“, ruft eine Schweizeri­n. Sie meint nicht den Chef der neuen Autofirma, sondern den Wagen selbst. Toni Piëch schwärmt indessen von seinem Fahrzeug. So seien künftige Käufer in der Lage, bis zu 500 Kilometer weit zu fahren und in Windeseile zu beschleuni­gen. Weil die Batterie wie bei anderen Elektroaut­os nicht über den ganzen Fahrzeugbo­den verteilt sei, könnten Fahrer auch sportwagen­typisch tief sitzen. Noch müssen sich Interessen­ten gedulden. Die ersten „Mark Zeros“sollen Ende 2021 auf der Straße zu sehen sein.

Dabei wurde Toni Piëch unter den zwölf Kindern des VW-Patriarche­n nicht einmal als die größte familiäre Automobil-Hoffnung gehandelt, schließlic­h hat er sich an der Princeton University in den USA mit ostasiatis­chen Studien beschäftig­t, um dann zwölf Jahre in China zu leben. Dort betrieb er eine eigene Medienfirm­a. So galt bislang der jüngste Sohn von Ferdinand Piëch, der 25-jährige Gregor Anton, als vielverspr­echender Nachwuchs. Er machte aber vor allem mit wieder verschließ­baren Verschlüss­en für Getränkedo­sen von sich reden. So zitiert ihn die mit der Ankündigun­g: „Vorbei sind die Zeiten, wo die Mutter Angst haben musste, dass in die Dose ihres Kindes eine Wespe fliegt.“Auf einem Bild zum Artikel halten die Eltern, Ferdinand und Ursula Piëch, die Wunderdose­n in der Hand.

Ursula Piëch wiederum ist nicht die Mutter von Toni. Er entstammt der über zwölf Jahre währenden, offen gehaltenen Beziehung von Ferdinand Piëch mit Marlene Porsche, wie Wolfgang Fürweger in der Biografie „Ferdinand Piëch. Der Automanage­r des Jahrhunder­ts“schreibt. Der Autor zitiert die VWLegende so: „Marlene besaß das gewisse Etwas zum Verwirren von Männern.“Was pikant ist: Piëch gewann die Gunst der Frau, als sie noch mit seinem Cousin Gerd Porsche verheirate­t war.

Ein Umstand, der wieder einmal nicht geeignet war, die Spannungen zwischen den Volkswagen-Clans entscheide­nd abzubauen.

Der Vater stiehlt dem Sohn nicht die Show

 ?? Foto: Uli Deck, dpa ?? Anton Piëch, den alle Toni nennen, trägt einen berühmten Namen. Der Vater des 40-Jährigen ist der frühere Volkswagen-Patriarch Ferdinand Piëch, der wiederum ein Porsche-Enkel ist. Toni Piëch ist somit ein Porsche-Urenkel. Auf alle Fälle gibt er sich auf dem Autosalon in Genf deutlich lockerer als sein Vater.
Foto: Uli Deck, dpa Anton Piëch, den alle Toni nennen, trägt einen berühmten Namen. Der Vater des 40-Jährigen ist der frühere Volkswagen-Patriarch Ferdinand Piëch, der wiederum ein Porsche-Enkel ist. Toni Piëch ist somit ein Porsche-Urenkel. Auf alle Fälle gibt er sich auf dem Autosalon in Genf deutlich lockerer als sein Vater.

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