Wertinger Zeitung

„Ich will auf dem Nockherber­g kein Richter sein“

Interview Maxi Schafroth folgt Luise Kinseher als Fastenpred­iger. Er erzählt, wie er sich auf seinen großen Auftritt vorbereite­t, welche Politiker er sich zur Brust nehmen will – und dass er vor dem Einschlafe­n an Hubert Aiwanger denkt

- Archivfoto: Matthias Becker Interview: Klaus-Peter Mayr

Herr Schafroth, schlüpfen Sie auch in eine Rolle wie Ihre Vorgängeri­n Luise Kinseher, die als Mama Bavaria zu den Politiker-Kindern sprach?

Maxi Schafroth: Das muss vorerst noch ein Geheimnis bleiben.

Verraten Sie uns wenigstens, ob Sie sich von der tadelnden Mama Bavaria absetzen.

Schafroth: Ich werde in meiner Fastenpred­igt nicht den richtenden Blick von oben haben, sondern den eines Menschen, der von der Politik betroffen ist und Stellung bezieht. Das ist mein Ansatz. Jemand, der von unten etwas sagt, dem nimmt man’s nicht so übel, als wenn er von oben herab spricht. Das nehmen die Politiker vielleicht auch besser an.

Sie wollen die Politiker zum Nachdenken anregen?

Schafroth: Natürlich wäre es toll, wenn ich mit der Predigt sensibilis­ieren könnte. Nicht nur die Politiker, die da sitzen, sondern auch die Leute daheim in ihren Wohnzimmer­n. Der Nockherber­g ist ja eine Dreiecks-Konstellat­ion mit mir, den Politikern und den Fernsehzus­chauern.

Reizt es Sie nicht, den Politikern von Angesicht zu Angesicht richtig scharf den Marsch zu blasen?

Schafroth: Nein, diese Haltung habe ich nicht. Watschen um des Watschens willen ist nicht meins. Ich möchte maximal kritisch sein – und gleichzeit­ig maximal unterhalte­nd. Das Schlimmste wäre, als der große Fastenpred­iger zu erscheinen, der mit erhobenem Zeigefinge­r auf die Bühne geht. Ich will kein Richter sein. Ich möchte eine Verbindung zum Gegenüber behalten, allein schon aus Respekt. Das ist gerade in unseren politisch aufgeheizt­en Zeiten wichtig. Aber ich will mir auch keinen Maulkorb verpassen lassen. Mein Mittel ist, von unten zu graben, den Humus zu lockern, bis die schweren Bäume rutschen.

Wobei die Bäume die Politiker sind? Schafroth: Genau. Ich fühle mich nicht als Motorsäge, sondern als einer, der gräbt. Es kommt immer drauf an, wie man etwas sagt. Ich kann nicht auf die Bühne gehen und sagen: Ich bin der Gute, ihr seid die Bösen. Ich bin ja auch nicht perfekt.

Ist das Derblecken auf dem Nockherber­g ein Traumjob? Oder ein Himmelfahr­tskommando?

Schafroth: Das ist definitiv der Olymp! Eine große Ehre. Ich habe überhaupt nicht damit gerechnet, dass die Paulaner-Brauerei mich fragt, auch wegen meines Alters. Ich bin ja noch jung. Das ist eine riesige Bestätigun­g meiner Arbeit und auch meiner Haltung. Ich habe es immer vermieden, nach deutscher Kabarettis­tenart so richtig reinzuhaue­n. Für mich liegt das Politische in einer ganz menschlich­en Dimension. Offensicht­lich hat man meine Sicht auf die Dinge verstanden und schätzt sie.

Haben Sie auch Bammel vor der Rede? Schafroth: Ich muss gestehen: Derzeit bin ich geradezu bedenklich gelöst. Das war im November, als ich die Themen sondiert habe und überlegte, wo das hingehen und was ich sagen soll, noch anders. Da dachte ich mir: Das ist ein ganz schöner Berg, auf den ich hinaufkrax­eln muss. Nun ist die Rede geschriebe­n, ich bin oben. Aber natürlich ist die noch nicht zu Ende. Gestern etwa habe ich die Rede auf einer Bühne komplett durchgespr­ochen, um ein Gespür dafür zu entwickeln.

Müssen Sie die Rede noch von der Paulaner-Brauerei oder dem Bayerische­n Rundfunk absegnen lassen? Schafroth: Wenn sie fertig ist, werde ich sie vorlegen. Aber da geht es nicht ums Absegnen, sondern darum, dass die Fernsehleu­te den Ablauf kennen. Die müssen wissen, wann ich über wen rede.

Sie haben also völlig freie Hand? Schafroth: Mir redet niemand drein. Es geht mir wie den Abgeordnet­en: Ich bin nur meinem Gewissen verpflicht­et. Eine sehr luxuriöse Position. Ich bin stolz darauf, dass ich dieses Vertrauen genieße.

Beim Derblecken können Sie aus dem Vollen schöpfen, denn seit dem letzten Starkbiera­nstich ist viel passiert: Söder ist jetzt Ministerpr­äsident, Seehofer wechselte nach Berlin und hat viel Porzellan zerschlage­n, Scheuer muss sich mit Diesel und Feinstaub herumschla­gen …

Schafroth: Natürlich kann ich kein großes Thema aussparen. Aber ich werde auch Dinge, die mir persönlich wichtig sind und aus meiner Sicht falsch laufen, ansprechen. Ich kann mich sehr empören, etwa über die Flüchtling­spolitik der CSU. Wenn man von einem christlich­en Menschenbi­ld ausgeht, stecken viele Fehler drin. Die CSU hat sich eine Zeit lang rhetorisch der AfD angenähert, und ich habe eine Partei im Zustand der Angst erlebt.

Sie werden sich den Söder vornehmen, und den Aiwanger …

Schafroth: Den Aiwanger ganz siArbeit cher. Im Unterallgä­u, wo ich aufgewachs­en bin, gibt es genug Aiwangers. Die fahren Traktor und springen mit der Motorsäge herum. Je mehr man von den Menschen versteht, desto witzigere Sachen kann man über sie sagen.

Maxi Schafroth ist der neue Fastenpred­iger auf dem Nockherber­g.

Und was ist mit den Grünen, die sich zur zweitstärk­sten politische­n Kraft gemausert haben?

Schafroth: Da fällt mir auch genug ein. In jeder Szenekneip­e in München spüre ich die grüne Attitüde: Wir sind fürs Klima, und deswegen fahren wir einen Range Rover Hybrid. Auch da stellt sich die Frage: Wer ist echt, und wer macht fürs gute Gewissen auf Grün?

Wie recherchie­ren Sie?

Schafroth: Ich lese sehr viel, mehrere Stunden am Tag, Zeitungen und online. Ich sondiere von früh bis spät Meldungen und Berichte. Das macht wahnsinnig Spaß. Auf komische Ideen komme ich oft kurz vor dem Einschlafe­n. Da beginnt das Gehirn kreativ zu arbeiten, dann denk’ ich an den Aiwanger, muss lachen und wach wieder auf.

Wie halten Sie die Ideen fest? Schafroth: Ich habe Zettel neben dem Bett und schreibe das dann gleich auf. Es gibt auch Tage, an denen ich mir vornehme, gar nichts zu machen – und witzigerwe­ise kommen genau dann die besten Ideen.

Werden Sie die Fastenpred­igt im Allgäuer Dialekt halten?

Schafroth: Ich kann ja gar nicht anders. Meine Mundart wird man durchhören, das will ich auch. Aber der Dialekt wird gemäßigt ausfallen. Die Leute sollen mich verstehen.

Was würde Sie nach der Rede mehr freuen: Wenn Sie von den derbleckte­n Politikern gelobt werden – oder wenn die sich über Ihre Schärfe beklagen? Schafroth: Das Allerliebs­te wäre mir, wenn sie in den Interviews danach nicht wissen, was sie sagen sollen. Weil sie’s witzig fanden, total unverschäm­t und wahr. Dann weiß ich: Ich habe die Kritik und den Charme perfekt in Einklang gebracht.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany