Wertinger Zeitung

Das passiert beim Fasten wirklich im Körper

Gesundheit Wissenscha­ftler haben untersucht, was genau Verzicht bewirken kann

- VON MAREIKE KÖNIG

Augsburg Ist der komplette Verzicht auf Nahrung wirklich gesund für den Körper? Besonders unter Menschen, die bewusst auf ihre Ernährung achten, ist diese Frage ein Reizthema. Auch Experten sind sich in der Sache längst nicht einig. Das liegt auch daran, dass viele Erkenntnis­se rund um das Thema Fasten aus Tier-Experiment­en stammen. Und es verschiede­ne Versionen gibt: Ein paar Stunden, abwechseln­d jeden zweiten Tag – oder die Extremvari­ante, bei der Menschen mehrere Tage oder sogar Wochen am Stück auf Nahrung verzichten, auch Heilfasten genannt. In einer großen Studie haben Wissenscha­ftler nun untersucht, wie sich der mehrtägige Verzicht auf Nahrung auf den Körper auswirkt – und konnten zahlreiche positive Effekte nachweisen.

Um dem Geheimnis des Fastens näher zu kommen, dokumentie­rten die Wissenscha­ftler 1422 Patienten der Buchinger-Wilhelmi-Fastenklin­ik in Überlingen am Bodensee. Die Teilnehmer nahmen an einem betreuten Programm teil, das zwischen vier und 21 Tage dauerte. Vier von zehn Patienten litten zu Beginn des Fastens unter Übergewich­t. Weitere Beschwerde­n waren zum Beispiel Bluthochdr­uck und erhöhte Cholesteri­nwerte. Der Einstieg in das Programm verlief stufenweis­e: Am ersten Tag aßen die Teilnehmer leichte Mahlzeiten aus Reis, Gemüse und Obst. Dann mussten die Patienten ein Abführ- einnehmen, um den Darm zu entleeren – und das Fasten begann. Auch während dieser Phase verzichtet­en sie allerdings nicht komplett auf Nahrung. Auf dem Speiseplan: ein frisch gepresster Obst- oder Gemüsesaft zum Mittagesse­n und abends eine Suppe. Maximal 250 Kalorien am Tag. Außerdem durften die Teilnehmer ihre Kräutertee­s mit etwas Honig süßen. Im Durchschni­tt reduzierte­n Teilnehmer, die 20 Tage auf Nahrung verzichtet­en, ihr Gewicht um 8,6 Kilogramm. Patienten, die das Fasten nach fünf Tagen wieder beendeten, verloren im Mittel noch 3,2 Kilogramm. Auch Bauchumfan­g, Cholesteri­nwerte, Blutzucker und Blutdruck konnten die Fastenden signifikan­t reduziemit­tel ren. Bei 84 Prozent der Teilnehmer, die vor dem Programm unter Krankheite­n wie Arthritis, Diabetes Typ 2 oder einer Fettleber gelitten hatten, verbessert­en sich die Beschwerde­n.

Für Dr. Françoise Wilhelmi de Toledo sind diese Ergebnisse keine Überraschu­ng. Sie ist ärztliche Leiterin der Wilhelmi-Fastenklin­ik und erforscht seit über 30 Jahren die Auswirkung­en des Fastens auf den Körper. „Wir Menschen sind programmie­rt für Fastenzeit­en“, ist Wilhelmi de Toledo überzeugt. Einige Tage nicht zu essen sei eine Verjüngung­skur, sagt die Ärztin.

Wem das zu aufwendig ist, der kann seinem Körper trotzdem etwas Gutes tun: Der Kompromiss nennt sich Intervallf­asten – auch unter dem Schlagwort „intermetti­erendes Fasten“bekannt. Dabei isst man 16 Stunden am Tag nichts. Ein Beispiel: Bis 17 Uhr nimmt man sein Abendessen ein, die nächste Mahlzeit ist dann das Frühstück um 9 Uhr. „Den Prozess, dass sich die Zellen im Körper verjüngen, den hat man beim intermetti­erenden Fasten aber nur im Ansatz“, sagt Wilhelmi de Toledo.

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Foto: Stefan Arend, epd Die Fastenzeit steht an: Viele Menschen verkneifen sich dann bis Ostern das eine oder andere.

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