Goodbye forever, Michael Jackson! Debatte
Wieder einmal kursieren Gerüchte, der „King of Pop“habe sich an Kindern vergriffen. Darf man seine Musik noch hören?
Amerika debattiert derzeit wieder einmal intensiv über Michael Jackson. Das hat allerdings nichts damit zu tun, dass sich der Tod des „King of Pop“im Juni zum zehnten Male jähren wird. Er wäre heute 60 Jahre alt. Vielmehr geht es um einen Dokumentarfilm namens „Leaving Neverland“, der Ende Januar erstmals gezeigt wurde. „Leaving Neverland“berichtet von dem Choreografen Wade Robson und dem Programmierer James Safechuck, die beide behaupten, als Kinder von Michael Jackson auf seiner Farm Neverland in Kalifornien immer wieder missbraucht worden zu sein.
Michael Jackson gilt immer noch vielen – auch jungen – Menschen als Idol, das sich, geprügelt von seinem eigenen Vater, aber gesegnet mit einem fast überirdischen Maß an musikalischem und tänzerischem Talent, bis ganz an die Weltspitze der Popmusik gearbeitet hatte. Allein das Album „Thriller“, das Ende 1982 erschien, ist bis heute mit über 100 Millionen Exemplaren das meistverkaufte der Musikgeschichte.
Wären da nicht diese Gerüchte mit den Kindern. Und Hand aufs Herz: Wer sich an die 1980er Jahre zurückerinnert, weiß doch noch genau, dass auch damals schon Geschichten die Runde machten, der schlanke Michael mit der Kinderstimme (60 Kilo bei 1,75 Meter Größe) sei gar kein, sagen wir mal, handelsüblicher Mann, sondern eine Art Peter Pan, der nicht erwachsen werden wollte. Aber dessen Sexualpartner auch keine erwachsenen Menschen sein sollten. Hässliche Worte – wie etwa „Affenschänder“– kursierten damals selbst in renommierten Musikzeitschriften. Da war man politisch noch nicht so korrekt. Und: Man sagte Affen, meinte aber Kinder.
1993 wurde es erstmals Ernst für Michael Jackson. Er habe sich an dem minderjährigen Jordan Chandler vergriffen. Es gab ein Ermittlungsverfahren, das später zwar eingestellt wurde. Aber Jackson einigte sich mit den Chandlers außergerichtlich gegen eine Zahlung von 22 Millionen Dollar. Zehn Jahre später fand wieder ein Prozess statt. Dabei wurde Michael Jackson 2005 freigesprochen, den Teenager Gavin Arvizo belästigt zu haben. Wieder flossen aber abseits des Gerichtes 20 Millionen Dollar aufgrund zivilrechtlicher Vergleiche.
Ja. Möglicherweise ist der „King of Pop“immer wieder Opfer von Menschen geworden, die versucht haben, an das Geld des millionenschweren Sängers zu kommen. Man muss auch sagen: Schlussendlich ist er nie verurteilt worden.
Doch einen schalen Beigeschmack um Michael Jackson gab es irgendwie immer. Und die neuen Vorwürfe Robsons und Safechucks erneuern diesen einmal mehr. Warum umgab sich ein erwachsener Mann überhaupt immer wieder auf seiner Ranch mit letztlich fremden Kindern, die er eingeladen hatte? Um mit ihnen zu spielen?
Die Details wirken erdrückend: Jackson habe jedes Mal eine Art Alarm ausgelöst, wenn sich in seinen Gemächern ein Dritter näherte – und die Jungs mussten sich dann anziehen. Im Film werden auch konkrete Dokumente – Liebesbriefe und Audiobotschaften Jacksons an die Buben – präsentiert. Und dass der Sänger den Jungen gedroht habe, sie müssten lebenslänglich ins Gefängnis, wenn sie etwas verrieten. Es sei eine Loyalität gegenüber Jackson erzeugt worden, die sehr lange hielt – bis sich die beiden Männer jetzt so konkret öffentlich äußerten.
Michael Jackson ist längst tot. Doch in sozialen Netzwerken gerade in den Vereinigten Staaten wird das Thema derzeit heiß diskutiert. Und die Frage, ob man sich die Musik eines solchen Mannes überhaupt noch anhören sollte. Genauso, ob man sich vor dem #MeTooHintergrund etwa noch Filme von Kevin Spacey anschauen möchte. Letztlich: Ob man Kunst vom Künstler trennen darf.
Am einfachsten geht es da noch all jenen (wie dem Autor), die die Musik Michael Jacksons eh noch nie leiden konnten. Und für sich ganz ungezwungen sagen können: „Goodbye forever, Michael Jackson.“