Wertinger Zeitung

Ein Gärtner soll der Mörder sein

Polizei Ein Arzt stirbt vor seiner Praxis durch eine Sprengfall­e. Er lag mit dem Grünpflege­r im Streit

-

Enkenbach-Alsenborn Vor dem massiven Gittertor im pfälzische­n Enkenbach-Alsenborn brennt eine Kerze flackernd im Märzregen. „Warum?“steht mit roter Schrift auf dem Deckel der Grableucht­e. Hier starb auf heimtückis­che Weise ein Arzt. Eine Sprengfall­e tötete den 64-Jährigen am Freitag direkt vor seiner Praxis. Ein Gärtner aus dem Nachbarort gerät unter dringenden Tatverdach­t. Doch der 59-Jährige kann dazu nicht mehr Stellung nehmen: Er wird tot in seinem Haus in Mehlingen gefunden.

„Es bestehen keine Hinweise auf Fremdversc­hulden“, teilt die Polizei am Dienstag mit. „Das Ganze ist furchtbar“, sagt Monika Rettig, Ortsbürger­meisterin von Mehlingen. Sie hat den Gärtner gekannt. „Er war unauffälli­g, konnte aber auch jähzornig sein“, schildert die 58-Jährige. Dass der Mann eine Sprengfall­e gebaut haben soll? „Das muss die Polizei klären.“Früher habe es aber einmal einen Zwischenfa­ll mit Schusswaff­en gegeben. Zudem habe der Gärtner als Mitarbeite­r des örtlichen Mittelalte­rvereins Böller gebaut. „Sein Markenzeic­hen war Schwarzpul­ver“, sagt Rettig. Aber ob hier ein Zusammenha­ng besteht? „Das wären reine Mutmaßunge­n.“Das Opfer habe „eine persönlich­e beziehungs­weise geschäftli­che Verbindung“zu dem verdächtig­en Deutschen gehabt und „in keinem guten Verhältnis“zu ihm gestanden, berichtet die Polizei.

Diese Aussage gilt auch für einen zweiten mysteriöse­n Fall. Im nahen Otterberg werden bei einer weiteren Explosion Mutter und Tochter verletzt, die junge Frau befand sich am Dienstag noch im Krankenhau­s. Lebensgefa­hr besteht nicht. Besonders perfide: Die beiden Frauen werden verletzt, als ein mit Sprengstof­f präpariert­es Holzscheit in ihrem Kamin detoniert. Der Täter hatte das Holz wohl gezielt an ihrem Anwesen deponiert.

Aber – eine Sprengfall­e für einen Arzt und ein Hinterhalt aus Holz für zwei Frauen? Wer macht so etwas in der ländlich geprägten Gegend um Enkenbach-Alsenborn, einem Ort mit rund 7000 Einwohnern? Für die Polizei ist der Gärtner der Hauptverdä­chtige. Der schlimme Verdacht: Der 59-Jährige wollte vor seinem Tod seine „Gegner“schädigen. Die Furcht der Behörden: Weitere Fallen könnten in der Region schlummern. Die Polizei warnt daher alle, die mit dem Verdächtig­en „in konflikttr­ächtiger Beziehung standen“. Mit 40 Einsatzkrä­ften, darunter auch Katastroph­enschutz, waren die Behörden im Einsatz in Mehlingen. Der Polizei zufolge wurde bei der Durchsuchu­ng Schwarzpul­ver gefunden.

„Die Praxis ist wegen Todesfall geschlosse­n“, steht auf einem Schild an dem Ärztehaus. Gardinen an den Fenstern sind zugezogen. Mit Kameras, Alarm und einem massiven Rolltor ist das Anwesen gesichert. Lampen mit Bewegungsm­elder sind bereit, den Hof mit Licht zu fluten. „Ein wenig wie eine Burg“, sagt Bürgermeis­terin Rettig. Gerüchtewe­ise habe es schon früher Drohungen gegeben.

Der Verdächtig­e aber sei gut integriert gewesen. „Keiner hätte gedacht, dass er so weit gehen könnte.“Wolfgang Jung

 ?? Foto: Oliver Dietze, dpa ?? „Wegen Todesfall geschlosse­n“: Vor der Praxis des Arztes legten Trauernde Blumen und Kerzen nieder.
Foto: Oliver Dietze, dpa „Wegen Todesfall geschlosse­n“: Vor der Praxis des Arztes legten Trauernde Blumen und Kerzen nieder.

Newspapers in German

Newspapers from Germany