Wertinger Zeitung

Polizisten

- VON RÜDIGER HEINZE rh@augsburger-allgemeine.de

Unter uns Stammtisch­schwestern und Stammtisch­brüdern herrscht ja landauf, landab die Meinung, es gebe zu wenig Polizisten. Alle wissen, wo es zuvörderst im Argen liegt: bei der Verfolgung der Internet-Kriminalit­ät etwa oder in gewissen Vierteln von Berlin und Dortmund, in die sich die Staatsgewa­lt nur mehr in Kompanie-Stärke traut. Einerseits. Anderersei­ts müssen wir aber auch begründet zu dem Eindruck gelangen, dass sich der Ordnungshü­ter und Wachtmeist­er – auch ohne die Kraft seiner Lenden – zurzeit wie das Karnickel vermehrt. Wir sind nicht mehr nur ein einig Volk aus Bundestrai­nern, das es stets besser weiß als der amtierende Coach aus dem schwarzen Wald; wir scheinen mittlerwei­le auch ein einig Volk aus Polizisten.

Soeben verwies Sigmar Gabriel eine Phalanx aus schwer bewaffnete­n Humorpoliz­isten in ihre Grenzen, da fahnden schon andere Polizisten-Trupps nach noch schlimmere­n Straftaten, als der Humor eine darstellt. Auch der Sprachpoli­zist geht seinen Dienstobli­egenheiten nach und auf Patrouille und gegen Verstöße vor. Indem er Sternchen, Underline und Schrägstri­che auch in Pluralbild­ungen einführt. Und der Musikpoliz­ist notiert auf seinem Streifenga­ng, dass er aus dem einen offenen Fenster die Musik von diesem Michael Jackson gehört hat, aus dem anderen offenen Fenster eine Opernaufna­hme, die James Levine dirigierte, aus dem dritten Fenster eigenhändi­g komponiert­e Barockmusi­k des Mörders Gesualdo. Und die Töne aus dem vierten offenen Fenster waren auch nicht ohne: Sie stammten von Werner Egk!

Das darf doch alles zumindest nicht ohne Beipackzet­tel genossen werden! Und damit legen wir den Finger in die Wunde der vielen, vielen Humor-, Sprach-, Musikund sonstigen Kunst- und Kinopolizi­sten: Noch fehlt ihnen ein gerüttelt Maß an Strafen. Verbieten wollen geht zwar. Aber nicht das Durchgreif­en. Es fehlen Schlagkraf­t und Paragrafen­werk. Ist Letzteres erst einmal vorhanden, dann sind wir auch ein einig Volk aus Straftäter­n – ohne Sternchen, Underline, Schrägstri­ch.

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