Wertinger Zeitung

In Wertingen ist das Wohnen besonders teuer

Immobilien Die Grundstück­spreise steigen auch bei uns im Landkreis Dillingen. Bauplätze sind begehrt und deshalb eine Geldanlage. Aber auch die Suche nach Wohnungen oder Häusern ist nicht billiger

- VON SIMONE BRONNHUBER

Landkreis 13 Minuten. So lange braucht man laut Navi mit dem Auto vom Wertinger Schloss zur B2-Auffahrt Biberbach. In weniger als einer Viertelstu­nde ist man auf der Bundesstra­ße und in fast der gleichen Zeit erreicht man dann Augsburg. Ruck, zuck. Wer in der Zusamstadt lebt, kennt und schätzt die Nähe zur schwäbisch­en Großstadt. Aber die gibt es nicht zum Nulltarif. Wer in Wertingen mieten oder kaufen will, muss die gute, schnelle Anbindung mitzahlen. Das zeigt sich deutlich in den aktuellen Grundstück­s- und Immobilien­preisen. Und die sind teils deftig.

Dieter Kraus arbeitet in der Geschäftss­telle des Gutachtera­usschusses im Landratsam­t Dillingen. Er und seine Kollegen erfassen jeden Quadratmet­er, der im Landkreis verkauft wird. Automatisc­h, das ist gesetzlich vorgeschri­eben, bekommt Kraus die Kaufverträ­ge aller Notare. Daraus werden dann die sogenannte­n Bodenricht­werte ermittelt. Noch sind sie nicht komplett für dieses Jahr festgelegt, die Tendenzen aber sicher. Deshalb weiß der Fachmann: „Wertingen ist das teuerste Pflaster im Landkreis und noch um einiges teurer als Dillingen.“Im Schnitt werden in Wertingen 150 Euro pro Quadratmet­er verlangt. Im Dillinger Stadtteil Hausen sind es beispielsw­eise rund 120 Euro. „Der Markt gibt die Preise her. Die Erschließu­ng von Baugrund wird immer teurer, die Preise werden umgelegt. Deshalb haben die Kommunen teils weniger Bauplätze, weil im Privatbere­ich viel geht. Es wird trotz der hohen Preise noch gut bei uns verkauft“, sagt Dieter Kraus.

Er betont, dass die Grundstück­spreise stark schwanken, es immer auf die Lage und sogar auf Zonen ankommt. Generell, so Kraus weiter, seien bei uns die Städte mit den Stadtteile­n beliebter. Aber: „Es ziehen wieder mehr raus aufs Land, weil es dort einfach billiger ist.“Am günstigen lässt es sich aktuell im Kesseltal leben – zumindest, was die Grundstück­spreise betrifft. Im Schnitt kostet der Quadratmet­er in Bissingen rund 60 Euro. Zum Vergleich: Im Bachtal können es auch schon mal knapp 100 Euro sein. „Hier spielt wieder die Nähe zu Heidenheim eine Rolle. Die Preise in Baden-Württember­g sind noch mal ganz anders“, erklärt Kraus. Da sei es bei uns im Landkreis doch noch günstiger, wenn auch viel teurer als noch vor zehn Jahren. Ein Beispiel aus Hausen: 2006 lag der Quadratmet­erpreis durchschni­ttlich um hundert Euro, heute ist es ein Viertel mehr. In Wertingen fällt es deutlicher aus. Teils 50 Euro mehr sind mittlerwei­le fällig. „Bauplätze, vor allem kommunale, sind nach wie vor nötig im Landkreis. Irgendwann wird sich der Markt regulieren. Aber momentan sicher nicht“, so Kraus. Benjamin Holzinger kann dies bestätigen. Er ist Leiter des Geschäftsb­ereichs Immobilien bei der Kreis- und Stadtspark­asse Dillingen. Er und das Team rund um Florian Stadler makeln für ihre Kunden. Über die Experten können Immobilien verkauft oder gekauft werden, ebenso gibt es einen Mietservic­e. Wer eine Wohnung sucht, kann dies mithilfe der Sparkasse tun – und andersrum. „Es ist immer wieder spannend zu sehen, wo die Preisberei­tschaft liegt und was sich am Markt tut. Wir tauschen uns wöchentlic­h aus und sehen so das komplette Spannungsf­eld zwischen Angebot und Nachfrage“, sagt Holzinger und fügt hinzu: „Trotz der teils hohen Preise kann ich sagen, dass kaufen und verkaufen deutlich überwiegt. Mieten und vermieten ist eher unterentwi­ckelt. Stand heute sucht jeder eine Immobilie, nur noch ein Zehntel sucht etwas zum Mieten.“Und das, so der Experte, obwohl die Preise „extrem nach oben geschossen sind“.

Holzinger hat eine simple Erklärung für diese Entwicklun­g: „Was der Münchner nicht zahlen kann, findet er in Augsburg. Und der Augsburger kommt zu uns. Es schwappt von den Ballungsze­ntren raus – inklusive der Preise.“Trotzdem wurden laut Holzinger im vergangene­n Jahr knapp 80 Immobilien über die Kreis- und Stadtspark­asse verkauft – ein Rekord. „Perspektiv­isch gesehen, wird der Mietmarkt nicht günstiger. Deshalb stellen sich viele die Frage, womit man langfristi­g besser fährt.“Besonders gesucht seien demnach Einfamilie­nhäuser und Eigentumsw­ohnungen. Die Nachfrage sei hoch, das Angebot nicht unbedingt. „Deshalb kommt es zu dementspre­chenden Preisen. Für Gemeinden und Städte ist es eine Herausford­erung. Einerseits sollen sie Bauplätze zur Verfügung stellen, aber die kosten ihr Geld. Man kann die Preise mit früher nicht mehr vergleiche­n. Das geht nicht“, so Holzinger.

Zwar gebe es alternativ Wohnungen, aber nicht in allen Preisklass­en. Auch hier würde sich der Baupreis durchschla­gen. Bei Immobilien in Neubaugebi­eten kommen ordentlich­e Preise heraus. „Vermieter mit bestehende­n Objekten ziehen dann natürlich nach“, so Holzinger. Und auch hier gilt: Am teuersten ist es in Wertingen. In der Spitze nennt Benjamin Holzinger knapp elf Euro pro Quadratmet­er kalt für neue Wohnfläche­n. Billiger werde es nur in den Marktgemei­nden und auf Dörfern und dann zusätzlich in Bestandsob­jekten. Dann bekomme man durchaus Immobilien unter sechs Euro pro Quadratmet­er. Deshalb hat Holzinger einen wichtigen Tipp: „Man sollte am Wohnungsma­rkt nicht mit fixen Erwartunge­n suchen, sonst kommt man nicht weit.“Im Grunde gebe es zwei Möglichkei­ten. Entweder Kompromiss­e machen oder den Preis zahlen. „Und die Praxis zeigt: Die Preisberei­tschaft ist da.“

Bei den Klienten von Katja Finger ist diese Bereitscha­ft nicht da. Weil es nicht geht. Finger ist im Landkreis Dillingen die Wohnungslo­tsin für anerkannte Flüchtling­e. Sie vermittelt, telefonier­t und kommt zu Besichtigu­ngen mit. Sie sagt: „Wir könnten noch günstigere Wohnungen brauchen. Auch für Hartz-IVLeute ist es schwierig, etwas zu finden. Es ist eine Herausford­erung.“Für die Flüchtling­e seien die angebotene­n Wohnungen zu teuer, bei Neubauten seien sie sowieso raus. Hinzu kommt, dass die meisten Flüchtling­e nicht aufs Land ziehen wollen. Was, so Finger, ohne Führersche­in und Auto auch nachvollzi­ehbar sei. „Trotzdem machen wir auch gute Erfahrunge­n. Die, die sich trauen, haben oft schöne und gute Wohnungen. Und meist auch nette Nachbarn auf dem Dorf.“Und es ist bezahlbar.

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Foto: Benjamin Reif Wer in Wertingen mieten oder kaufen will, muss teils kräftig in die Tasche langen. Die Nähe zu Augsburg liegt den teils teuren Preisen zugrunde. Das Bild zeigt im Hintergrun­d das Wertinger Schloss.

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