Wertinger Zeitung

Betrifft: Geräusche von früher

- (mls)

Das Klingeln des W58 hört sich nach Schwarzwei­ß-Film und SED-Bezirkslei­tung an. Das W 58 war das erste Standardte­lefon der DDR, Baujahr 1958. Wählscheib­e, Klangvolum­en – alles dabei. Heute genügt ein Klick auf den Play-Pfeil am PC und man kann sich 60 Jahre zurückhöre­n – in die W 58-Zeit, als das Läuten eines Telefons noch Bedeutung hatte und Wucht genug, eine ganze Dreiraumwo­hnung in Schwingung und Anspannung zu versetzen.

Ein Internetan­gebot der Neuen Sammlung in München macht es möglich, sich Design-Klassiker im Original anzuhören. Wie röhrte der Wankelmoto­r im RO 80, diesem seltsamen Seifenstüc­k von Auto? Welche akustische Durchschla­gskraft wohnt der HSM 300 inne – der Bohrmaschi­ne aus dem VEB Werkzeugko­mbinat Schmalkald­en, gebaut 1962? Und, etwas für Feinschmec­ker und Geräusch-Puristen: Welches minimale Klacken ließ die Olivetti Lettera 22 Schreibmas­chine vernehmen, wenn ein berühmter Schriftste­ller (stellen wir uns vor) den Frontschut­z öffnete und wieder schloss?

Ob gutes Design besser klingt als durchschni­ttliches, ist schwer zu beurteilen. Wie handgemach­te Musik sind die Gerätschaf­ten und Maschinen durch Gebrauch mit Geräuschen verbunden. Und ja: Der Tischventi­lator QL 2 aus dem VEB (für Langhörer: Volkseigen­er Betrieb) Elektroins­tallation Oberlind klingt auf Stufe 1 auf subtile Weise nervtötend, aber technisch einwandfre­i. Das Designmuse­um hat viele Stücke seiner Sammlung mit Ton unterlegt. Wer die Dinge noch aus persönlich­er Gebrauchse­rinnerung kennt, für den reicht ein akustische­r Happen vielleicht zum Wiedererke­nnen. Nachgebore­ne staunen über die Töne, die der alte Maschinenp­ark von sich gibt. Zumal heute, wo Sounddesig­ner smarten Objekten Klanganzüg­e schneidern, die Mechanik-Geräusche bloß noch simulieren.

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