Fastenzeit: „sieben Wochen ohne“
Das christliche Wort Heute von Anja Näpflein, ev. Kirchengemeinde Gundelfingen/Bächingen
Liebe Leserinnen und Leser,
vor über einer Woche hat sie begonnen, die Fastenzeit. Haben sie sich heuer vorgenommen, auf etwas zu verzichten? Schokolade und Alkohol stehen bei vielen Fastenden hoch im Kurs. Manche verzichten in der Vorbereitungszeit auf Ostern komplett auf Zucker oder Fleisch.
Viele die dies gerade tun oder schon mal gemacht haben, wissen, dass es gar nicht so einfach ist, über so einen langen Zeitraum auf etwas zu verzichten, was normal eine Gewohnheit ist. Ich finde, dies ist aber noch leichter, als das, was die Aktion „7 Wochen ohne“, heuer als Fastenmotto hat. Sieben Wochen ohne Lügen. Mal ehrlich, könnten sie das?
Sie sind von Grund auf ehrlich – na dann. Aber laut Studien lügt man mehrmals täglich. Manche meinen, ein Erwachsener lügt 200 mal pro Tag. Warum lügen wir, oft ist es aus Unachtsamkeit oder Gedankenlosigkeit. Manchmal lügen wir, aber aus Höflichkeit oder weil wir den anderen nicht verletzen wollen. Wenn einen etwa der Kellner im Lokal fragt, ob es geschmeckt hat, dann sagen wir doch meist ja, auch wenn das Essen nicht unser Geschmack war oder es irgendwelche Mängel hatte, es zum Beispiel versalzen war.
In einer Umfrage zu dem heurigen Aktionsthema „7 Wochen ohne Lügen“wurde eine Frau gefragt, was sich denn verändern würde, wenn sie sieben Wochen nicht lügen würde? Sie meinte: „Ich hätte danach keine Freunde mehr.“Und ich glaube, die Frau hat recht.
Sagt man der Freundin, die so stolz auf ihre neue Frisur ist, dass diese ihr überhaupt nicht steht? Sie merken schon, sieben Wochen ehrlich zu sein, ist gar nicht so einfach. Da ist ja der Verzicht auf Süßes oder Alkohol wohl eher ein Kinderspiel.
Es gäbe aber eine Person, bei der man mit der Ehrlichkeit beginnen könnte. Es ist jemand, der nicht beleidigt sein wird, wenn man ehrlich ist. Sie wird einem auch nicht die Freundschaft kündigen, denn das geht nicht. Sie denken jetzt sicher – ich meine Gott.
Aber den meine ich in diesem Fall gar nicht. Er wäre aber einer, der unsere Ehrlichkeit verträgt und mitträgt. Ich meine jemanden, der ihnen noch näher steht.
Seien sie doch mal ehrlich zu sich selbst. Schieben sie in der Fastenzeit nicht die Schuld auf den Kollegen, sondern stehen sie zu Fehlern, die Sie gemacht haben. Überlegen Sie, welchen Anteil Sie an Streitigkeiten haben. Und, und, und. Ich denke, es gibt vieles, wo es an Ehrlichkeit uns selbst gegenüber fehlt. Die Fastenzeit dauert noch einige Wochen, da fällt Ihnen sicher noch mehr ein, wann, wo und wie Sie ehrlich zu sich selbst sein können. Ungelogen! Ihre
Anja Näpflein, Diplom-Religionspädagogin, Gemeinde- und Jugendreferentin, Evangelische Kirchengemeinden Bächingen und Gundelfingen