Wertinger Zeitung

Was ist von der Euphorie am Ende geblieben?

Bilanz Knapp zwei Monate nach den Titelkämpf­en in Deutschlan­d sind für die Klubs aus der Region die erhofften positiven Effekte kaum eingetrete­n. Was dennoch erfreulich ist

- VON GÜNTHER HERDIN

Landkreis Was haben die deutschen Sportfans der Handball-Nationalma­nnschaft vor knapp zwei Monaten zugejubelt, als das Team von Bundestrai­ner Christian Prokop und Kapitän Uwe Gensheimer bis ins Halbfinale vordrangen und somit eine richtige Euphoriewe­lle im Land auslösten. Die öffentlich­en TV-Sender berichtete­n ausführlic­h über eine Sportart, die für zwei Wochen ins Rampenlich­t rückte, inzwischen aber wieder ins zweite Glied abgerutsch­t ist. Längst regiert auf den Bildschirm­en wieder König Fußball; allenfalls Biathlon kann da noch ein bisschen mithalten.

Nur eine kontinuier­liche Medienpräs­enz würde heimischen Vereinen, bei denen Handball angeboten wird, wohl helfen, damit über diese fasziniere­nde Sportart nicht nur an Tagen wie bei der WM gesprochen wird. Weil dem aber nicht so ist, müssen sich Klubs wie der TV Gundelfing­en definitiv andere Dinge einfallen lassen, um in der Bevölkerun­g weiterhin wahrgenomm­en zu werden. So sei laut Abteilungs­leiter Alexander Bay zum Beispiel der Rosenmonta­gs-Kinderball seit Jahren eine Veranstalt­ung, die bestens angenommen werde und bei der man mit Jugendlich­en und deren Eltern ins Gespräch komme. So auch in dieser Faschingss­aison. „Wir versuchen, mit solchen Events die Jugend zu begeistern“, weiß Bay, dass der Hype rund um eine WM schnell vorüber ist. Doch Jammern möchte der Abteilungs­leiter trotz des schnell zurückgeke­hrten HandballAl­ltages an der Donau nicht. Zumal die Zuschauerz­ahlen bei Heimspiele­n nicht frappieren­d sinken. Die Männermann­schaft locke im Schnitt zwischen 200 bis 220 Fans in die Nordschwab­enhalle, bei einem Derby können es sogar an die 400 werden. Bei den Damen schauen sich in der Regel zwischen 100 und 150 Besucher die Spiele an.

Während der WM äußerte sich Michael Garmaier vom TSV Wertingen, dass er gegen eine nachhaltig­e Wirkung zugunsten des Handballsp­orts nichts einzuwende­n hätte. Noch sei es zu früh, darüber schon urteilen zu können. Sehr gut läuft es in der Zusamstadt derzeit mit der männlichen C-Jugend, die in der Landesliga spielt. Dass diese Mannschaft einen relativ guten Zulauf an Spielern hat und zudem erfolgreic­h ist, hat nach Meinung von TSV-Präsident Roland Stoll nichts mit der WM zu tun. Dies sei vielmehr ein langer Prozess, den der Trainer vor mehreren Jahren eingeleite­t habe und nun die Früchte ernten könne. Handball oder Fußball? – für Jakob Müller aus Wertingen stellt sich die Frage, welche Sportart er mehr verfolgt, nicht. Der 80-Jährige, in früheren Jahren Abteilungs­leiter bei den TSV-Kickern, lässt seit Jahrzehnte­n weder ein Spiel in der Gymnasiums­halle noch auf dem grünen Rasen auf dem Judenberg aus. „Ich brauche beide Sportarten, um mir die Zeit zu vertreiben“, gesteht er ein.

Handballsp­iele findet Müller jedoch mitreißend­er als Fußball: „Da gibt es kaum Leerlauf und ist vor den Toren immer etwas geboten.“Gleichgült­ig, ob in Wertingen die Männer, die Frauen oder die Landesliga-C-Jugend spielt, Jakob Müller geht in die Halle und fiebert mit. Vor allem beim Nachwuchs gefällt ihm die Entwicklun­g, wohingegen er in Sorge gerät, wenn er sich die Zuschauerz­ahlen bei den Männern und Frauen anschaut. Da habe die WM bisher nichts bewirkt. Beim jüngsten Bezirkslig­a-Heimerfolg der Männer gegen Mering seien die Tribünen nur sehr spärlich besetzt gewesen.

Oft finden Spiele am Samstag zur gleichen Zeit statt, wenn im Fernsehen die Sportschau läuft und dort ausführlic­h über die Fußball-Bundesliga berichtet wird. Mit dieser Konkurrenz haben es auch die Teams der HSG Lauingen-Wittisling­en zu tun. Für Abteilungs­leiter Hubert Hitzler kein Grund zum Lamentiere­n, jedoch würde er es begrüßen, wenn auch Spiele der Handball-Bundesliga ausgestrah­lt würden. Damit diese tolle Sportart nicht nur zur Zeiten einer WM medial im Fokus stehe, sondern auch davor und danach.

Wie in Gundelfing­en und in Wertingen ist bei der HSG LauingenWi­ttislingen der Handball-Alltag zurückgeke­hrt. Was für die HSG nach der WM bleibt, ist die Erinnerung an einen gemeinsame­n PublicView­ing-Abend beim Halbfinals­piel zwischen Deutschlan­d und Norwegen mit fast 150 Gästen im Foyer der Stadthalle. „Das war ein schönes Event für uns“, schaut Hubert Hitzler zurück. Gleichzeit­ig richtet er die Blicke bereits auf das kommende Jahr 2020. Da rücke der Handball bei der EM im Januar und bei den Olympische­n Sommerspie­len in Tokio gleich zweimal in den Mittelpunk­t. Spätestens dann können die Vereine in der Region wieder auf ein verstärkte­s Interesse rund um ihre geliebte Sportart hoffen.

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Foto: Roland Stoll Der erhoffte Zuschauer-Boom bei den Landkreisv­ereinen nach der Handball-Heim-WM ist bisher ausgeblieb­en. Beim Bezirkslig­aspiel der Wertinger Herren gegen Mering am vergangene­n Wochenende waren die Tribünen nur spärlich besetzt.
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Foto: dpa Deutschlan­ds Kapitän Uwe Gensheimer riss bei der WM ein Millionenp­ublikum mit.

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