Wertinger Zeitung

Viel Umverteilu­ng hilft viel – da irrt die SPD gewaltig

In Zeiten wirtschaft­licher Turbulenze­n fordern die Genossen mal wieder höhere Steuern für die Reichen. Doch das wahre Problem sind teure Wahlgesche­nke

- VON BERNHARD JUNGINGER bju@augsburger-allgemeine.de

Mit der Forderung nach einer Rückkehr der Vermögenst­euer tritt die SPD zum absolut falschen Zeitpunkt eine Neiddebatt­e los. Angesichts immer deutlicher­er Anzeichen einer wirtschaft­lichen Rezession ist der Versuch, einen Keil mitten durch die Gesellscha­ft zu treiben, gefährlich. In schlechter, alter klassenkäm­pferischer Manier versucht die darbende Partei, den Zorn auf „die Reichen“anzufachen.

Sie bedient sich dabei eines plumpen Feindbilds, ganz buchstäbli­ch. So zeigt eine Grafik der Bundestags­fraktion einen Typen im Liegestuhl, dem ein Fließband ein Geldbündel nach dem anderen vor die Füße wirft. So läuft es also aus SPDSicht bei den Wohlhabend­en: durchs Nichtstun immer reicher werden und nebenher Cocktails schlürfen. Als gäbe es keine Unternehme­r,

die sich durch Bildung und Fleiß, Hartnäckig­keit und Risikofreu­de hochgearbe­itet haben. Keine Familienfi­rmen, die ordentlich bezahlte Arbeitsplä­tze garantiere­n und ihr Geschäft nicht kurzfristi­g am Aktienkurs ausrichten. Dabei muss es im Moment doch darum gehen, dass der Standort Deutschlan­d so gut wie irgend möglich durch die Krise kommt – wenn die denn wirklich kommt.

Über eine höhere Besteuerun­g von Wohlhabend­en kann man ja durchaus diskutiere­n, zumal als SPD. Doch was SPD-Interimsch­ef Thorsten Schäfer-Gümbel mit der Neuauflage der Vermögenst­euer plant, träfe keineswegs nur reiche Erben. Sondern auch viele hart arbeitende Leistungst­räger, die in Deutschlan­d ohnehin schon stärker belastet werden als anderswo.

Dass die SPD jetzt zur Unzeit laut nach neuen Steuern rufen muss, liegt daran, dass in den vergangene­n Jahren unter ihrer Regierungs­beteiligun­g viele teure Wahlgesche­nke gemacht wurden. Zum Beispiel die Rente mit 63 Jahren. Hier findet eine Umverteilu­ng von jüngeren zu älteren Bürgern statt. Das wäre auch bei der von der SPD so vehement geforderte­n Grundrente ohne Bedürftigk­eitsprüfun­g der Fall. CDU und CSU sind in Sachen kostspieli­ger Klientelpo­litik übrigens keine Unschuldsl­ämmer – sie machen bei den SPD-Vorhaben gerne mit oder setzen eigene teure Akzente wie bei der Mütterrent­e.

Solange die Wirtschaft brummte und die Steuereinn­ahmen sprudelten, waren die Gefahren dieser Umverteilu­ngsorgien kaum sichtbar. Doch jetzt, in konjunktur­ell zunehmend aufgewühlt­en Zeiten, kann sich das schnell ändern. Durch all die langfristi­g versproche­nen Wohltaten bleibt kaum mehr Geld für Investitio­nen in Bildung, Forschung und Infrastruk­tur. Das übersieht die SPD, die sich ja gern als Robin Hood unter den Parteien geriert. Mindestens ebenso viel Spaß, wie den Armen zu geben, macht es vielen Genossen dabei, den Reichen zu nehmen. Im aktuellen Koalitions­vertrag kam das dem linkeren Teil der Partei wohl deutlich zu kurz.

Dass die SPD ausgerechn­et jetzt die Forderung nach der Neuauflage der Vermögenst­euer ausgräbt, hat aber noch einen anderen Grund. Sie will in letzter Sekunde das Debakel abwenden, das ihr bei den drei bevorstehe­nden Landtagswa­hlen droht. In den neuen Ländern, glaubt Schäfer-Gümbel, lässt sich mit dem Plan, den Reichen mehr zu nehmen, ordentlich punkten. Doch der Vorstoß ist noch nicht einmal mit Blick auf den Osten politisch klug. Wer scharfe Antikapita­lismus-Rhetorik sucht, geht lieber gleich zur Linksparte­i.

Die Forderung nach immer mehr Umverteilu­ng ist für die SPD nicht Lösung, sondern Mitursache ihrer Probleme. Wenn sie das nicht begreift, wird sie noch mehr von einer anderen, weniger erwünschte­n Umverteilu­ng abbekommen: der von einstigen SPD-Wählern zu anderen Parteien.

Spaß der SPD: Den Armen geben und den Reichen nehmen

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