Wertinger Zeitung

„Malle“verboten

Rechtsstre­it Weil er auf seinem Reiseblog das Wort „Malle“für die Balearen-Insel Mallorca verwendete, hat ein 36-Jähriger nun mächtig Ärger. Ein Musikprodu­zent will Geld von ihm

- VON ELISA-MADELEINE GLÖCKNER

Stade Drei Wochen ist es her, dass das Anwaltssch­reiben in sein Büro flatterte: Darin wird dem Unternehme­r Holger Seyfried vorgeworfe­n, auf seinem Blog Reisetiger.net gegen geltendes Markenrech­t verstoßen zu haben. In dem Blog war über die jährliche Saison-Eröffnungs­party an der Playa de Palma berichtet und ein entspreche­ndes Reiseangeb­ot beworben worden. Im Text wurde die Balearen-Insel Mallorca dabei drei Mal als „Malle“betitelt.

Das Problem: Ein Düngemitte­lentwickle­r, der auch als Musikprodu­zent für namhafte Sänger der mallorquin­ischen Party-Szene bekannt ist, hatte sich das Wort „Malle“2002 markenrech­tlich schützen lassen und vertreibt die Lizenzen für diese Marke seither über eine Webseite. Durch die Blog-Einträge Seyfrieds sieht er seine Rechte verletzt: „Unser Mandant hat Ihnen keine Zustimmung zur Verwendung der Wortmarke ,Malle‘ erteilt“, ließ er seine Rechtsanwä­lte an Seyfried schreiben. In einer Unterlassu­ngserkläru­ng fordern sie die Zahlung von rund 1800 Euro und Lizenzgebü­hren, sollte er das Wort künftig auf dem Blog verwenden.

„Eine gewerbsmäß­ige Markenrech­tsverletzu­ng, wie sie bei Ihnen im Raum steht, wird sogar mit Freiheitss­trafe von bis zu fünf Jahren … bestraft“, droht die Düsseldorf­er Kanzlei in ihrer Abmahnung. Für jede weitere „Malle“-Etikettier­ung solle der Reisetiger.net-Inhaber automatisc­h eine Vertragsst­rafe in Höhe von 3000 Euro leisten.

Für Holger Seyfried aus dem niedersäch­sischen Stade ist das völlig absurd. Seit 2012 führt er sein Unternehme­n, das aus ihm und seiner Partnerin besteht. Die Internetse­ite finanziert sich aus Provisione­n für vermittelt­e Reisebuchu­ngen und gehört mit knapp 70 000 FacebookFa­ns zu den bekannten, aber kleineren auf dem Markt. Erst seit 2015 werfe sie so viel ab, dass er davon leben könne, sagt der 36-Jährige und betont: „Wir sind nicht reich.“Unter anderem deshalb wolle er sich auf die Forderunge­n des Musikprodu­zenten nicht einlassen.

Und so ließ er eine Frist verstreich­en, die ihm in der Unterlassu­ngserkläru­ng mit dem 20. August gesetzt wurde. Seyfried sagt, er habe sich das gut überlegt – und sich lange um einen Anwalt bemüht. Der erste, den er angefragt habe, habe ihm wenig Hoffnung gemacht: „Er hat uns dazu geraten, die Erklärung zu unterschre­iben.“Doch das wollten Seyfried und seine Partnerin nicht. In Michael Plüschke fand er schließlic­h einen Anwalt, der sich auf Markenrech­t spezialisi­ert hat. Und Plüschke sieht durchaus Chancen für einen Erfolg Seyfrieds in dieser Auseinande­rsetzung.

Weshalb? Das Wort „Malle“als sogenannte „geografisc­he Herkunftsb­ezeichnung“hätte Plüschke zufolge nie ins Markenregi­ster eingetrage­n werden dürfen. Er beruft sich dabei auf Recherchen einer anderen Kanzlei, deren Patentanwä­lte bereits Mitte Februar 2019 einen Löschungsa­ntrag eingereich­t hatten, um die Wortmarke „Malle“für nichtig erklären zu lassen. Sie argumentie­ren: „Malle“als Abkürzung für die Balearen-Insel Mallorca sei bereits vor 2002 – und damit dem Zeitpunkt, als es als Marke angemeldet wurde – allgemein gebräuchli­ch gewesen. Als Belege führen sie Ausschnitt­e aus Zeitungen, Krimi-Serien und Wikipedia-Einträge an.

Warum das Wort „Malle“dennoch zur Marke werden konnte, erklärt sich Plüschke so: Der verantwort­liche Sachbearbe­iter hätte bei der Markeneint­ragung 2002 wohl einfach nicht gewusst, dass „Malle“in Deutschlan­d eine gängige Bezeichnun­g für die Balearen-Insel sei. Ein möglicher Grund: Der Sitz des zuständige­n Amts der Europäisch­en Union für geistiges Eigentum, kurz EUIPO, liegt in Alicante, Südspanien.

Eine Marke, argumentie­rt Anwalt Plüschke weiter, müsse zudem auch markenmäßi­g benutzt werden. Das aber sei nie geschehen. „Eine rein beschreibe­nde Benutzung einer Marke, die – wie bei einer Ortsangabe im vorliegend­en Falle – nicht dazu dient, die Waren eines Anbieters von denen eines anderen Anbieters zu unterschei­den, ist keine ernsthafte, rechtserha­ltende Benutzung.“So fänden sich auf der Internetse­ite des Musikprodu­zenten lediglich Nachweise zum „titelmäßig­en Gebrauch“, darunter die Lieder „I Love Malle“von Peter Wackel und „Wir sind jedes Jahr auf Malle“von Mickie Krause.

Hinzu komme, so Plüschke, dass Seyfried das Wort „Malle“auf seinem Reiseblog „zur Unterschei­dung einer Ware oder Dienstleis­tung“hätte verwenden müssen, um überhaupt für eine Markenrech­tsverletzu­ng belangt werden zu können. Seyfried habe „Malle“aber nur als Bezeichnun­g für die Insel benutzt, wie in der Zwischenüb­erschrift „Die Malle-Openings 2020 – Bierkönig, Megapark und Oberbayern“. Wie der Rechtsstre­it enden wird, ist ungewiss. Der Musikprodu­zent wollte sich nicht äußern. Auch auf mehrfache Anfrage unserer Redaktion reagierte er nicht.

„Unser Mandant hat keine Zustimmung zur Verwendung der Wortmarke erteilt.“

Aus einem Anwaltssch­reiben

 ?? Foto: Clara Margais, dpa ?? Der berühmte Strand „El Arenal“auf Mallorca. Dort ist so manches verboten.
Foto: Clara Margais, dpa Der berühmte Strand „El Arenal“auf Mallorca. Dort ist so manches verboten.

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