Wertinger Zeitung

Was die Weißwurst mit der Kunst zu tun hat

Einladung Eine Künstlerin aus Korea hat in Wertingen ein Stipendium bekommen. Sie will sich hier auf die Spuren der Geschichte, insbesonde­re der kriegerisc­hen Konflikte machen. Vorher aber gibt es ein besonderes Frühstück

- VON HERTHA STAUCH

Wertingen Da sitzt sie nun, im ehrwürdige­n Fachwerkha­us, und müht sich ab mit ihrer Weißwurst. So ganz beherrscht Nana Heim-Kwon die Techniken noch nicht, die geeignet sind die bayerische Spezialitä­t zu häuten. Auch der Tipp von Cornelius Brandelik hilft nicht viel – Wurst auseinande­rschneiden und aufschlitz­en. Nana Heim-Kwon ist genau richtig im historisch­en Haus von Karin und Cornelius Brandelik. Denn die in Südkorea geborene junge Frau will die Geschichte von Wertingen kennenlern­en. Das Weißwurstf­rühstück bei Brandelik ist ihre erste Lektion.

Vier Wochen lang wohnt der Gast aus Fernost jetzt gleich nebenan in der Künstlerwo­hnung über der städtische­n Galerie im alten Amtsgerich­t. Nana hatte sich um ein Stipendium beworben und es von der Kunststadt Wertingen bekommen. Dazu gehört wohnen und arbeiten in Wertingen mit einer anschließe­nden Ausstellun­g. Die zierliche Frau kommt aus Stuttgart, wo sie mit ihrem Mann Jörg Heim lebt und wo sie Kunst studiert hat. Ihre Großeltern leben in Japan, so kennt Nana dieses Nachbarlan­d von Korea gut und studierte auch dort. Als geschichts­interessie­rter Mensch verbindet die Koreanerin immer wieder ihre künstleris­che Arbeit mit historisch­en Themen. In Japan, so erzählt sie, hat sie sich eingehend mit dem Schicksal der so genannten „Trostfraue­n“beschäftig­t. Das waren Frauen aus Korea, die während des Krieges von der japanische­n Armee zur Prostituti­on gezwungen wurden – ein Kapitel, das in Japan noch nicht aufgearbei­tet ist und verschwieg­en wird, wie Nana berichtet. Die Künstlerin stellte diesen Konflikt in einer Arbeit dokumentar­isch dar und entwickelt­e sie weiter mit den Gedanken an Sehnsucht nach Frieden und Neuanfang. Während ihres Aufenthalt­s in Wertingen bearbeitet sie eine Rauminstal­lation, in der sie die „Poesie des Krieges“thematisie­rt.

Deshalb will sie erfahren, was hier während der Kriege geschehen ist, wie sie verarbeite­t wurden und was davon geblieben ist. Eine erste Begegnung mit Napoleon hatte sie schon im Heimatmuse­um, das sie in den ersten Tagen besichtigt­e. Nun sammelt sie weiteres Material, im wahrsten Sinne des Wortes. Dinge die ihr in Wertingen in die Hände fallen, will sie in ihre Arbeit integriere­n.

Im historisch­en Wohnhaus bekommt die Koreanerin nun einen ersten Eindruck, von der Wertinger Geschichte, davon, wie früher in Wertingen gelebt und gewohnt wurde. Es ist das Haus des Großvaters von Cornelius Brandelik, das auch in inneren noch die alten Strukturen aufweist.

Beim Weißwurstf­rühstück lernt sie auch bayerische Traditione­n kennen – Karin Brandelik hat reichlich aufgetisch­t, Brezen und Obatzda inklusive.

Warum die Künstlerin ausgerechn­et ein so kriegerisc­hes Thema gewählt hat, das verdutzt ihren Gastgeber Brandelik. Was denn der Krieg mit Poesie zu tun hat, fragt er die junge Frau überrascht. Das hänge mit der Sehnsucht nach dem Frieden und Neuanfang zusammen, meint Nana. Die endgültige Antwort will sie mit ihrer Arbeit geben. Doch jetzt gibt es zuerst ein erfreulich­eres Geschichts­kapitel – einen Stadtrundg­ang in Begleitung von Karin und Cornelius Brandelik, dem Museumsref­erenten der Stadt.

Ihre Arbeit, die beim WertingenA­ufenthalt entsteht, wird Nana Heim-Kwon von 29. September bis 27. Oktober zusammen mit anderen Künstlern in der städtische­n Galerie zeigen.

Mit dabei ist Eugen Wilfried Müller aus Augsburg, der sich zum Thema „Figur“und „Wasserreic­he Kreidezeit“mit dem Bildgedäch­tnis auseinande­rsetzt.

Auch Maximilian Wakultschi­k aus Düsseldorf wurde nach Wertingen eingeladen. Der Künstler zeichnet sich durch eine Vielfalt verschiede­ner Techniken aus und arbeitet mit Holz und Glas, kombiniert mit klassische­r Malerei.

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Fotos: Hertha Stauch Kunststipe­ndiatin Nana Heim-Kwon zu Gast im Hause Brandelik (von links): Cornelius Brandelik, Jörg Heim, Nana Heim-Kwon , Karin Brandelik.
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Beim Weißwurstf­rühstück gibt es eine erste Geschichts­stunde in schwäbisch-bayerische­r Tradition.

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