Wertinger Zeitung

Fernbus gegen Bahn – wer bietet was?

Reisen Wer innerhalb Deutschlan­ds nicht fliegen möchte, steigt gerne in den Zug oder fährt mit dem Fernbus. Beide Verkehrsmi­ttel haben Vor- und Nachteile. Ein Überblick, wer womit besser fährt

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Wiesbaden Wie kommen wir von A nach B? Bei der Entscheidu­ng darüber, welches Verkehrsmi­ttel man für eine Reise nutzen will, kommt es nicht immer nur auf den Preis an. Auch Reisezeit oder Bequemlich­keit können eine große Rolle spielen. Statt ins Flugzeug setzen sich viele deshalb in die Bahn oder den Fernbus: Nach Angaben des Statistisc­hen Bundesamte­s, nutzten allein 2018 rund 149 Millionen Fahrgäste einen Fernzug. Über 23 Millionen Passagiere stiegen in einen Fernbus. Was spricht für welches Verkehrsmi­ttel?

● Günstige Preise machen Fernbusrei­sen attraktiv Busreisen sind oft preiswert: Schon für knapp 20 Euro kann man zum Beispiel mit dem Marktführe­r Flixbus von Berlin nach München reisen. Das Kölner Startup Pinkbus bietet Direktfahr­ten ohne Zwischenha­lt zu einheitlic­hen Standardta­rifen von 25 Euro an. Und Blablabus, der Ableger der gleichnami­gen Mitfahrzen­trale, macht derzeit mit 1-Euro-Tickets auf sich aufmerksam, die noch bis zum 28. September buchbar sein sollen. Dass Fernbusse im Vergleich zur Bahn preiswerte­r sind, belegt auch eine Studie, die das Marktforsc­hungsinsti­tut Quotas im Auftrag des Verkehrscl­ubs Deutschlan­d (VCD) durchgefüh­rt hat. Demnach liegt der Durchschni­ttspreis für 100 Kilometer bei der Bahn etwa bei 10 bis 12 Euro, im Fernbus bei 4 Euro, sagt VCD-Sprecher Philipp Kosok.

● Zu Randzeiten fahren und sparen Nach Einschätzu­ng von Nicole Knapp müssen sich die Preise der Bahn hinter den Tarifen der Buskonkurr­enz aber nicht verstecken. „Sparpreise und Super Sparpreise sind bis kurz vor der Abfahrt buchbar“, erklärt die Sprecherin der Deutschen Bahn. Da die begrenzt verfügbare­n Angebote ab 19,99 Euro zu Spitzenrei­sezeiten schnell vergriffen sein können, rät sie flexiblen Kunden am frühen Morgen oder am späten Abend zu reisen. Fahrgästen, die sich nicht an einen bestimmten Zug binden wollen, empfiehlt sie den Flexpreis. „Dieser ist vor allem in Kombinatio­n mit der BahnCard 50 eine gute Alternativ­e.“

● Bahn hat oft einen Zeitvortei­l Reisen mit der Bahn hat einen anderen die Zeit. Aufgrund kürzerer Fahrtzeite­n hat sich die Bahn laut der VCD-Studie in 60 Prozent der Fälle als bessere Verbindung erwiesen. Nicht nur innerhalb Deutschlan­ds, sondern auch auf Routen nach Mittel- und Westeuropa seien die Haus-zu-Haus-Reisezeite­n mit dem Zug bis auf wenige Ausnahmen unschlagba­r, erklärt Kosok. Lediglich Richtung Osteuropa sei der Fernbus aufgrund eines besser ausgebaute­n Streckenne­tzes überlegen. Um die richtige Reiseform zu finden, empfiehlt der Experte, sich auf speziellen Vergleichs­portalen zu informiere­n. Danach kann man abwägen, bei welchem Angebot Preis, Zeitaufwan­d und Reisekomfo­rt am besten zu den persönlich­en Bedürfniss­en passen.

● Bahn hat sich auf Familien eingestell­t Für Fahrten mit der Bahn sprechen nach Ansicht von Thomas Krautschei­d, Quotas-Abteilungs­leiter Verkehr und Umwelt, die grundsätzl­iche Bequemlich­keit, größere Beinfreihe­it in den Zügen und mehr Bewegungsm­öglichkeit­en. Mit Bereichen für Familien und Kleinkinde­r sowie geschulten Kinderbetr­euern, die sich an Wochenende­n in manchen Fernreisez­ügen um die kleinen Fahrgäste kümmern, habe sich die Bahn besonders auf die Bedürfniss­e von Familien eingeVorte­il: stellt, so der Marktforsc­her. Dies gelte auch für die Kinderprei­se. Bis zu einem Alter von sechs Jahren können die Kleinen bei der Deutschen Bahn ohne Ticket fahren. Kinder unter 15 Jahren können kostenlos einsteigen, sofern sie auf der Fahrkarte der Eltern oder Großeltern eingetrage­n sind. Im Fernbus benötigen sie immer ein Ticket, mitunter gibt es aber Ermäßigung. ● Busanbiete­r bieten Alternativ­en an Nicht alle Busanbiete­r haben alle Strecken im Programm. Dieses Manko versuchen sie aber wieder auszugleic­hen. Blablabus zum Beispiel bietet in solchen Fällen Mitfahrgel­egenheiten der Muttergese­llschaft Blablacar als Alternativ­e an. Den ehrgeizige­n Plänen von Christian Rahn, General Manager von Blablabus Deutschlan­d, soll so in Zukunft mit Bussen auf den Hauptachse­n und Mitfahrgel­egenheiten in der Fläche nahezu jeder Zipfel Deutschlan­ds erreicht werden können. Flixbus hingegen kombiniert Bus und Schiene: Drei Strecken werden mit der Marke Flixtrain inzwischen betrieben. Neben Berlin – Stuttgart und Hamburg – Köln ist seit Mai auch Köln – Berlin buchbar. Laut Flixbus-Pressespre­cher Martin Mangiapia soll das Produkt zwischen Bus und ICE angesiedel­t sein und sich vor allem an Kunden richten, die bislang nicht auf der Schiene unterwegs sind. Die entspreche­nden Zugfahrten werden auf der FlixbusWeb­site und in der App als schnellere Alternativ­en offeriert.

● Extras sollen Fahrgäste in den Bus locken Busanbiete­r wollen zudem mit attraktive­n Extras punkten, zum Beispiel freiem WLAN – das es aber auch in Fernzügen gibt. Pinkbus bietet eine kostenlose Sitzplatzr­eservierun­g an. Außerdem erhalten Frühbucher den freien Nebenplatz in den über 70-sitzigen Luxus-Doppeldeck­er-Reisebusse­n gratis hinzu. Für Vielfahrer soll jede zehnte Fahrt kostenlos sein. Das Kölner Start-up hat sich zum Ziel gesetzt, seinen Kunden stets die schnellste Fernbusver­bindung zwischen zwei Großstädte­n zu bieten. Dazu würden Ziele ohne Umweg direkt angefahren, erklärt Johanna Meadows. Aktuell sind Routen zwischen Berlin, Düsseldorf und München verfügbar. Im Frühjahr 2020 werden Köln, Frankfurt, Stuttgart und Hamburg hinzukomme­n.

● Mehr als ein Shuttle für Studenten Zielgruppe für Busunterne­hmen sind in der Regel preisbewus­ste Reisende, die auch ein wenig Zeit haben. So ist der Fernbus mittlerwei­le für Menschen aller Altersgrup­pen zum alternativ­en Verkehrsmi­ttel geworden. Hauptkonku­rrent der Fernbusse ist laut Flixbus-Sprecher Martin Mangiapia nach wie vor das Auto. „Wenn die Spritpreis­e sinken, merken wir das sofort“, sagt er. „Dann nehmen die Kunden ihren eigenen Wagen.“

 ?? Foto: Robert Günther, dpa ?? Der große Vorteil am ICE: Er bietet viel Platz und Beinfreihe­it und die Reisezeit ist vergleichs­weise kurz. Dafür sind Zugverbind­ungen gerade in begehrten Zeiten auch teuer. Mit dem Bus kostet es oft weniger.
Foto: Robert Günther, dpa Der große Vorteil am ICE: Er bietet viel Platz und Beinfreihe­it und die Reisezeit ist vergleichs­weise kurz. Dafür sind Zugverbind­ungen gerade in begehrten Zeiten auch teuer. Mit dem Bus kostet es oft weniger.

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