Von Leid und Hoffnung im Wald
Natur Die heimischen Forste verändern sich: Schädlinge machen sich auch wegen der wärmeren Temperaturen vermehrt über das Holz her. Im Forstbetrieb Kaisheim rechnet man dank Aufforstungen mit „neuen“Baumarten
Kaisheim/Dillingen In Helmut Weixlers Büro in der alten Villa an Kaisheims Hauptstraße sieht es eigentlich nach heiler Welt aus. Fast alles ist heimelig aus hellem Holz, wie es sich für einen Fortsbetriebsleiter irgendwie gehört. Doch genau das Holz bereitet Weixler bisweilen Kopfzerbrechen. Der heimische Wald verändert sich seit einiger Zeit – und der Mensch muss sich darauf einstellen und damit umgehen. Das Wie ist dabei die große Herausforderung. Sorgenkind Nummer eins unter zahlreichen sei dieser Tage die Fichte, erklärt Weixler, der den Betrieb der Bayerischen Staatsforsten seit 2016 leitet. Er ist für den Staatswald im geografisch recht weiten Dreieck Schrobenhausen – Dillingen – und Treuchtlingen zuständig und betreut mit seiner Mannschaft 18 000 Hektar Staatsforst. Genug allemal, um einen tiefen Einblick zu haben, wie es den Bäumen geht. Beispiel Fichte: Für sie sei es seit einigen Jahren zu trocken in Deutschland. In der Region um Donauwörth und Nördlingen allerdings hätte es die Wälder zuletzt nicht so arg erwischt wie in Nordbayern: Es gab heuer Schnee und auch die Niederschläge waren laut Weixler wesentlich zufriedenstellender als einige Kilometer weiter nördlich, wo die Förster mit herben Verlusten an Fichten zu kämpfen hätten. Heuer befände sich der Kreis DonauRies „auf einer Insel der Seligen“, sagt Weixler. Doch es sei ziemlich zweifellos, dass die durchschnittlichen Temperaturen seit Jahren nur eine Richtung kennen: nach oben. „Wir versuchen, das unsere zu tun, dass es nicht um zwei Grad wärmer wird. Man kann aber auch befürchten, dass es drei bis vier Grad werden“, sagt Weixler. Dann hätte man spanische Verhältnisse in Nordschwaben.
Die Krux: Man kann nicht einfach mit mediterranen Bäumen aufforsten, da es, wie der Forstexperte erklärt, in Mitteleuropa weiterhin auch Frost geben werde. Doch entmutigen lassen wollen sich die bayerischen Förster nicht. Man recherchiere seit einiger Zeit intensiv, welche Bäume resistent sind und die zu erwartenden Klimaänderungen besser vertrügen: Eiche, Tanne und Kiefer seien denkbare Alternativen, die in unseren Breiten auch beheimatet sind. Des Weiteren sei der verstärkte Anbau der „fremden“Arten Zeder und Douglasie denkbar. Wobei: Der zuletzt genannte Baum war wohl einst hier beheimatet gewesen, wurde dann aber ersetzt. Es sei, so Weixler, sowieso nicht so, dass der Wald, wie wir ihn momentan vor Augen haben, immer so aussah. Die Fichte hätten unsere Vorfahren aus nachvollziehbaren Gründen gerne angebaut und damit einige andere Arten ersetzt: Die Fichte wächst sehr schnell, liefert also recht rasch hohen Ertrag. Früher heizten die Menschen vor allem mit Holz, als Baustoff gab es kaum günstige Alternativen. Der Nachteil sind nun oft flächendeckende Monokulturen. Auch die klimatischen Veränderungen verlangten nun das Zurück zum Mischwald. Es sei somit keineswegs bloß eine PR-Strategie der Staatsregierung, dass die Aufforstungen oben auf der Prioritätenliste stehen, meint der Forstbetriebsleiter: „Wir dürfen keine Zeit verlieren bei der Aufforstung.“Denn im Gegensatz zu Veränderungen in der Landwirtschaft, die oft auch kurz- oder mittelfristige Wechsel der Sorten zuließen, verlangten Änderungen im Forst eigentlich gesicherte Erfahrungen von gut 20 Jahren – bevor man etwa mit einer fremden Art aufforstet.
Dass der Mischwald indes auch in der Region die flächendeckende Zielmarke sein müsse, da ist sich Weixler sehr sicher. Es gebe schlicht kaum Argumente dagegen. Derweil warnt der Betriebsleiter aber davor, ein flächendeckendes Zurück zum Urwald anzustreben: „Es muss eine angemessene Ausgewogenheit geben zwischen Ökologie und ökonomischer Nutzung.“Denn zweifelsohne ist Holz ein wichtiger und auch nachhaltiger Rohstoff, der genutzt werden müsse. „Holz ist einer der Baustoffe der Zukunft“, betont Weixler. Wenn beispielsweise bei Nachverdichtungen in den wachsenden Städten Häuser aufgestockt würden, ginge das allein aus statischen Gründen meist nicht mit Beton, sondern eben mit Holz als natürlichem Rohstoff. Es wäre gar „pervers“, würde man diesen dann – um hierzulande ausschließlich Reservate zu halten – aus Monokulturen in Asien und anderen Weltteilen massenweise herankarren. Insofern ist der schmale Grat des Ausgleichs, der Verhältnismäßigkeit, wohl wieder einmal der gangbarste Weg. Den herauszufinden, vor dieser Herausforderung stehen Förster und Waldbauern in den kommenden Jahren.