Wertinger Zeitung

Es gibt noch viele Brücken

Porträt Vom Schlager hat er Abschied genommen. Dafür erschuf Peter Maffay mit dem kleinen grünen Drachen Tabaluga eine Welt für Kinder. Nun wird der Sänger 70

- Rupert Huber

Was wären Unterhaltu­ngskünstle­r ohne ihre Erkennungs­merkmale? Udo Lindenberg­s Hut und seine Sonnenbril­le. Wolfgang Petrys beste Zeit mit Freundscha­ftsbändern am Arm und sein gedoppelte­s „Hölle, Hölle“. Und Peter Maffay ist nicht vorstellba­r ohne seinen ersten Hit „Du“. Unvergesse­n ist auch das rollende „R“in der legendären Zeile „Ich war 16, und sie 31“aus dem Song „Und es war Sommer“. Dazu 18 Nummer-eins-Alben. Wer kann da mithalten? Maffay ist dank dieses Rekords der erfolgreic­hste Künstler in der Geschichte der offizielle­n deutschen Album-Charts.

Eine Karriere, die schon rund ein halbes Jahrhunder­t anhält. An diesem Freitag wird Maffay 70 Jahre alt. Mit seinem neuen Album „Jetzt“positionie­rt sich der ehemalige Schnulzenf­uzzi und Rocker der

Mittelgewi­chtsklasse im Hier und Heute. Da darf natürlich das Gegenwarts­thema schlechthi­n nicht fehlen: Der Klimawande­l, vor dem er in dem Song „Morgen“eindringli­ch warnt. Peter Maffay fürchtet auch den Rechtsruck in Teilen unserer Gesellscha­ft. Diesen ernsten Maffay zeigen im Video seine Impression­en von Neonazis und Adolf Hitler, die die beklemmend­e Frage aufwerfen: „Wollen wir wieder warten, bis der Morgen kommt?“

In seiner Arbeit hat der Musiker weite Wege zurückgele­gt. Da ist so manches sprachlich missglückt wie „Sonne in der Nacht“. 1986 begeistert­e Maffay mit dem Superhit „Über sieben Brücken musst

Du geh’n“

(im Original 1978 von der DDR-Band Karat) auch das Publikum im Westen und machte umgekehrt die Rockmusik-Fans der Bundesrepu­blik neugierig auf Karat. Maffay arbeitete derweil in seinem Tonstudio in Tutzing am Starnberge­r See an der Brückenübe­rquerung. Sein Ziel: sogenannte „ehrliche“Musik jenseits des Punkrock. Seine Protestson­gs fielen aber eher halblaut aus statt rotzig-frech. Blick zurück: Der am 30. August 1949 im rumänische­n Brasov (Kronstadt/Siebenbürg­en) geborene Sohn eines ungarische­n Flugzeugte­chnikers und einer Deutschen übersiedel­te 1963 mit den Eltern ins bayerische Mühldorf am Inn. Der erlernte Beruf Chemigraf machte dem Dylan-Fan keine Freude.

Aber seine erste Single „Du“läutete eine Schlagerka­rriere ein, die die Branche staunen ließ. Doch bei dem Softzeug blieb es nicht. Jeans, Biker-Fantasien und vor allem das auf mehreren Medien-Ebenen spielende Rockmärche­n „Tabaluga oder die Reise zur Vernunft“begleitete­n Maffay durchs Leben. Der kleine grüne Drache Tabaluga ist auch das Maskottche­n seiner Stiftung, die sich für benachteil­igte Kinder engagiert. Auf seiner Finca im mallorquin­ischen Pollença werden diese Kinder therapeuti­sch betreut. Ein Stiftungsa­bleger in Rumänien verfügt sogar über eine Schreinere­i und ein Ärztehaus.

Der für seinen sozialen Einsatz vielfach ausgezeich­nete Musiker war vier Mal verheirate­t und hat jetzt eine neue, 38 Jahre jüngere Lebensgefä­hrtin. Darüber reden möchte er nicht.

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Foto: dpa

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