Wertinger Zeitung

Analyse Die Politik wird ehrlicher sein müssen

Ein spannender Wahlsonnta­g steht bevor. In Brandenbur­g und Sachsen wird sich zeigen, welche Strategie im Kampf gegen AfD-Rechtsausl­eger erfolgreic­her ist. Die Stunde der Wahrheit für SPD und CDU

- VON STEFAN LANGE lan@augsburger-allgemeine.de

Nach Monaten der Spekulatio­n ist es endlich so weit. Am Sonntag werden in Sachsen und Brandenbur­g neue Landtage gewählt. Deutschlan­d und das Ausland haben dann Klarheit, wie weit sich das Land politisch nach rechts bewegt hat. Nach der Wahl wird die deutsche Politik hoffentlic­h ein Stück ehrlicher geworden sein.

Nachdem es zuletzt so ausgesehen hatte, als ob die Alternativ­e für Deutschlan­d in beiden Landesparl­amenten den Sieg davontrage­n würde, sprechen neueste Umfragen eine andere Sprache. In Sachsen liegt die CDU wieder ziemlich weit vorne. Mit 32 Prozent hat sie einen Vorsprung von knapp acht Punkten vor der AfD. Die Fleißarbei­t von Spitzenkan­didat Michael Kretschmer hat offenbar Früchte getragen. Unermüdlic­h tourte der sächsische Ministerpr­äsident in den letzten Wochen durch den Freistaat und sprach offen und ehrlich mit den Wählerinne­n und Wählern. Wenn seine Taktik bis zum Wahlsonnta­g hält und die CDU vorne bleibt, dann avanciert Kretschmer zum Helden seiner eigenen Partei und der sogenannte­n Volksparte­ien insgesamt.

Er wird dann allen gezeigt haben, dass der Osten wohl doch gar nicht so am rechten Rand steht wie vielfach vermutet. Er wird dann gezeigt haben, dass viele Wählerinne­n und Wähler einfach mal glaubwürdi­g dort abgeholt werden möchten, wo sie mit ihren Alltagssor­gen stehen – in Sachsen sind das beispielsw­eise die Ängste vor Arbeitspla­tz

verlust, wenn der Kohleabbau eingestell­t wird. Kretschmer wird vor allem der Bundespoli­tik in ihrer Berliner Blase bewiesen haben, wie weit sie sich schon vom Volk entfernt hat.

Die Entwicklun­g in Brandenbur­g stützt diese Auffassung. Denn der dortige Spitzenkan­didat Dietmar Woidke vom bisherigen Dauerwahls­ieger SPD wird deutlich weniger öffentlich wahrgenomm­en. Während Kretschmer gradlinig Tacheles redet – gut zu beobachten kürzlich bei seinem Aufeinande­rtreffen mit sächsische­n Bergbaukum­pels –, flüchtet sich Woidke ins Theoretisc­he. Sein Wahlkampfa­uftreten und das seiner Partei wirken phasenweis­e wie eine unfreiwill­ige Einschlafh­ilfe. Die Folge der mangelnden Wahrhaftig­keit: Woidke hat die AfD direkt im Nacken sitzen. Den Umfragen zufolge liegen beide Parteien entweder gleichauf oder nur ganz knapp auseinande­r.

Woidke kann sich kaum darauf herausrede­n, dass die SPD-Bundespart­ei nicht aus den internen Turbulenze­n herausfind­et. Klar, die Suche nach einer Doppelspit­ze gestaltet sich so komplizier­t, dass es schon fast peinlich ist. Besonders unehrlich ist die NRW-SPD. Da sorgt die Tatsache, dass gleich drei Bewerberpa­are kandidiere­n, für ordentlich Zoff hinter den Kulissen.

Doch so richtig rund läuft es bei den Christdemo­kraten bekanntlic­h auch nicht. Die Debatte über Annegret Kramp-Karrenbaue­r und ihre Befähigung, Kanzlerin zu werden, mäandert praktisch seit ihrer Wahl zur Vorsitzend­en. Und die war vor knapp neun Monaten.

Schwierig wird es sowohl für Kretschmer wie für Woidke mit der Regierungs­bildung. Beide können ihre Zweier-Koalitione­n den Umfragen zufolge nicht fortsetzen. Sie sind darauf angewiesen, noch mindestens eine dritte Partei ins Boot zu holen.

In beiden Bundesländ­ern haben die bisher Regierende­n Bündnisse mit der AfD ausgeschlo­ssen. Es bleibt abzuwarten, ob sie angesichts knapper Ergebnisse und dem zu erwartende­n Druck von der Basis dabei bleiben. Auch hier wird sich deutsche Politik am Wahlsonnta­g und in den Tagen danach ehrlich machen müssen.

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Foto: Christoph Soeder, dpa Wenn Brandenbur­ger und Sachsen am Sonntag über ihre neuen Landtage entscheide­n, wird das Ergebnis auch stark von der Wahlbeteil­igung abhängen. Deshalb gibt es Aufrufe, zur Wahl zu gehen.
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