Wertinger Zeitung

Der Neuling unter den Titelträge­rn

Bayerische­s Welterbe Augsburg steht erst seit einem Monat auf der Liste der Unesco-Stätten. Wie es die Auszeichnu­ng mit Leben füllt, ist noch nicht ganz klar (Serie, Teil 8 und Schluss)

- VON NICOLE PRESTLE

Die historisch­e Augsburger Wasservers­orgung ist nun Unesco-Welterbe. Wir stellen in einer Serie alle acht historisch­en Stätten in Bayern vor, die sich mit diesem Titel schmücken dürfen. Augsburg Noch ist alles neu. Augsburg, die jüngste bayerische Welterbest­ätte, trägt den Titel erst seit Anfang Juli. Die Freude über die Auszeichnu­ng wurde mit den Bürgern im Rahmen eines Fests geteilt – Brunnen und Gebäude wurden angestrahl­t, es gab Führungen und kostenlose­s Wasser. Seitdem macht Augsburg, was es so gut kann: Es lebt den Titel still und bescheiden. Kaum Aufhebens, keine Aktionen, die es nicht schon gab, kein Geprotze. Man müsse, sagt die Stadt, erst einmal einen Plan ausarbeite­n, wie die Auszeichnu­ng künftig zum Leben erweckt werden soll.

Tatsächlic­h wird dies wohl die größere (und schwerere) Aufgabe sein, als den Titel zu holen. Denn wer Welterbe ist, darf sich eben nicht nur vor sich hinfreuen. Die Unesco erwartet von diesen Orten, dass sie das, was sie besonders macht, weltweit nach außen vermitteln – nicht nur unter touristisc­hem Gesichtspu­nkt, sondern versehen mit einem Bildungsau­ftrag.

Möglichkei­ten dafür gibt es in Augsburg viele, denn das Thema, das der Stadt zur Aufnahme in die Unesco-Liste verhalf, ist geschichts­und zukunftstr­ächtig zugleich: Die historisch­e Wasservers­orgung sicherte den Augsburger­n über Jahrhunder­te hinweg sauberes Trinkwasse­r sowie Antriebswa­sser für Wasserräde­r. Ohne diese nachhaltig­e und kluge Nutzung des Wassers als Lebensmitt­el und Energielie­ferant wäre der Aufstieg der Stadt zwischen Lech und Wertach nie denkbar gewesen.

22 Orte in Augsburg und im angrenzend­en Landkreis zählen zum System, das diese Wasservers­orgung ausmacht: die Bäche im Augsburger Stadtwald, die Lechkanäle in der Altstadt, die Monumental­brunnen in der Maximilian­straße, aber auch Kraftwerke und der Eiskanal, eine olympische Kanustreck­e. Diese Vielseitig­keit macht die Welterbest­ätte einerseits so besonders: Sie bietet Interessan­tes für Technik-, Natur- und Architektu­rliebhaber. Anderersei­ts ist das Welterbe Augsburg dadurch auch schwerer zu verstehen. Eine Altstadt oder ein Einzeldenk­mal sind auch von Laien schnell als schön und außergewöh­nlich zu erkennen. Das komplexe Zusammensp­iel von Kanälen, Wasserwerk­en und Brunnen, die Kombinatio­n von Technik- und Kulturgesc­hichte ist es nicht.

Die Stadt Augsburg wird also viel Mühe aufs Erklären verwenden müssen. Und sie muss ein ausgeklüge­ltes System entwickeln, das Besuchern ermöglicht, in kurzer Zeit möglichst viele Bestandtei­le dieser Wasservers­orgung kennenzule­rnen. Eine Herausford­erung: Die einzelnen Denkmäler liegen teilweise bis zu 30 Kilometer voneinande­r entfernt.

Inwieweit der Unesco-Titel Augsburg deutschlan­d- und weltweit zu einer besseren Wahrnehmun­g verhelfen wird, bleibt abzuwarten. Touristike­r und Einzelhänd­ler setzen große Hoffnungen auf das internatio­nal bekannte Label. Sie hoffen, dass sich die kleine schwäbisch­e Großstadt dadurch noch stärker vom nahe gelegenen München emanzipier­en kann. Denn abgesehen vom Unesco-Titel hat Augsburg auch sonst viel zu bieten.

 ?? Foto: Silvio Wyszengrad ?? Das Wasserwerk am Roten Tor mit seinen beiden Türmen ist eines der wichtigste­n Denkmäler der Augsburger Welterbe-Stationen.
Foto: Silvio Wyszengrad Das Wasserwerk am Roten Tor mit seinen beiden Türmen ist eines der wichtigste­n Denkmäler der Augsburger Welterbe-Stationen.

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