Der Neuling unter den Titelträgern
Bayerisches Welterbe Augsburg steht erst seit einem Monat auf der Liste der Unesco-Stätten. Wie es die Auszeichnung mit Leben füllt, ist noch nicht ganz klar (Serie, Teil 8 und Schluss)
Die historische Augsburger Wasserversorgung ist nun Unesco-Welterbe. Wir stellen in einer Serie alle acht historischen Stätten in Bayern vor, die sich mit diesem Titel schmücken dürfen. Augsburg Noch ist alles neu. Augsburg, die jüngste bayerische Welterbestätte, trägt den Titel erst seit Anfang Juli. Die Freude über die Auszeichnung wurde mit den Bürgern im Rahmen eines Fests geteilt – Brunnen und Gebäude wurden angestrahlt, es gab Führungen und kostenloses Wasser. Seitdem macht Augsburg, was es so gut kann: Es lebt den Titel still und bescheiden. Kaum Aufhebens, keine Aktionen, die es nicht schon gab, kein Geprotze. Man müsse, sagt die Stadt, erst einmal einen Plan ausarbeiten, wie die Auszeichnung künftig zum Leben erweckt werden soll.
Tatsächlich wird dies wohl die größere (und schwerere) Aufgabe sein, als den Titel zu holen. Denn wer Welterbe ist, darf sich eben nicht nur vor sich hinfreuen. Die Unesco erwartet von diesen Orten, dass sie das, was sie besonders macht, weltweit nach außen vermitteln – nicht nur unter touristischem Gesichtspunkt, sondern versehen mit einem Bildungsauftrag.
Möglichkeiten dafür gibt es in Augsburg viele, denn das Thema, das der Stadt zur Aufnahme in die Unesco-Liste verhalf, ist geschichtsund zukunftsträchtig zugleich: Die historische Wasserversorgung sicherte den Augsburgern über Jahrhunderte hinweg sauberes Trinkwasser sowie Antriebswasser für Wasserräder. Ohne diese nachhaltige und kluge Nutzung des Wassers als Lebensmittel und Energielieferant wäre der Aufstieg der Stadt zwischen Lech und Wertach nie denkbar gewesen.
22 Orte in Augsburg und im angrenzenden Landkreis zählen zum System, das diese Wasserversorgung ausmacht: die Bäche im Augsburger Stadtwald, die Lechkanäle in der Altstadt, die Monumentalbrunnen in der Maximilianstraße, aber auch Kraftwerke und der Eiskanal, eine olympische Kanustrecke. Diese Vielseitigkeit macht die Welterbestätte einerseits so besonders: Sie bietet Interessantes für Technik-, Natur- und Architekturliebhaber. Andererseits ist das Welterbe Augsburg dadurch auch schwerer zu verstehen. Eine Altstadt oder ein Einzeldenkmal sind auch von Laien schnell als schön und außergewöhnlich zu erkennen. Das komplexe Zusammenspiel von Kanälen, Wasserwerken und Brunnen, die Kombination von Technik- und Kulturgeschichte ist es nicht.
Die Stadt Augsburg wird also viel Mühe aufs Erklären verwenden müssen. Und sie muss ein ausgeklügeltes System entwickeln, das Besuchern ermöglicht, in kurzer Zeit möglichst viele Bestandteile dieser Wasserversorgung kennenzulernen. Eine Herausforderung: Die einzelnen Denkmäler liegen teilweise bis zu 30 Kilometer voneinander entfernt.
Inwieweit der Unesco-Titel Augsburg deutschland- und weltweit zu einer besseren Wahrnehmung verhelfen wird, bleibt abzuwarten. Touristiker und Einzelhändler setzen große Hoffnungen auf das international bekannte Label. Sie hoffen, dass sich die kleine schwäbische Großstadt dadurch noch stärker vom nahe gelegenen München emanzipieren kann. Denn abgesehen vom Unesco-Titel hat Augsburg auch sonst viel zu bieten.