Grotesk wie „Fargo“
Tatort: Falscher Hase
ARD, 20.15 Uhr Der kleinbürgerliche Küchenklassiker aus dem Titel ist ein Hackbraten, wie ihn nur Biggi Lohmann hinbekommt. Sie und ihr Mann, die mit viel Herzblut einen Solarbetrieb mit seltenen Erden betreiben, stehen kurz vor der Pleite. Den beiden wäre es arg, müssten sie die gesamte Belegschaft entlassen. Eine schmerzhafte, abstruse Idee ist ein Versicherungsbetrug durch einen inszenierten Raubüberfall: Biggi jagt dem jammernden Hajo eine Kugel in das Bein und beschwichtigt ihn: „Wir haben doch tausend Mal gegoogelt!“
Blöd nur, dass der Security-Mann auftaucht, dem Biggi eine Kugel in die Stirn schießt. In dem Personendickicht sterben noch zwei Männer. Und doch ist „Falscher Hase“kein Krimi, sondern eine verzweifelte Liebesgeschichte aus einer leblosen hessischen Landschaft, die weitgehend von schwarzem Humor durchsetzt ist. Regisseurin Emily Atef arbeitet hier, wie im „Tatort“des Hessischen Rundfunks schon fast üblich, mit Vorbildern aus dem Kino.
So atmen die Anspielungen auf den Kultfilm „Fargo“mitsamt dem Norwegerpulli Biggis und dem großartigen Soundtrack den Geist der Coen-Brüder. Mal abgesehen von dem Nebel, der den Schnee ersetzt. Wenig Arbeit haben hier die vor sich hin frierenden Ermittler Anna Janneke (Margarita Broich) und Paul Brix (Wolfram Koch). Echte Gangster und MöchtegernGanoven teilen sich ziemlich glücklos den Plot. Der sich überschätzende Loser Rick träumt von sich als großer Gewinner, versagt aber schon, als er mit seiner Schwägerin im Bett liegt. Eine Sex-Szene, wie man sie selten in der Glotze sieht.
All die überdrehten Figuren verlieren am Ende den Überblick. Wer will in „Falscher Hase“denn eigentlich wen übers Ohr hauen? Dass die Story auch noch zwischen Tragikkomödie und Groteske changiert, macht sie zusätzlich reizvoll, zumal die Regisseurin ihre Figuren ernst nimmt. Es sind vor allem Katharina Marie Schubert als Biggi Lohmann und Peter Trabner in der Rolle des Ehemanns Hajo, die diesen „Tatort“mit viel Empathie tragen. Großes Kompliment! Rupert Huber